ET7: Nio enthüllt Limousine mit Feststoffbatterie für 1.000 Kilometer Reichweite
NIO positioniert sich als Konkurrent von BMW als Marktführer für Business-Limousinen in China.
Der chinesische Elektroauto-Pionier NIO hat mit der Vorstellung der E-Auto-Limousine ET7 neue Branchen-Benchmarks versprochen. Zwar kommt das Fahrzeug nur schrittweise in voller Batterie-Ausstattung auf den Markt – Endziel ist ab 2022 die optionale Ausstattung mit einer großen 150-Kilowattstunden-Feststoffbatterie. Dies soll die Reichweite des windschnittigen Autos auf beinahe 1.000 Kilometer erhöhen. Doch gleichzeitig will das Cleantech-Unternehmen bis Ende des Jahres 500 Batteriewechselstationen installiert haben.
Aus Sicht von Tesla-CEO Elon Musk ist die Elektroauto-Marke NIO der wichtigste und gefährlichste Konkurrent bisher. Zwar hat das Unternehmen von seinen Elektrofahrzeugen ES8, ES6 und EC6 erst 75.641 ausgeliefert – allerdings ist das Wachstum und die Innovationsgeschwindigkeit von NIO durchaus beeindruckend.
Anders als viele reine Autobauer, errichten die Chinesen auch die passende Infrastruktur in Eigenregie – dabei setzt NIO vor allem auf Batteriewechselstationen. mit denen bereits 1,5 Millionen „Ladevoränge“ erreicht wurden. Jetzt wurde die nächste, noch komfortablere Generation Wechselstation vorgestellt – der Ausbau des Netzwerks auf 500 Stationen soll rasch vorangetrieben werden.
Dazu verbessert NIO die Reichweiten seiner bereits im Markt befindlichen Modelle deutlich: Mit der 150-kWh-Batterie schafft der ES8 künftig bis zu 850 Kilometer Reichweite, der ES6 Performance bis zu 900 Kilometer und der EC6 rechnerisch 910 Kilometer. Dabei verweist NIO auf den NEFZ-Zyklus, der die Reichweite grundsätzlich im Vergleich zum Alltag übertreibt. Trotzdem ist der Trend unverkennbar.
Auch im Vertrieb geht NIO andere Wege: Optional können NIO-Kunden das Fahrzeug ohne Batteriepack ordern – und stattdessen für eine Gebühr von ca. 142 Euro monatlich eine entsprechende Batterie ordern. In Verbindung mit den Batteriewechselstationen macht das besonders viel Sinn, da ich ansonsten Sorge haben muss, ob ich beim Wechselprozess möglicherweise eine schlechtere Batterie erhalte.
ET7: Frontalangriff auf Audi, BMW, Daimler, Tesla
Viel ist über die Feststoffbatterie, die es für den ET7 und andere Fahrzeuge optional geben soll, noch nicht bekannt. Zwar gibt NIO eine Steigerung der Energiedichte von 360 Wattstunden pro Kilogramm an – zur seriösen Einordnung fehlen aber Angaben zu Lebensdauer und Leistungsdichte. Verfügbar soll die Feststoffbatterie ab Ende 2022 sein.
Die Elektroauto-Limousine ET7 kommt bereits Anfang kommenden Jahres mit dem Lithium-Ionen-Batteriepack mit 100 Kilowattstunden auf den Markt. Mit der Produktion dieser Batterie hat NIO-Partner CATL gerade begonnen. Vorgestellt wurde der NIO ET7 im Januar 2021 während des NIO Day 2020 in Chengdu.
Die attraktive Limousine verfügt über einen flotten 480-kW-Doppelmotor als Antriebsstrang, Dieser besteht aus einem 480-Kilowatt-Motor (Permanentmagnetmotor) vorne und einem 300-Kilowatt-Motor (Induktionsmotor) hinten. Das maximale Drehmoment – beim Elektroauto unverzüglich verfügbar – liegt bei 850 Newtonmetern. Ergebnis ist die rasante Beschleunigung von 0 auf 100 in 3,9 Sekunden.
Mit einem 70-Kilowattstunden-Batteriepaket hat der ET7 eine NEFZ-Reichweite von mehr als 500 Kilometern, mit der 100-Kilowattstunden-Batterie von mehr 700 Kilometer. In Verbindung mit der neuen 150-Kilowattstunden-Batterie erreicht der ET7 eine NEFZ-Reichweite mehr als 1.000 Kilometern.
Die Limousine ET7 ist hardwareseitig auf autonomes Fahren vorbereitet. Dazu sind 33 Sensoren, darunter 8 Kameras und ein hochauflösender LIDAR-Sensor, fünf Radare und 12 Ultraschallsensoren integriert. Um die Daten verarbeiten zu können, gibt es 4 Chips vom Typ Nvidia Orin. Die Rechenleistung liegt bei 1.16 TOPS.
ET7: Rivale für BMW 5er, Audi A6 und Mercedes E-Klasse
Aus Sicht von NIO wird der ET7 weniger als Tesla-Konkurrent positioniert, sondern soll die Verbrenner bzw. Plugin-Hybriden der BMW 5er-Reihe, des Audi A6 oder der Mercedes E-Klasse angreifen. Für die deutschen Hersteller ist der stark auf Wachstum getrimmte chinesische Markt – trotz des zunehmenden Fokus auf alternative Antriebe – essentiell.
Die BMW 5er Reihe ist in China mit rund 174.000 verkauften Einheiten in 2019 die erfolgreichste Business-Limousine. Ende 2019 startete BMW mit der speziell für den chinesischen Markt realisierten Variante BMW 535Le durch. Zu den Besonderheiten der China-Version zählen dem längeren Radstand einige hochwertige Ausstattungsoptionen wie zum Beispiel das Panorama-Glasdach Skylounge oder das Fond-Entertainment Professional mit zwei neigungsverstellbaren Touch-Bildschirmen.
Preislich ist der BMW mit einem Startpreis von ca. 66.000 Dollar günstiger als der NIO mit einem Einstiegspreis von ca. 69.000 Dollar.
Den Ankündigungen müssen Taten folgen
Nach den Ankündigungen rund um den NIO Day muss der E-Auto-Pionier nun Taten sprechen lassen – ähnlich wie Tesla nach dem Battery Day zuletzt. In jedem Fall tut es dem Markt gut, wenn es starke Player gibt, die weniger in Autoverkäufen als vielmehr in Ökosystemen denken und agieren. Denn die jetzt versprochenen Reichweiten reichen locker aus – viel Differenzierung ist darüber in Zukunft nicht mehr möglich.
Entscheidend für Käufer werden dann vielmehr Aspekte sein wie die Weiterentwicklung der Fahrzeuge über Over-the-Air-Updates, Sicherheit und Qualität beim autonomen Fahren und letztlich die Zuverlässigkeit der Ladeinfrastruktur.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.