Neuer Rekord für europäische Solarstrom-Produktion im Sommer 2022
Report von Ember Climate zeigt: 28 Prozent mehr Solarstrom erzeugt im Sommer 2022 als im Vorjahr.
Ein aktueller Bericht der Denkfabrik Ember Climate belegt, dass in der Europäischen Union inmitten der Energiekrise mehr Solarstrom erzeugt worden ist als jemals zuvor. Solarmodule produzierten zwischen Mai und August zirka 12 Prozent des Stroms, der in der EU verbraucht wurde. Hätten dafür Erdgas-Kraftwerke eingesetzt werden müssen, hätte diese Menge elektrischer Energie 29 Milliarden Euro gekostet. Die Zahlen zeigen, wie Europa insgesamt daran arbeitet, die Abhängigkeit von importierten und fossilen Brennstoffen zu verringern.
Aus Sicht von Pawel Czyzak, Analyst bei Ember Climate, hat jede Terawattstunde Solarstrom dazu beigetragen, den Gasverbrauch zu senken: „Es ist klar, dass wir so viel Solarstrom brauchen, wie wir bekommen können.“ Laut der Datenanalyse lag die Solarstrom-Erzeugung in den Sommermonaten bei 99,4 Terawattstunden – und damit 22 Terawattstunden oder 28 Prozent höher als im Vorjahr.
Die Solarenergie übertraf den Anteil der Wind- (12 %) und Wasserkraft (11 %) am Strommix und war nicht weit von der Kohle (16 %) entfernt. 2021 lag der Anteil der Solarenergie bei 9 Prozent.
Neben dem neuen Rekord der europäischen Solarstrom-Produktion erreichten auch viele Einzelstaaten neue Rekordwerte. Der größte Anstieg der Solarstromerzeugung seit 2018 war in Polen zu verzeichnen, das die Solarstromerzeugung um das 26-fache steigerte, gefolgt von einer fünffachen Steigerung in Finnland und Ungarn. Am höchsten war der Anteil in den Niederlanden (23 %), gefolgt von Deutschland (19 %) und Spanien (17 %). Insgesamt standen in 18 von 27 EU-Ländern Rekorde, während 10 EU-Mitgliedsstaaten im Sommer 2022 mehr als ein Zehntel ihres Stroms aus Solarmodulen erzeugten.
Wachstum der Solarenergie beschleunigt
Das Wachstum der Solarenergie beschleunigt sich ebenfalls: Der Anstieg von 22 TWh zwischen Mai und August 2021 und 2022 ist viel höher als die jährliche Veränderung in den Jahren 2021 (+8 TWh), 2020 (+10 TWh) und 2019 (+2 TWh). Das ist vor allem auf den kontinuierlichen Anstieg der installierten Solarkapazität um 15 % gegenüber dem Vorjahr zurückzuführen – von 104 GW im Jahr 2018 auf 162 GW im Jahr 2021, wobei allein im Jahr 2021 23 GW hinzukommen.
Damit die Solarkapazität und Solarerzeugung bis 2030 den gesetzten Zielen des REPowerEU-Programms entspricht, muss diese Ausbaurate anhalten. Die jüngste Analyse von Ember zeigt jedoch, dass die Projektionen für die kommenden Jahre hinter dem Ziel zurückbleiben, wobei der jährliche Kapazitätszubau im Jahr 2026 nur 46 % des Wertes erreicht, der für einen 1,5C-Pfad erforderlich ist. Dies ist größtenteils auf Genehmigungsengpässe zurückzuführen – diese Hindernisse müssen beseitigt werden, damit die Solarenergie weiter wachsen kann.
Mit Solarenergie weg von fossilem Gas
Die Solarenergie hilft Europa bereits, vom teuren fossilen Gas wegzukommen. Angesichts der anhaltenden Energiekrise ist es wichtiger denn je, den Einsatz der Solarenergie zu beschleunigen.
Die Solarrekorde dieses Sommers haben dazu beigetragen, dass die Lichter brennen und der inzwischen kritische Gasverbrauch in der EU gesenkt werden konnte, was eine kurzfristige Entlastung bei den steigenden Energiekosten bedeutet. Da die Preise für fossiles Gas voraussichtlich noch mindestens bis Ende 2023 hoch sein werden, kann Europa die Krise lindern, indem es den Ausbau der Solarenergie vorantreibt.
Ember Climate: Solarenergie verneunfachen bis 2035
Die meisten europäischen Länder haben ihre Ambitionen als Reaktion auf die aktuelle Krise bereits erhöht. Der jüngste REPowerEU-Vorschlag der Europäischen Kommission zielt darauf ab, die Solarkapazität bis 2025 im Vergleich zu den Werten von 2020 zu verdoppeln, um bis 2030 ein aktualisiertes Ziel von 45 % erneuerbarer Energien zu erreichen. Um sicherzustellen, dass die Solarenergie den europäischen Bürgern weiterhin Vorteile bringt, muss dieses neue 45 %-Ziel bei der bevorstehenden Abstimmung des EU-Parlaments über die überarbeitete Richtlinie für erneuerbare Energien unbedingt bestätigt werden.
Der beschleunigte Ausbau der Solarenergie würde den Analysten von Ember Climate zufolge auch dem Klima zugute kommen: Die Modellberechnung zeigt demnach, dass die Solarenergie bis 2035 um das Neunfache wachsen müsste, um Europa auf einen Pfad zu bringen, der mit 1,5°C vereinbar ist. Notwendig ist, dass Europa Bürokratie abbaut und die Kraft der Solarenergie freisetzt. Dies ist nicht nur für die Klimaziele wichtig, sondern vielleicht vor allem für die Sicherheit des Kontinents und die Stromrechnungen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.