Wie schnell lohnt sich ein Balkonkraftwerk? Der Ertragsrechner hilft
Verivox hat einen Preisverfall ermittelt, und berechnet eine Amortisationszeit von drei Jahren – dieser Beitrag klärt, ob das wirklich realistisch ist.
Lohnt sich ein Balkonkraftwerk? Trotz Kritik an der Qualität ist der Trend eindeutig: Mini-Solaranlagen werden immer günstiger – auch, wenn man nicht beim Discounter kauft. Laut Verbraucherportal Verivox führt das sogar dazu, dass sich ein Balkonkraftwerk schon nach drei Jahren lohnt. Der Artikel zeigt die Details und einen Balkonkraftwerk Ertragsrechner: Wie schnell lohnt sich ein Balkonkraftwerk?
Cleanthinking berichtet regelmäßig über Balkonkraftwerke. Der Themenschwerpunkt zur sauberen Technologie ist dort zu finden – besonders hervorzuheben ist aktuell die Berichterstattung rund um DeyeGate. Was es damit auf sich hat, ist im Artikel zu DeyeGate nachzulesen. Hier geht es um die Frage: Lohnt sich ein Balkonkraftwerk?
Die Informationen von Verivox sind eindeutig: Eine Mini-Solaranlage kann die Stromrechnung um bis zu 228 Euro pro Jahr reduzieren – würde diese Amortisation stimmen, wäre klar, dass sich Balkonkraftwerke innerhalb weniger Jahre lohnen. Aber stimmt das wirklich oder ist es zu optimistisch gerechnet? Ein Ertragsrechner kann helfen.
„Unter idealen Bedingungen“ könne ein Balkonkraftwerk mit einer Leistung von 600 Watt jährlich etwa 570 Kilowattstunden Strom liefern. Dies entspräche bei einem durchschnittlichen Kilowattstundenpreis von 39,93 Cent/kWh und 100-prozentigem Eigenverbrauch einer Einsparung in Höhe von 228 Euro.
Diese Aussage von Verivox birgt einige Probleme: Hier ist von der Leistung des Balkonkraftwerks die Rede – wir müssen aber zwischen der Wechselrichter-Leistung und der Peak-Leistung der Solarmodule unterscheiden. Da die Grenze von 600 Watt als Wechselrichter-Leistung viel in der Diskussion ist, ist davon auszugehen, dass es sich um diese Größe handeln soll, die Verivox hier aufdröselt.
Ein weiterer Knackpunkt: Verivox geht von einem durchschnittlichen Strompreis von fast 40 Cent/kWh aus – das ist zu viel, wie auch an dieser Grafik verdeutlicht werden kann:
Fairer wäre, von einem Strompreis von etwa 30 Cent je Kilowattstunde auszugehen, wenngleich die Tabelle den Strompreis bei einem Verbrauch von 4.000 Kilowattstunden pro Jahr zeigt – der typische Balkonkraftwerk-Haushalt wird vermutlich deutlich weniger verbrauchen. Wer schafft es, im Sommer konstant 400 bis 600 Watt zu verbrauchen – um 100 Prozent Eigenverbrauch zu erreichen?
Zum Vergleich: Bei klassischen Photovoltaikanlagen ist von einem Eigenverbrauch von zirka 30 Prozent auszugehen. Ein Balkonkraftwerk bringt weniger Leistung, aber mehr als 50 Prozent Eigenverbrauch sind unwahrscheinlich bei normaler Ausstattung einer Wohnung.
Amortisiert sich ein Balkonkraftwerk nach drei bis vier Jahren?
Diese Punkte ignorierend: Verviox geht von einem Preis für eine Balkon-Solaranlage zwischen 700 und 900 Euro aus – die Initialkosten würden demnach zur Aussage führen: Ein Balkonkraftwerk lohnt sich schnell, nämlich nach drei bis vier Jahren.
Balkonkraftwerke sind in den letzten Jahren immer günstiger geworden. Deswegen rentieren sie sich immer schneller. In diesem Jahr entfällt beim Kauf außerdem die Mehrwertsteuer. Einige Bundesländer und viele Kommunen fördern die Anschaffung zusätzlich.
Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox
Lohnt sich ein Balkonkraftwerk also wirklich so schnell? Nein. Ganz ehrlich gesprochen, dauert es deutlich länger bis sich ein solches Kraftwerk am Balkon wirklich amortisiert. Denn zu den genannten Punkten, die Verivox extrem einseitig und unrealistisch darstellt, kommt auch noch die Notwendigkeit der perfekten Ausrichtung dazu.
Der Balkonkraftwerk Ertragsrechner von Priwatt kommt übrigens auf eine Ersparnis von 164 Euro pro Jahr, bei einem nach Süden ausgerichteten Balkonkraftwerk, dessen Solarmodule 820 Watt Peak Leistung haben (priBalcony 90 ° Duo). Das Set kostet aktuell 929 Euro, also mehr als Verivox wiederum kalkuliert hat.
„Die Anlagen lohnen sich oft auch dann, wenn keine Idealbedingungen erreicht werden, etwa weil die Ausrichtung nicht optimal ist oder der Selbstverbrauch geringer ausfällt. Es dauert dann nur etwas länger“, sagt Thorsten Storck. Dieser Aussage können wir nun wirklich zustimmen. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit einer solchen Mini-Solaranlage ist, dass die Komponenten 20 Jahre durchhalten. Ist das der Fall, spielt es kaum eine Rolle, wann sich das Balkonkraftwerk rechnerisch lohnt – da 20 Jahre Betrieb in jedem Fall zur Wirtschaftlichkeit führen.
Fazit: Lohnt sich ein Balkonkraftwerk Ertragsrechner?
Die Antwort ist ein ganz klares Ja! Daher ist es aus unserer Sicht komplett überflüssig, Daten unrealistisch schönzurechnen, wie es das Verbraucherportal getan hat. Beschäftigt man sich ein bißchen mit dem Thema, schrecken solche offensichtlich geschönten Rechnungen eher ab.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Wie viel Watt produziert eine 920 (600) Watt Anlage bei optimalen Bedingungen?
Hallo Horst,
bitte den im Beitrag verlinkten Ertragsrechner selbst benutzen. Danke.
Martin Jendrischik