Solar-Recycling: SOLARCYCLE, FLAXRES und Co. suchen Lösungen
Die rasant wachsende Solarindustrie steht vor einem großen Problem: Solar-Recycling. Was passiert mit den Millionen von Solarmodulen, die in den kommenden Jahren das Ende ihrer Lebensdauer erreichen? Ende Oktober 2024 kündigte das US-amerikanische Unternehmen SOLARCYCLE eine gigantische Recyclinganlage in Georgia an, die jährlich zehn Millionen Module verarbeiten soll – ein wichtiger Schritt, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Auch in Deutschland arbeitet man an Lösungen, allen voran das Dresdner Unternehmen FLAXRES. Doch die Herausforderungen sind immens, wie ein Blick auf die Zahlen und die technischen Hürden zeigt.
Ein gigantischer Berg Elektroschrott entsteht
Schon heute landen in Deutschland jährlich knapp 10.000 Tonnen ausgediente Solarmodule auf den Recyclinghöfen. Experten rechnen damit, dass sich diese Menge bis 2024 versechsfacht. Ab 2029, 20 Jahre nach der ersten großen Welle des Solarmodul-Booms, droht dann die eigentliche Flut: Schätzungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) zufolge müssen wir dann jährlich zwischen 400.000 und einer Million Tonnen Solarmodule entsorgen.
Global gesehen könnten es ab 2040 rund 27 Millionen Tonnen pro Jahr sein, so die Beratungsfirma Rystad Energy. Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert sogar bis zu 80 Millionen Tonnen im Jahr 2050.
Recycling im Experimentierstadium
„Zahllose Solaranlagen wurden in den letzten Jahren installiert. Sie enthalten wertvolle Rohstoffe, doch nach rund 30 Jahren sind sie Elektroschrott. Recyclingverfahren sind erst im Experimentierstadium“, schreibt Katja Maria Engel im Online-Magazin „Bild der Wissenschaft“. Tatsächlich steckt die Rückgewinnung der wertvollen Materialien aus den Modulen noch in den Kinderschuhen.
In Europa fällt Solar-Recycling unter die Richtlinie WEEE (Waste of Electrical and Electronic Equipment) für Elektrogeräte. Bisher reicht es jedoch aus, die Module zu demontieren, Kabel zu entfernen, Alurahmen abzutrennen und das Glas zu recyceln, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Das macht zwar über 85 Prozent des Gewichts aus, aber die wertvollen Bestandteile wie Silizium, Silber, Zinn und Blei landen meist auf der Deponie oder werden verbrannt.
SOLARCYCLE: Recycling im industriellen Maßstab
SOLARCYCLE will Solar-Recycling in großem Stil möglich machen. Das US-Unternehmen plant in Cedartown, Georgia, eine 5-Gigawatt-Recyclinganlage mit einer Fläche von 23.690 Quadratmetern. Ab Mitte 2025 sollen dort jährlich bis zu zehn Millionen Solarmodule verarbeitet werden. Das Besondere: SOLARCYCLE setzt auf einen geschlossenen Kreislauf. Die zurückgewonnenen Materialien, darunter hochreines Silizium, werden direkt in der angrenzenden Glasfabrik zur Herstellung neuer Solarmodule verwendet.
FLAXRES: Umweltfreundliches Verfahren aus Dresden
Auch in Deutschland gibt es vielversprechende Ansätze. Das Dresdner Unternehmen FLAXRES hat ein mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren entwickelt, das auf Chemikalien verzichtet und bis zu 98 Prozent der Materialien aus Solarmodulen zurückgewinnt. Mittels kurzer, energieintensiver Lichtblitze werden die Module in ihre Bestandteile zerlegt, die anschließend sortenrein getrennt werden können. FLAXRES plant, noch im Jahr 2024 mit mobilen Recyclinganlagen zu starten.
Weitere Player im Recyclingmarkt
Neben SOLARCYCLE und FLAXRES gibt es eine Reihe weiterer Unternehmen, die sich mit dem Recycling von Solarmodulen beschäftigen:
- First Solar: Der US-amerikanische Hersteller von Dünnschichtmodulen betreibt eigene Recyclinganlagen und nimmt seine Module zurück.
- PV CYCLE: Die europäische Organisation kümmert sich um das Recycling von Solarmodulen.
- Stena Recycling: Das schwedische Unternehmen bietet auch in Deutschland Recyclingdienstleistungen für Solarmodule an.
- Solar Materials: Das deutsche Unternehmen hat ein Verfahren entwickelt, um alle Rohstoffe aus Solarmodulen wirtschaftlich zurückzugewinnen.
Die technischen Hürden
Trotz dieser vielversprechenden Ansätze steht das Solar-Recycling noch vor großen Herausforderungen.
- Komplexer Aufbau: Solarmodule sind robust gebaut und widerstandsfähig gegen Witterungseinflüsse. Die verschiedenen Schichten lassen sich nur schwer voneinander trennen.
- Vielfalt der Module: Es gibt hunderte verschiedene Modul-Typen mit unterschiedlichen Materialien und Konstruktionen. Das erschwert die Entwicklung universeller Recyclingverfahren.
- Wirtschaftlichkeit: Die Recyclingverfahren sind oft noch teuer und energieintensiv. Die Rückgewinnung der Rohstoffe muss wirtschaftlich attraktiv sein, um sich durchzusetzen.
Mythen und Fakten zum Solar-Recycling
Immer noch halten sich hartnäckige Mythen über das Recycling von Solarmodulen. So wird oft behauptet, dass Solarmodule Sondermüll seien und Blei enthielten. Das stimmt nicht. Solarmodule fallen unter die Kategorie Elektroschrott und dürfen nicht auf der Deponie entsorgt werden. Blei ist in modernen Solarmodulen nicht mehr enthalten.
Fazit: Recycling ist entscheidend für die Zukunft der Solarenergie
Das Recycling von Solarmodulen ist entscheidend für die Zukunft der Solarenergie. Es ermöglicht die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe, reduziert die Umweltbelastung und trägt dazu bei, die Solarenergie nachhaltiger zu gestalten. Die Entwicklung effizienter und wirtschaftlicher Recyclingverfahren ist daher eine der wichtigsten Aufgaben der Solarindustrie in den kommenden Jahren.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.