Cleantech News / Köln. Im Smart Grid der Zukunft wird neben der Angebotssteuerung insbesondere die Nachfrageseite des Stromverbrauchs deutlich an Bedeutung gewinnen. Daher haben Geschäftsmodelle, die diese Laststeuerung (Demand Response) bei vielen kleinen Verbrauchern übernehmen, gute Zukunftsaussichten. Eines dieser Cleantech-Unternehmen ist die Next Kraftwerke GmbH, die aus dem Energiewirtschaftlichen Institut der Universität zu Köln hervorgegangen ist. Erfahren Sie im Interview mit Hendrik Sämisch mehr über das Geschäftsmodell und die aktuelle Marktlage für die Next Kraftwerke GmbH.
CleanThinking.de: Nach Einschätzung vieler Experten ist die Energiewende sehr in Gefahr: Wie lautet Ihre Einschätzung?
Hendrik Sämisch: Im Prinzip ist die Energiewende auf einem guten Weg. Die große Herausforderung in den nächsten Jahren wird die verstärkte Marktintegration der erneuerbaren Energien sein. Wir erleben heute schon die ersten Schritte in diese Richtung – und wir erleben auch, dass diese Entwicklung nicht ohne Reibung voranschreitet, etwa im Bereich der Kürzung von Solarförderungen oder dem neuen Marktprämienmodell.
CleanThinking.de: Der Netzausbau ist eines der Handicaps für die Energiewende derzeit. Inwiefern kann durch Ihre Technologie der Bau zusätzlicher Kraftwerke überflüssig werden?
Hendrik Sämisch: Der Netzausbau ist eine von mehreren Maßnahmen zur Unterstützung der Energiewende. Ich denke, dass Veränderungen am Marktdesign der Strommärkte ebenfalls einen großen Beitrag zur Netzentlastung leisten können, insbesondere zur Entschärfung regionaler Engpässe. Eine bedarfsorientierte Stromerzeugung sowie Regelenergie aus erneuerbaren Energien ist ein weiterer Baustein, der Flexibilität schafft- hierzu leisten virtuelle Kraftwerke wie unser Next Pool einen wichtigen Beitrag.
CleanThinking.de: Anfang 2012 wurde das Marktprämienmodell eingeführt. Wie ist hierzu die Resonanz im Markt?
Hendrik Sämisch: Wir erleben eine sehr positive Resonanz, sowohl im Bereich der Biogasanlagen als auch bei Solar- und Windkraftanlagen. Die Marktprämie ist ein wichtiger Schritt für die erneuerbaren Energien in Deutschland, denn viele Betreiber gehen erstmals – abgesichert von der Markt- und Managementprämie – den Schritt an die Strombörse. Wir als Stromhändler begleiten diesen Prozess. Außerdem ergeben sich durch das Marktprämienmodell eine ganze Reihe an neuen Möglichkeiten für Biogasanlagen. Durch den Anschluss von Biogasanlagen an den Regelenergiemarkt und die bedarfsorientierte Einspeisung von Biogasstrom konnten wir mit unserem virtuellen Kraftwerk schon einige kritische Netzsituationen entschärfen.
CleanThinking.de: Wie viele Erzeugungskapazitäten bündelt Next Kraftwerke bereits – wie sind die Planungen bis Jahresende?
Hendrik Sämisch: In den letzten Monaten ist unser virtuelles Kraftwerk stark gewachsen, sodass wir momentan weit über 200 Anlagen im Pool haben, von Biogasanlagen über Solar- und Windkraftanlagen bis hin zu Industrieprozessen im Demand Side Management. Bis zum Jahresende streben wir eine Verdoppelung der Anlagenleistung in unserem virtuellen Kraftwerk an – und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir dies auch erreichen.
CleanThinking.de: Wo sehen Sie Ihr Cleantech-Unternehmen in fünf Jahren?
Hendrik Sämisch: Flexibilität am Strommarkt ist das zentrale Thema in der aktuellen energiewirtschaftlichen Diskussion und wird auch in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen. Marktdesigns verändern sich derzeit schnell, um die Marktintegration erneuerbarer Energien möglich zu machen. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten, dass im Strommarkt ausreichend Flexibilität zur Umsetzung der Energiewende bereitgestellt wird – wie auch immer die Märkte in fünf Jahren ausgestaltet sein werden.
CleanThinking.de: Herr Sämisch, wir danken Ihnen sehr für dieses Gespräch.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.