Mehr, schneller und einfacher: Habeck legt neues Solarausbau-Gesetz vor
Solarpaket I wird zu Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung
Bundeswirtschaftsminister Habeck legt mit dem „Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ (kurz: Solarausbau-Gesetz) nun die Umsetzung seiner PV-Strategie in Recht vor und beschleunigt die Energiewende. Dabei geht es im ersten Teil der Umsetzung, die auch als Solarpaket I bekannt ist, u.a. um Mieterstrom, Bürokratieabbau bei Balkonkraftwerken, einen Schub für Freiflächenanlagen und die Vereinfachung von Solaranlagen auf Dächern. Das Gesetz, das noch vor der Sommerpause am 7. Juli verabschiedet werden soll, wird dem Solarausbau zusätzlichen Schwung geben.
Die BILD-Zeitung will im Solarausbau-Gesetz einen neuen Habeck-Plan erkannt haben: „Bald soll JEDER mit Solar-Strom Geld verdienen“ lautet die Schlagzeile, die sogar nicht Nachrichtenagentur AFP dermaßen überrascht hat, dass sie aus dem Artikel zitierend wiederum einen Nachrichtenmeldung gemacht hat.
Dabei überraschen die Inhalte der Solarausbau-Gesetzes nicht wirklich – beinhalten sie doch im Kern die ersten fünf Punkte der PV-Strategie, die Habeck vor Wochen in engem Schulterschluss mit Industrie und Verbänden verabschiedet hat.
Zentral geht es beim Gesetzentwurf um den Abbau von Bürokratie und zahlreiche Maßnahmen, die den Solarausbau weiter beschleunigen sollen. Klar ist: In diesem Jahr werden bereits mehr als 10 Gigawatt Photovoltaik zugebaut – ab 2026 sind aber 22 Gigawatt Zubau pro Jahr vorgesehen. Nur so lässt sich der Plan verwirklichen, bis 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu generieren. Vorausgesetzt, die Vorhaben bei Offshore- und Onshore-Wind gehen genauso gut auf.
Wie im PV-Paket I beschrieben geht es im Solarausbau-Gesetz um folgende Themen ganz konkret:
- Förderungen von Freiflächenanlagen vereinheitlichen
- Zubau von PV-Dachanlagen einfacher machen
- Mieterstrom leichter ermöglichen
- Vereinfachte Anmeldung von Balkonsolaranlagen – keine Meldepflicht mehr beim Netzbetreiber
- Schnellerer Anschluss von Photovoltaikanlagen an das Stromnetz
Daneben plant Habeck im Solarausbau-Gesetz die Einführung von einem „Register zur Erfassung und Überwachung von Energieanlagen“. Dieses sei zwingend, um Netzsicherheit und Systemstabilität auch künftig zu wahren, und gleichzeitig den Netzanschluss von Energieanlagen zu vereinfachen und zu beschleunigen.
Der Entwurf, der voraussichtlich am Mittwoch im Kabinett beraten werden dürfte, erhält schließlich auch eine Veränderung zur Direktvermarktungs-Pflicht von PV-Strom auf dem Dach. Diese wird gelockert. Gleichzeitig sollen die technischen Anforderungen an Kleinanlagen in der Direktvermarktung sinken. Die „The Smart E Europe“ 2023 in München zeigte zuletzt mehrere Ansätze von Unternehmen, die auch Besitzern von Kleinanlagen die Teilhabe am Energiemarkt über Direktvermarktungs-Tarife ermöglichen wollen.
Einschätzung von Martin Jendrischik, Cleanthinking-Chefredakteur:
Das Gesetz zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung aus dem BMWK ist die konsequente Fortschreibung der Energiewende im Bereich Photovoltaik, die die Vorteile der PV nachhaltig stärkt. Die entfachte Dynamik zum Ausbau von Solaranlagen und Speichersystemen in Wohngebäuden muss unbedingt verstärkt werden. Das Gesetz gibt auch den Handwerksbetrieben Sicherheit für Investitionen in den kommenden Jahren.
Für die großen Installationsbetriebe wie EKD Solar, SENEC, BSH Energie, Enpal, Zolar oder 1komma5 ist das Solarausbau-Gesetz die Lizenz, um noch schneller wachsen zu können. Pfiffige Ideen und mutige Investitionsstrategien sind aber gefordert, um Lieferketten dauerhaft sicherzustellen und den Mangel an Fachkräften auszugleichen.
Im Gesetz geht es noch nicht um die Wiederansiedlung europäischer Solarindustrie. Allerdings haben Habeck und Bundeskanzler Olaf Scholz zuletzt zugesagt, den Aufbau einer europäischen Solarproduktion fördern zu wollen. Allerdings gilt es, hier realistisch zu sein: Die Produktionskapazitäten in China sind so gewaltig, dass der prozentuale Anteil Europas hieran nie signifikant steigen wird. Transformation und Energiewende gelingen nur im Zusammenspiel mit China – nicht gegen China. Trotzdem ist eine Diversifizierung – wenn auch im kleinen Maßstab – sinnvoll.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.