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Steakholder Foods: Wie tierische Zellen die Fleischrevolution ermöglichen

Das an der NASDAQ gelistete Cleantech-Unternehmen Steakholder Foods (früher MeaTech) nutzt innovative, essbare Biotinte, um Clean Meat aus Muskel- und Fettzellen wachsen zu lassen.

Die Fleisch-Fabrik der Zukunft ist sauber und aufgeräumt. Ein Mix aus Inkubatoren, Bioreaktoren und 3D-Druckern, die aus zellbasierter Biotinte Steaks, Nuggets oder Fischfilets herstellen. Eine vollkommen neue Industrie, die bis 2060 aufgebaut werden muss: Nur so kann die heutige Nahrungsmittelproduktion klima- und umweltfreundlich um 70 Prozent gesteigert werden, um dann neun Milliarden Menschen zu ernähren. Das Cleantech-Startup Steakholder Foods gilt als einer der Industrieführer – und hat sich im März 2021 als erstes Unternehmen an die NASDAQ getraut. Was zeichnet den Pionier aus Israel aus?

Steakholder Foods hat es sich zum Ziel gesetzt, die Herstellung von kultiviertem oder zellbasiertem Fleisch durch 3D-Druck im großindustriellen Maßstab zu ermöglichen. Dabei konzentrieren sich die Israelis weniger auf das spezifische Endprodukt beziehungsweise dessen Vertrieb, sondern in erster Linie darauf, die notwendigen Produktionsanlagen zu entwickeln.

Winston Churchill sagte im Jahr 1931 voraus, dass wir innerhalb von 50 Jahren "der Absurdität entkommen werden, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder den Flügel zu essen, indem wir diese Teile separat unter einem geeigneten Medium züchten." Damit lag Churchill exakt 32 Jahre daneben - der niederländische Pharmakologe Mark Post stellte 2013 den ersten, zellbasierten Hamburger der Welt her.

Dazu zählen unter anderem Drucker, die mit sogenannter Biotinte funktionieren – sie ermöglichen es, Muskelzellen, Fettzellen und Bindungsstoffe so zu kombinieren, das daraus Fleisch entsteht, das echtem Fleisch zum verwechseln ähnlich sieht. Die Kompetenz für die Entwicklung entsprechender Drucker ist kein Zufall: CEO Sharon Fima ist ein Veteran der Druckindustrie – und gründete zuvor das Unternehmen Nano Dimension, ein erfolgreiches Unternehmen, das sich auf die Entwicklung intelligenter Maschinen für im Additive-Manufacturing-Verfahren hergestellte Elektronik.

Als Basis für die Herstellung der Biotinte dienen Stammzellen von lebenden Tieren. Derzeit, im März 2021, arbeiten die Forscher in Israel und Belgien daran, ein 100 Gramm schweres Steak auf diese Weise herzustellen. Zuletzt gelang es im „Projekt Carpaccio“ weltweit erstmalig, eine 10 Millimeter dünne Fleischschicht zu drucken, die sowohl aus Stammzellen gewonnene Muskel- als auch Fettzellen kombiniert und verschmolzen hat. Steakholder Foods entwickelt den gesamten Wachstumsprozess dieser Gewebekomponenten.

Entwicklung zellbasiertes Steak laut Steakholder Foods

Zu Beginn des Verfahrens zur Herstellung von zellbasiertem Fleisch wird eine Probe der tierischen Nabelschnur entnommen, und eine Zelllinie für die weitere Zellreproduktion entwickelt. Diese Zellen werden anschließend in die Biotinten mit verschiedenen Zelltypen wie Fett und Muskeln differenziert. Der anschließende Druck verläuft dreidimensional, und schafft letztlich die Grundlagen für das gewünschte Fleischstück. Die Strukturen werden in Inkubatoren gezüchtet, bevor sie eingefroren und für den Versand verpackt werden.

Zellbasiertes Fleisch Verfahren Grafik Steakholder Foods

Generell sieht sich das Unternehmen vor allem drei Herausforderungen gegenüber, die grundlegend gelöst werden konnten:

  • Die passende Anordnung der Stammzellen in Muskel- und Fettzellen zur Herstellung fleischigen Gewebes
  • Herstellung der biologischen Tinte
  • Die Kombination der Fett- und Fleischzellen so, dass sie miteinander verschmelzen, um Fleisch tierischen Ursprungs möglichst perfekt zu imitieren

Zellkultiviertes Fleisch aus dem 3D-Drucker: Der heilige Gral

Steakholder Foods will die saubere Fleischrevolution ermöglichen – und arbeitet dabei sozusagen am heiligen Gral im Bereich Clean Meat: An zellkultiviertem Fleisch aus dem 3D-Drucker. Es ist die höchste Stufe an Ressourcenschonung, an Umweltschutz, die erreichbar ist, wie die Grafik aus einer Steakholder Foods-Präsentation für Investoren zeigt:

