Die weltweite Solarbranche steuert trotz anhaltender Herausforderungen auf ein Rekordjahr zu. Laut einem aktuellen Bericht von BloombergNEF werden 2024 voraussichtlich 592 Gigawatt (GW) an Solarmodulen installiert – ein beeindruckender Anstieg von 33 Prozent gegenüber dem bereits starken Jahr 2023. Der Boom wird maßgeblich durch die niedrigen Modulpreise getrieben, die neue Märkte erschließen und die Nachfrage ankurbeln. Doch die Kehrseite ist ein intensiver Wettbewerb unter den Herstellern, die mit sinkenden Margen und teils erheblichen Verlusten kämpfen.
Während Pakistan, Saudi-Arabien und Indien mit ambitionierten Solarprojekten vorangehen, zeigen sich in etablierten Märkten wie Japan und Südafrika Anzeichen einer Verlangsamung. Insgesamt bleibt der weltweite Zubau jedoch robust, mit einer prognostizierten jährlichen Steigerung bis 2035, wo 996 Gigawatt erreicht werden sollen.
Die Polysiliziumproduktion, ein wichtiger Grundstoff für Solarzellen, wird 2024 voraussichtlich 1,96 Millionen Tonnen erreichen. Das ist zwar weniger als ursprünglich erwartet, aber immer noch ausreichend für die Herstellung von 900 Gigawatt an Modulen. Hersteller drosseln ihre Produktion aufgrund der niedrigen Preise und des Überangebots, was zu einer vorübergehenden Entspannung auf dem Markt führen könnte – gerade die chinesische Solarindustrie ist auf Erholungskurs.
Preisdruck und Konsolidierung
Die Modulpreise sind auf ein historisches Tief von 0,096 US-Dollar pro Watt gefallen, während die Polysiliziumpreise mit 4,7 US-Dollar pro Kilogramm unter den Produktionskosten vieler Hersteller liegen. Dies führt zu einer schwierigen Situation für die Solarindustrie. BloombergNEF erwartet im Report 3Q 2024 Global PV Market Outlook, dass die meisten Hersteller in diesem Jahr Verluste verzeichnen werden und einige sogar vom Markt verschwinden könnten.
Die Solarbranche befindet sich in einer paradoxen Situation: Einerseits befeuern niedrige Preise einen beispiellosen Nachfrageboom und beschleunigen die Energiewende. Andererseits kämpfen Hersteller mit Überkapazitäten und Preisdruck, was zu Konsolidierungen und Marktaustritten führen kann. Die langfristigen Aussichten für Solarenergie bleiben positiv, aber die Branche muss sich auf weitere Turbulenzen einstellen, während sie sich auf eine nachhaltigere und profitablere Zukunft ausrichtet.
Der Pfad des Solarausbaus überall auf der Welt ist beeindruckend, aber angesichts des Preisverfalls bei Solarzellen auch nicht verwunderlich. Das Ziel der Nationen ist aber eine Verdreifachung der erneuerbaren Erzeugungskapazität bis 2030 – um das zu erreichen, ist eine Versechsfachsung der Speicherkapazität notwendig. Hierin ist das Nadelöhr zu sehen, ob genügend Dynamik in der Solarindustrie sein wird.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.