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Neoliberale Merz-Agenda: Gefahr für die grüne Transformation?

Sollte die Union aus CDU und CSU die Bundestagswahlen im Februar gewinnen, könnte auf Deutschland eine neoliberale Friedrich Merz-Agenda zukommen. Diese Rückkehr zu neoliberalen Prinzipien, die im Wahlprogramm beschrieben sind, wird besonders in der Steuerpolitik deutlich. Eine solche Politik könnte aber – gepaart mit einer harten Einhaltung der Schuldenbremse – die notwendigen Investitionen für die grüne Transformation und die nationale Infrastruktur gefährden. Was plant Friedrich Merz genau?

Wie Chefredakteur Lukas Scholle im Surplus-Magazin darlegt, soll es laut der Merz-Agenda zu Steuerentlastungen im Umfang von 99 Milliarden Euro kommen. Diese Entlastungen sollen in vier Schritten kommen und umfassen mehrere steuerpolitische Maßnahmen.

Das Problem: Neoliberale um Merz wollen die Entlastungen sehr ungleich auf die Bevölkerung verteilen. Das reichste Prozent der Bevölkerung könnte von einer jährlichen Entlastung von 33.333 Euro pro Kopf profitieren, während die untere Hälfte der Bevölkerung im Durchschnitt um 286 Euro „entlastet“ würde.

Diese Diskrepanz wird durch mehrere Maßnahmen verursacht:

  • Abschaffung des Solidaritätszuschlags: Dies würde vor allem diejenigen entlasten, die bereits hohe Einkommen oder Kapitalvermögen haben.
  • Senkung der Unternehmenssteuern: Ein Segen für Unternehmenseigentümer, aber wenig Vorteil für den Durchschnittsbürger.
  • Verbesserung der Abschreibungsregeln: Auch hier profitieren vorwiegend die, die bereits über bedeutendes Kapital verfügen.
  • Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaftssteuer: Eine Maßnahme, die vor allem die Vermögensbildung der Reichen fördert.

Grüne Transformation durch Merz-Agenda in Gefahr?

Ziemlich unklar ist dabei, wie Friedrich Merz seine Steuergeschenke für die Wohlhabenden gegenfinanzieren möchte. Tendenziell scheint die CDU zu einer Austeritätspolitik zu neigen – also den Versuch unternehmen zu wollen, Sparmaßnahmen auf den Weg zu bringen, anstatt Schulden zu machen.

Das könnte gutgehen, wenn man davon ausgehen könnte, dass die steuerlichen Entlastungen zu dringend nötigem Konsum und ebenfalls benötigten Investitionen führen. Doch hier liegt der Pferdefuß der Merz-Agenda: Beides erscheint unwahrscheinlich.

Denn die Reichen, die dann 33.333 Euro mehr haben, werden damit eher Anlagen kaufen, aber eher wenig zusätzlich konsumieren. Und die normalen Bürger werden die Entlastungen angesichts weiterer Maßnahmen kaum spüren.

Kranker Mann Europas 2.0?

Die Bedenken von Ökonomen wie Achim Truger sind groß: Steuersenkungen führen demnach nicht automatisch zu mehr Investitionen und Wirtschaftswachstum. Wenn gleichzeitig staatliche Ausgaben gekürzt werden, kann dies die Wirtschaft sogar negativ beeinflussen. Der Grund dafür ist, dass staatliche Ausgaben einen größeren Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben als Steuersenkungen.

„Die Erfahrung der rot-grünen Regierung von 2001 bis 2005 zeigt“, so Truger, „dass massive Steuersenkungen in Kombination mit Ausgabenkürzungen zu Stagnation und Krise führen können.“ Deutschland galt damals als „kranker Mann Europas“. Truger weiter „Es wäre daher unverantwortlich, diese Politik zu wiederholen.“

Aussagen von Friedrich Merz und Markus Söder, wonach man den Irrweg beim grünen Stahl beenden wolle sowie beispielsweise Uneinigkeit über Förderprogramme für Elektroautos zur Unterstützung der Autoindustrie lassen Zweifel wachsen, ob die Union eine industriepolitische Kehrtwende erreichen kann.

Zumal beispielsweise der BDI einen Investitionsstau von 60 Milliarden Euro pro Jahr sieht, die keinesfalls aus dem Bundeshaushalt finanziert werden können – aber Merz tendiert offensichtlich zu strenger Austeritätspolitik.

Was bedeutet das für die grüne Transformation?

Für die grüne Transformation können diese Steuerverschiebungen weitreichende Auswirkungen haben. Denn ein zentrales Anliegen der Klimapolitik und der Dekarbonisierung der Industrie sind Investitionen in exakt diese nachhaltige Infrastruktur. Diese sind auch deshalb zur Unterstützung notwendig, weil sich Deutschland bzw. Europa in einem harten Wettlauf mit China und den USA befinden.

Konkret könnte die neoliberale Merz-Agenda also Folgendes bedeuten:

  • Weniger Investitionen in die Zukunft: Die verringerten Staatsausgaben könnten bedeuten, dass Projekte zur Dekarbonisierung und zur Förderung grüner Technologien verzögert oder sogar gestrichen werden.
  • Erhöhung der sozialen Ungleichheit: Die steuerliche Entlastung der Reichen könnte eine weiter wachsende Kluft zwischen Arm und Reich fördern, was letztendlich auch die politische Unterstützung für kostspielige Klimapolitik untergräbt.

Fragt sich also, ob es nicht doch noch eine alternative Perspektive geben könnte, die zumindest bei Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen könnten?

Eine alternative Perspektive

Statt die Steuern für die Reichen zu senken, könnten alternative Ansätze verfolgt werden:

  • Umverteilung zur Klimaschutzfinanzierung: Eine progressive Steuerpolitik könnte mehr Mittel für Klimaschutzprojekte bereitstellen, indem höhere Belastungen für hohe Einkommen und Vermögen eingesetzt werden.
  • Investitionen in Bildung und Innovation: Steuergelder könnten in Bildungsprogramme und Forschung fließen, um neue, nachhaltige Technologien zu entwickeln und zu verbreiten.
  • Anreize für nachhaltiges Verhalten: Anstatt die Reichen direkt zu entlasten, könnten Steuervergünstigungen für Investitionen in grüne Technologien und nachhaltige Praktiken angeboten werden.
  • Auszahlung des Klimageldes: Rückgabe der CO2-Einnahmen durch eine direkte Auszahlen anstatt zur Senkung von Stromkosten.

Letztlich wirft die Merz-Agenda in der Steuerpolitik viele Fragen auf. In einer Zeit, in der die Umstellung auf eine klimaneutrale Wirtschaft dringend notwendig ist, könnte diese Art der Steuerpolitik kontraproduktiv sein. Es bedarf einer Steuerpolitik, die nicht nur finanzielle Gerechtigkeit fördert, sondern auch die Klimaziele Deutschlands und der Welt unterstützt.

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