MeaTech-Grafik: Clean Meat-Stufen bis zum zellkultivierten Fleisch aus dem 3D-Drucker

Steakholder Foods und Peace of Meat bündeln Kompetenzen

Ende 2020 hat Steakholder Foods (damals noch als MeaTech) mit Peace of Meat ein junges, hoch spezialisiertes Cleantech-Startup aus Belgien für ca. 14 Millionen Euro übernommen. Kernkompetenz des vom Deutschen Programmierer und Blockchain-Experten Dirk von Heinrichshorst gegründeten Unternehmens: Die Kultivierung von Speisefett, u.a. für die Fleischproduktion. Der CEO und sein Mitgründer David Brandes gehören nun mittlerweile zum vergrößerten Kompetenz-Team. Neben dem Standort in Israel ist ein Standort in Belgien dazugekommen.

Peace of Meat hatte am 4. März 2020 in Berlin ein Nugget präsentiert, das als Hybridfleisch aus 15 Prozent kultiviertem Entenfett sowie extrudiertem Erbsenprotein bestand. Damals erklärten die Gründer ihr Ziel, bis 2030 aus 20 Gramm Fett 100.000 Tonnen machen zu wollen. Alleine mit Speisefett adressiert das Cleantech-Startup einen Markt von 163 Milliarden Euro. Vertraut man den Prognosen der AT Kearney Studie „How will Cultured Meat and Meat Alternatives disrupt the Agricultural and Food Industry“ müssten 2040 kultivierte und pflanzenbasierte Fleischprodukte 60 Prozent des globalen Fleischmarktes ausmachen – eines Marktes wohlgemerkt, der rasch wächst.

„Um die Prognosen zu erfüllen, muss unsere Industrie bis 2030 rund 100 Millionen Tonnen kultiviertes Fleisch im Jahr produzieren“, rechnete Heinrichshorst damals vor. „Wir brauchen also bei einem jährlichen Produktionsziel von 100.000 Tonnen 1.000 Unternehmen, die kultiviertes Fleisch herstellen.“

Zellkultiviertes Steak aus dem 3D-Drucker von MeaTech

Einen wichtigen Meilenstein hat Peace of Meat für dieses großes Ziel erreicht: Sie waren 2020 der erste Hersteller in Europa, der dazu in der Lage war, eine GVO-freie Stammzellenlinie herzustellen, die die Produktion der prognostizierten Volumina überhaupt zulässt. Der Druck war letztlich auch ein Grund, die Kompetenzen von Steakholder Foods und Peace of Meat konsequent zu bündeln – um rasches Wachstum realisieren zu können.

Steakholder Foods ist als Unternehmensgruppe aufgestellt. Während sich der Standort in Israel auf Säugetiere (Mammalan) wie das Rind konzentriert, fokussiert Peace of Meat in Belgien auf vogelartige Geschöpfe (Avian). Hinzukommen wird eine Marke

Klima-Impact von zellkultiviertem Fleisch aus dem 3D-Drucker

Der Klima-Impact der Herstellung von zellkultiviertem Fleisch im 3D-Drucker ist unzweifelhaft. Hier ein Vergleich zwischen 1 Kilogramm konventionellem und zellkultiviertem Fleisch (Quelle: Steakholder Foods):

WasserverbrauchCO2-EmissionenLandverbrauch
Herkömmliche Fleisch16.000 Liter14 Kilogramm160 Quadratmeter
Kultiviertes Fleisch2.500 Liter3 Kilogramm1,6 Quadratmeter
Vergleich von Wasserverbrauch, CO2-Emissionen und Landverbrauch

Hochgerechnet verbraucht die Fleischproduktion global alleine acht Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr. Zur Einschätzung: Die Welt bläst 51 Milliarden Tonnen in die Atmosphäre. Und die globale Nahrungsmittelproduktion, zur der dann etwa auch die Milchproduktion gehört (4 Prozent der globalen Emissionen), soll bis 2060 noch um weitere 70 Prozent zunehmen. Denn dann müssen neun Milliarden Menschen auf der Welt mit Nahrung versorgt werden.

Keine Überraschung also, dass die Investitionen in Clean Meat-Unternehmen rasant ansteigen. Lagen sie 2019 noch bei 7 Milliarden Dollar, waren es im ersten Halbjahr 2020 trotz Corona-Pandemie schon 4,8 Milliarden Dollar. An der Spitze mittlerweile starke Marken wie Beyond Meat. Allerdings: Nur 400 Millionen dieser Investitionen flossen in Cultured Meat-Unternehmen. Die Übernahme von Peace of Meat durch Steakholder Foods war der erste Exit eines VC-finanzierten Startups, das sich mit zellbasierter Fleischproduktion beschäftigt.

