Schweizer Forscher speichern Wasserstoff in Eisenoxid
Rost als Energiespeicher: Verfahren der Langzeitspeicherung von H2 ist inspiriert vom jahrhundertealten Dampfeisenprozess.
Forscher der ETH Zürich haben eine vielversprechende Methode zur saisonalen Speicherung erneuerbarer Energien entwickelt: Sie nutzen gewöhnliches Eisenoxid, auch als Rost bekannt, um Wasserstoff effizient und kostengünstig zu speichern. Rost als Energiespeicher? Die Technologie, inspiriert vom jahrhundertealten Dampfeisenprozess, könnte die Art und Weise, wie wir erneuerbare Energien nutzen, grundlegend verändern.
Überschüssiger Solarstrom im Sommer wird genutzt, um Wasser in Wasserstoff zu spalten. Dieser reagiert in einfachen Edelstahlbehältern mit Eisenerz, wobei reines Eisen zurückbleibt. Im Winter wird der Wasserstoff durch Zufuhr von Dampf wieder freigesetzt und kann zur Stromerzeugung oder Wärmeerzeugung genutzt werden. Das ist die Methode zur verlustfreien Langzeitspeicherung des grünen Gases, die die Wissenschaftler erarbeitet haben.
Wasserstoff gilt als vielversprechender Energieträger für eine klimaneutrale Zukunft. Doch seine Speicherung ist eine Herausforderung: Herkömmliche Methoden sind entweder teuer, ineffizient oder bergen Sicherheitsrisiken. Die neue Technologie der ETH Zürich setzt auf eine einfache, aber effektive Lösung: Eisen.
Eisenoxid als sichere und günstige Speicherlösung
„Der große Vorteil dieser Technologie ist, dass das Ausgangsmaterial Eisenerz einfach und in großen Mengen zu beschaffen ist“, erklärt Prof. Wendelin Stark (Linkedin), Leiter des Forschungsteams. „Zudem müssen wir es nicht einmal aufbereiten, bevor wir es in den Kessel geben.“
Die Reaktoren, in denen die chemische Reaktion stattfindet, bestehen aus einfachem Edelstahl und arbeiten bei normalem Druck. Dadurch entfallen teure Hochdrucktanks und aufwendige Sicherheitsvorkehrungen. Die Speicherkapazität steigt sogar mit jedem Lade- und Entladezyklus, und das Eisenoxid kann beliebig oft wiederverwendet werden.
Pilotanlage am Campus Hönggerberg
Die Forscher haben die Funktionsfähigkeit ihrer Technologie in einer Pilotanlage am Campus Hönggerberg demonstriert. Drei Edelstahlkessel speichern dort Wasserstoff, der rechnerisch ausreicht, um drei bis fünf Schweizer Haushalte im Winter mit Strom zu versorgen. Die Pilotanlage kann langfristig rund zehn Megawattstunden Wasserstoff speichern. Je nachdem wie man den Wasserstoff in Strom umwandelt, werden daraus vier bis sechs Megawattstunden Strom.
Bis 2026 soll die Anlage erweitert werden, um ein Fünftel des Strombedarfs des Campus Hönggerberg im Winter mit eigenem Solarstrom aus dem Sommer zu decken. Dafür wären Kessel mit einem Volumen von 2.000 Kubikmeter nötig, die rund vier Gigawattstunden grünen Wasserstoff speichern können. Nach seiner Umwandlung in Strom würde der gespeicherte Wasserstoff rund zwei Gigawattstunden Strom liefern.
„Diese Anlage könnte als saisonaler Energiespeicher einen kleinen alpinen Stausee ersetzen. Zum Vergleich: Dies wäre etwa ein Zentel der Kapazität des Pumpspeicherkraftwerkes Nate de Drance“, erklärt Stark. Zudem würden bei der Entladung zwei Gigawattstunden Wärme anfallen, die die Forschenden in das Heizungssystem integrieren wollen.
Skalierbarkeit und Zukunftsaussichten
Die Technologie ist vielversprechend, aber noch nicht marktreif. Die Kosten müssen weiter sinken, und es bedarf großer Mengen an Eisenerz und Reaktoren, um ganze Regionen zu versorgen. Dennoch zeigen erste Berechnungen, dass die saisonale Energiespeicherung für die gesamte Schweiz grundsätzlich möglich wäre.
„Die Speicherung von Wasserstoff in Eisenoxid ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigen Energieversorgung“, betont Prof. Stark. „Die Technologie ist zwar noch nicht ausgereift, aber sie zeigt, dass wir auch mit einfachen Mitteln große Herausforderungen meistern können.“
Die Èrfinder von „Rost als Energiespeicher“ arbeiten nun daran, die Effizienz und Wirtschaftlichkeit des Verfahrens weiter zu verbessern. Langfristig könnte diese Technologie dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und eine stabile Stromversorgung aus erneuerbaren Quellen sicherzustellen – ein (potenziell) wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Zukunft.
Rost als Energiespeicher? Erfahren Sie mehr über die Langzeitspeicher-Methode des Cleantech-Unternehmens Form Energy.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Vielen Dank für die Aufklärung 👍🏼
„Dafür wären Kessel mit einem Volumen von 2.000 Kubikmeter nötig…“
Vielen Dank für den interessanten Artikel. Ist die Zahl oben richtig?
2.000m^3 um 4 GWh zu speichern. Also
2.000m^3 um 4.000 MWh zu speichern
0,5 m^3 um 1 MWh zu speichern.
Aktuell speichern sie 10 MWh wofür dann dementsprechend 5m^3 nötig wären. Der Artikel spricht von 3 Speichern, wahrscheinlich der abgebildeten Größe. Kommt ganz gut hin für mich.
Danke für die Rechnung, Benjamin!
Hallo Klaus,
ja, die Zahl ist aus meiner Sicht plausibel und so in der Veröffentlichung der ETH Zürich enthalten.
Viele Grüße,
Martin Jendrischik