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Explodierende Heizkosten ab 2027? Das müssen Sie über den ETS2 wissen

Wenn der europäische Emissionshandel Heizen verteuert: Wird Wohnen in Deutschland unbezahlbar?

Stellen Sie sich vor, Ihre Heizkosten explodieren plötzlich. Nicht nur ein bisschen, sondern um Tausende von Euro pro Jahr. Explodierende Heizkosten klingt nach einem Albtraum? Laut einer neuen Studie könnte genau das ab 2027 für viele Deutsche Realität werden, wenn der europäische Emissionshandel für Brennstoffe (EU-ETS2) in Kraft tritt. Das marktwirtschaftliche Instrument soll entscheidend bei der Umsetzung der Wärmewende und damit bei der Erreichung der Klimaziele helfen. Aber wird Wohnen dadurch unbezahlbar?

Die Einführung des neuen europäischen Emissionshandels (EU-ETS2) ab 2027 schürt Ängste vor explodierenden Heizkosten. Wie realistisch sind diese Befürchtungen?

EU-ETS2: Ein Crashkurs

Der Emissionshandel ist ein marktwirtschaftliches Instrument zur Reduzierung von Treibhausgasen. Im Kern funktioniert er wie ein Deckel für Emissionen: Es wird eine begrenzte Anzahl an Verschmutzungsrechten („Zertifikate“) ausgegeben. Unternehmen müssen für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, ein Zertifikat besitzen. Da die Anzahl der Zertifikate begrenzt ist, entsteht ein Markt, auf dem diese gehandelt werden. Je knapper die Zertifikate, desto höher der Preis. Das motiviert Unternehmen, in klimafreundliche Technologien zu investieren und Emissionen zu reduzieren.

Die Krux mit den Gebäuden

Ab 2027 fällt auch der Gebäudesektor unter den EU-ETS2. Das Problem: Der deutsche Gebäudebestand besteht aus 19,5 Mio. Wohngebäuden und 2 Mio. Nichtwohngebäuden. Etwa 75 Prozent dieser Gebäude benötigen heute noch Erdgas oder Heizöl für Raumwärme und Warmwasser. Rund 30 Prozent der Wohngebäude befinden sich überdies in den schlechtesten Effizienzklassen F bis H.

Der Markt regelt’s – oder doch nicht?

Die Theorie des Emissionshandels ist simpel: Steigen die Preise für Zertifikate, wird Heizen teurer. Das soll Hausbesitzer motivieren, ihre Gebäude zu sanieren und den Verbrauch fossiler Brennstoffe zu senken. Langfristig soll so der CO2-Ausstoß sinken und die Klimaziele erreicht werden.

Doch die Realität ist komplexer. Sanierungen kosten Geld und dauern Zeit. Nicht jeder Hausbesitzer kann sich das leisten oder findet Handwerker. Zudem ist die Nachfrage nach Wärmepumpen und anderen klimafreundlichen Technologien aktuell so hoch, dass es zu Lieferengpässen und langen Wartezeiten kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Sanierungsquote in Deutschland aktuell bei nur 0,7 Prozent liegt, während eigentlich zwei Prozent nötig wären, um die Klimaziele zu erreichen.

Jan Peter Hinrichs (Linkedin), Geschäftsführer des Bundesverbands energieeffiziente Gebäudehülle, warnt: „Der energetisch schlechte Zustand vieler Gebäude in Deutschland wird sich ab 2027 neuerdings rächen. Auf viele Eigentümer und Mieter werden hohe Mehrkosten zukommen, weil Fassade, Dach und Fenster veraltet sind. Im schlechtesten Fall sind dies viele Tausend Euro pro Jahr. Wir brauchen dringend eine neue Sanierungsoffensive in Deutschland, um die Bevölkerung vor diesen erheblichen Zusatzbelastungen zu schützen. Die Bundesregierung muss die Anreize für Maßnahmen, die den Energiebedarf von Gebäuden reduzieren, wieder ins Zentrum rücken.“

Heizkosten explodieren: Droht ein sozialer Brennpunkt?

Experten warnen, dass die Kosten des ETS2 vor allem Menschen mit geringem Einkommen treffen werden, die in schlecht gedämmten Wohnungen leben. Auch Vermieter könnten in Schwierigkeiten geraten, wenn sie die steigenden Heizkosten nicht auf die Mieter umlegen können.

Die Studie des FIW zeigt auf, dass Bewohner von energetisch schlechten, ungedämmten Gebäuden in einem deutlich höheren Ausmaß von den Kostensteigerungen betroffen sein werden. Vor dem Hintergrund des im Jahr 2023 beschlossenen europaweiten CO2-Handelssystem für Gebäude (EU-ETS2) ab 2027 veranschaulicht die Studie, dass es zu erheblichen Zusatzkosten für Gebäudebewohner kommen könnte. Dies ist die Folge einer Unterdeckung zwischen verfügbaren und benötigten Zertifikaten, was zu höheren Zertifikatpreise als politisch vorgesehen führen würde.

Was tun?

Die Bundesregierung muss jetzt handeln, um soziale Härten abzufedern. Gleichzeitig müssen zusätzliche Anreize für Gebäudesanierungen geschaffen werden, damit der Gebäudebestand klimafit wird. Denn eines ist klar: Der Klimawandel wartet nicht. Je länger wir mit der Sanierung unserer Gebäude warten, desto teurer wird es für uns alle.

Ein Ausweg für Hauseigentümer kann der Wechsel des Energieträgers sein, um der CO2-Kostenaufteilung zu entgehen, ohne dass weitergehende Sanierungsmaßnahmen am Gebäude vorgenommen werden. Aus Sicht der Wissenschaft und der Mieter lässt das Gesetz zur Aufteilung der CO2-Kosten hier zu viele Auswege zu bzw. schafft sogar erst diesen Fehlanreiz. Denn wenn keine Maßnahmen am Gebäude ergriffen werden, um den Heizwärmebedarf zu verringern, besteht die Gefahr von hohen Heizkosten für den dann neuen Energieträger Strom oder Fernwärme.

Diese Kosten betreffen dann zwar nicht mehr die Vermieter, aber direkt die Mieter und alle selbstnutzenden Eigentümer. Ziel sollte daher immer erst die Verbesserung der energetischen Qualität der Gebäudehülle sein, bevor regenerative Energieträger eingesetzt werden, so die Ansicht des Verbandes.

Einschätzung von Martin Jendrischik, Gründer von Cleanthinking.de:

Die Entwicklung der Heizkosten für Öl- und Gasheizungen haben die wenigsten Hausbesitzer und Mieter bislang auf dem Schirm. Dabei ist es jetzt Zeit, zu handeln. Gebäudesanierung und Austausch des Energieträgers sind essentiell, um nicht in eine Kostenfalle zu tappen, die weit offen steht. Es geht jetzt auch um die Verantwortung von Energieberatern, Verbraucherzentralen und Heizungsbauern: Sie sollten die Beratung in Richtung Öl- und Gasheizungen aufgeben.

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Quelle Studie BUVEG
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