Mittlerweile rücken also auch die Zell-Kultivierer in den Fokus des Interesses von Investoren. Remilk beispielsweise, ein Unternehmen das Milch ohne Zutun der Massentierhaltung fermentiert, sammelte Ende vergangenen Jahres 11 Millionen Euro Venture Capital ein. Ein Cleantech-Startup, das genau wie Steakholder Foods aus Israel kommt – dem europanahen Hotspot für Clean Food-Unternehmen schlechthin.

Enge Bande zwischen Israel, Europa und den USA

Etwas, das Hoffnung macht, dass das seit März 2021 offiziell an der NASDAQ gelistete Cleantech-Startup Steakholder Foods es schaffen kann, sind die Köpfe, die direkt für den Fleischkultivierer arbeiten – oder im direkten Umfeld zu finden sind. Diese Personen vermitteln auch enge Bande insbesondere zwischen dem Standort Israel und den USA.

Eine dieser Personen ist Danny Ayalon, der als Direktor fungiert, und früher u.a. israelischer Botschafter in den USA war, als stellvertretender Außenminister und Berater von drei Premierministern wirkte. Heute ist er Vorsitzender von Silver Road Capital, einem Finanzvehikel. Neben seiner Rolle bei Steakholder Foods hat Ayalon auch in Future Crops entwickelt – ein Vertical Farming-Startup aus Amsterdam, wie ein isrealisches Medium berichtet.

Eine kaum weniger interessante Persönlichkeit ist Steven H. Lavin, der u.a. Sohn des Gründers und heutiger Vize-Chairman der OSI Group ist. Das amerikanische Unternehmen, das mehrere Milliarden pro Jahr umsetzt, beliefert seit mehr als 50 Jahren McDonalds mit echtem Fleisch für Burger. Beim israelischen Unternehmen agiert er, der auch enge Drähte zwischen Israel und USA zieht, als Chairman.

Simon Fried, Head of Business, kommt ebenfalls von Nano Dimension, dem Unternehmen, das Steakholder Foods-CEO Sharon Fima gegründet hat. Das Führungsteam in Israel komplettieren Omri Schanin als COO und Guy Hefer als CFO. Das belgische Team führen Dirk von Heinrichshorst gemeinsam mit David Brandes und Dr. Paul Mozdziak.

Das bislang notwendige Kapital hat das Unternehmen von Investoren wie Psagot Provident und Pensionsfonds, aber zuletzt auch durch den Gang an die NASDAQ erhalten. Die Übernahme von Peace of Meat schlug mit 17,5 Millionen Dollar zu Buche, wurde aber teilweise über die Ausgabe von Aktien bezahlt.

Die Geschichte des Unternehmens zeigt, dass der Weg zu zellbasiertem Fleisch aus dem 3D-Drucker noch weit ist. Das israelische Unternehmen konzentriert sich aber geschickt auf die nächsten Schritte hin zur zellbasierten Landwirtschaft – Hybrid-Fleisch, dann zellbasiertes Fleisch und schließlich den heiligen Gral aus dem 3D-Drucker. Gelingen die nächsten Etappen, könnte es gelingen, überall auf der Welt Fabriken aufzubauen, die dann von anderen Unternehmen in Lizenz betrieben werden.

Der Weg ist lang, aber die für Klima- und Umweltschutz sowie die Ernährung der Menschheit verbunden sind, rechtfertigen jegliche Unterstützung für Startups. Wir werden die Reise eng begleiten.

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% S Kommentare
  1. Bernhard Voigt sagt

    Es handelt sich offenbar um das Unternehmen Meat-Tech 3D. Sind denn die umfangreichen Informationen tatsächlich belastbar? Hat das Fleisch aus dem Drucker schon mal eine unabhängige Person gekostet? Schmeckt es tatsächlich nach Fleisch? Auch nach dem Fleisch, dessen Stammzellen benutzt worden sind?
    Über die Herstellungskosten ist offenbar nichts bekannt. Sollten sie mit der natürlichen Fleischproduktion vergleichbar sein, wäre es selbstverständlich eine Revolution der zukünftigen Fleischerzeugung für die Welternährungsproblematik. Am Aktienkurs und der Handelbarkeit dieser Aktien ist das alles nicht erkennbar!

    1. Maya sagt

      Ich frage mich in der Tat, was ist mit Geschmack.
      Aber, werden sich diese Investitionen im Endeffekt lohnen, kommen auch noch Untersuchungen nach Verträglichkeit, und wichtiger noch, wieviel Energie/Strom wird verbraucht, bis es auf der Markt kommt.
      Oder ist es ein Projekt das möglicherweise nur bei Forschung bleibt, wo die beteiligten Parteien nur unendlich Geld verdienen, sich die Taschen füllen, und nichts kommt dabei raus.
      Oder ein Deckmantel für was anderes.
      Wenn Sie das mit tierischen Teilen können ist der Schritt nach menschlichen Gewebe womöglich nicht so groß, da wird schon mit experimentiert.
      Und wer beaufsichtigt diese Vorgänge, wohl kaum reine unabhängige Experten.

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