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Grüne Wasserstoff-Projekte in Borna und Lubmin: Rückschlag durch HH2E-Insolvenz

Foresight Group lehnt Finanzierung des Lubminer Projekts ab – HH2E sucht dringend neue Kapitalgeber

Es ist ein weiterer Rückschlag für den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland: Am 8.11.24 teilte die HH2E AG mit, dass der Vorstand der Foresight Group trotz ausgehandelter Verträge die Finanzierung des ersten HH2E-Werks in Lubmin abgelehnt hat und daher Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen musste. Das zur Gruppe zählende Unternehmen Foresight Environmental Infrastructure ist seit einigen Monaten größter Anteilseigner von HH2E und zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung. Wie geht es nach dem Rückschlag nun mit den Energieprojekten in Borna und Lubmin weiter?

Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt der Vorstand oder die Geschäftsführung des jeweiligen Unternehmens voll handlungsfähig, wird aber durch einen Eigenverwalter überwacht. Bedeutet also: Der HH2E-Vorstand um Energiewende-Pionier Alexander Voigt hat bereits proaktiv mit der Suche nach neuen Investoren begonnen.

Um diese Herausforderung zu bewältigen, wäre die weitere Senkung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank hilfreich, da diese Maßnahme zu günstigeren Krediten für grüne Wasserstoffprojekte und attraktivere Renditeerwartungen führen würde.

Die HH2E AG soll ein Vorzeige-Partner für komplexe Energieprojekte in Deutschland werden. Das Hamburger Cleantech-Unternehmen hat vor, vorhandene Ressourcen im Norden und Osten intelligent zu nutzen, um etwa die produzierende Industrie in der jeweiligen Region zu dekarbonisieren. Alexander Voigt hat hierzu zusammen mit dem früheren Uniper-Boss Andreas Schierenbeck ein sogenanntes HH2E-Werk konzipiert.

Ziel: Regional ansässige Verbraucher rund um die Uhr mit den wichtigsten Energieträgern versorgen: Strom, Wärme und Wasserstoff. Mit dem Konzept dockt HH2E perfekt an das von der Bundesregierung initiierte Wasserstoff-Kernnetz an.

Auch HH2E Werk Lubmin GmbH in Insolvenz

Derzeit stehen die ersten beiden Projekte für HH2E-Werke im Zentrum der Aufmerksamkeit. Das Vorhaben in Lubmin gilt als das Projekt, das besonders weit entwickelt ist – und bis vergangene Woche unmittelbar vor der erfolgreichen Finanzierung stand. In Lubmin, wo früher das Gas über die Ostseepipelines geliefert wurde, will HH2E laut Webseite bis 2030 80.000 Tonnen grünen Wasserstoff per Elektrolyse pro Jahr produzieren und 2.000 Megawattstunden Batterien aufbauen.

Neben der HH2E AG hat nun aufgrund des Rückzugs des potenziellen Investors auch die in Lubmin ansässige Tochtergesellschaft HH2E Werk Lubmin GmbH Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet.

Projekt in Borna: Unsicherheit, aber kein klares Ende

Während die Hauptgesellschaft und die Lubminer Tochter also nun die Insolvenz in Eigenverwaltung durchleben, um im Idealfall am Ende einen neuen strategischen Partner zu präsentieren, ist die HH2E-Thierbach GmbH – die Projektgesellschaft beim Thierbach-Projekt in Borna – derzeit nicht in Insolvenzgefahr. Da die geplatzte Finanzierung sich auf das andere Projekt bezogen hat, gibt es nur mittelbare Auswirkungen, wie Geschäftsführer Hanno Balzer gegenüber der LVZ betont.

Der Produktionsstart ist für Anfang 2027 geplant, an einem Ort, an dem schon seit Jahrzehnten Strom erzeugt wird, auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks Thierbach, das zur Stadt gehört.

Im letzten Jahr genehmigte der Stadtrat von Borna die Erschließung des Gebiets in der Klingenbergstraße im Industriegebiet Goldener Born. Die Stadt hatte keine Kosten, da die Erschließung der 800 Meter langen Straße zu 90 Prozent durch Gelder aus dem 40-Milliarden-Euro-Programm der Bundesregierung zur Unterstützung des Kohleausstiegs finanziert wurde. Der kommunale Eigenanteil wurde von der LEAG, dem Betreiber des Kraftwerks in Lippendorf, übernommen, der zusammen mit HH2E hinter dem Projekt auf dem ehemaligen Kraftwerksgelände steht.

Auf dem geplanten Produktionsgelände gibt es bisher jedoch keinen Fortschritt. Hanno Balzer, erklärt, derzeit warte man auf die Baugenehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Die Finanzierung für die Produktionsanlagen in Borna, die 250 Millionen Euro kosten sollen, steht aus. Potenzielle Abnehmer etwa von Wasserstoff sind neben der Mineralölindustrie auch der Flughafen Leipzig/Halle und die Logistikbranche, in der schwere Lastwagen immer mehr auf den alternativen Treibstoff umgestellt werden.

Für den Leipziger Südraum wäre dass HH2E-Werk, das durch die HH2E-Insolvenz nun gefährdet ist, ein wichtiger Bestandteil des Strukturwandels. Hier entstand auch der Energiepark Witznitz, einer der größten Solarparks des Landes. Auch hier gibt es durch den Investor Ambitionen für Wasserstoffproduktion.

Letztlich ist die gesetzlich verpflichtende Insolvenz durch den Wegfall des Investors Foresight ein weiterer Rückschlag für den Wasserstoff-Standort Deutschland. Denn im September hatte das norwegische Energie-Unternehmen Equinor den Bau einer Pipeline aus Kostengründen abgesagt. Laut Bloomberg gab es auch Gerüchte darüber, dass Equinor das Projekt in Lubmin der HH2E finanzieren wollte.

Aus Sicht des Standorts kann man dem Management nur die Daumen drücken, dass es jetzt zeitnah gelingt, einen neuen, längerfristig orientierten Investor zu finden.

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Quelle Foresight Meldung zur Insolvenz Bloomberg Green
% S Kommentare
  1. Berthold B. sagt

    Die Nutzbarkeit von Solaranlagen zur Stromerzeugung (PV) beträgt um die 10% (ca. 900 kWh p.a. und kWpeak). Wie rentieren sich teure Elektrolyseure, die damit betrieben werden sollen und somit zu 90% tatenlos rumstehen?

    1. Martin Jendrischik sagt

      Hallo Berthold,

      die Logik Deines Kommentars erschließt sich mir nicht.
      1. Neben PV-Anlagen gibt es auch Windkraft.
      2. Solar und Wind ergänzen sich in der Regel sehr gut.
      3. Heutige Elektrolyseure können tendenziell mit schwankendem EE-Angebot umgehen. Falls nicht, sorgen Batteriespeicher für entsprechenden Ausgleich.
      4. Das HH2E-Konzept ist in meinen Artikeln detailliert beschrieben worden.
      5. „10 Prozent“ ergibt keinen Sinn als Größe – und eben so wenig die Herleitung. Bekanntlich liefern Solarzellen nachts keinen Strom. Die Sonnenstunden liegen bei 1.900 bis 2.200 pro Jahr mit leicht steigender Tendenz. 2.000 von 8.400 Stunden sind nicht 10 Prozent.

      Viele Grüße,
      Martin Jendrischik

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