
Wayve bringt KI für automatisiertes Fahren nach Deutschland
Der britische KI-Pionier Wayve eröffnet einen neuen Entwicklungs- und Teststandort in der Stuttgarter Region, Baden-Württemberg, und setzt eine Flotte von Testfahrzeugen ein, um seine Technologie für autonomes Fahren voranzutreiben. Die Expansion unterstreicht Wayves Ambitionen, im Herzen der deutschen Automobilindustrie Fuß zu fassen – und profitiert von Kooperationen mit etablierten Herstellern sowie Top-Ingenieur*innen . Nach einer Series-C-Finanzierungsrunde über 1,05 Milliarden US-Dollar setzt das Unternehmen seinen globalen Expansionskurs fort, parallel zu laufenden Testprogrammen in Großbritannien und den USA.
Wayve, Vorreiter für „Embodied AI“ in der Automobilbranche, erweitert seine globale Präsenz mit einem neuen Test- und Entwicklungszentrum in Deutschland. Der Standort im Südwesten Deutschlands gilt als strategischer Schritt: Baden-Württemberg ist nicht nur Heimat von Automobilgiganten wie Mercedes-Benz und Porsche, sondern auch ein Hotspot für Forschung und Softwareentwicklung.
Hier will Wayve seine KI-basierten Assistenzsysteme und automatisierten Fahrfunktionen unter realen Bedingungen optimieren – von der Autobahn über urbane Verkehrsszenarien bis zu winterlichen Straßenverhältnissen.
Warum Deutschland? Vielfalt, Expertise, Kooperationen
Deutschlands vielseitige und anspruchsvolle Verkehrsumgebungen bieten ideale Bedingungen, um Wayves KI-Technologie zu trainieren. Das Unternehmen setzt auf einen lernenden Ansatz: Seine AV2.0-Plattform verzichtet bewusst auf hochauflösende Karten oder komplexe Sensorik und lernt stattdessen durch Daten aus der realen Welt. „Deutschlands Fahrkultur ist einzigartig – von dynamischen Überholmanövern auf der Autobahn bis zum komplexen Stadtverkehr. Diese Diversität ist entscheidend, um unsere KI robust und skalierbar zu machen“, erklärt Alex Kendall, CEO und Mitgründer von Wayve.
Neben den praktischen Testmöglichkeiten lockt das deutsche Ökosystem: „Die enge Vernetzung mit führenden OEMs und Zulieferern sowie der Zugang zu herausragenden Ingenieur*innen machen Baden-Württemberg zum perfekten Standort“, so Kendall. Das Land fördert gezielt KI-Innovationen – von Grundlagenforschung bis zur Anwendung in der Industrie. Dr. Patrick Rapp, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, betont: „Wayve trifft hier auf starke Partner. Automatisierung und Digitalisierung sind Schlüssel, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Automobilbranche zu sichern.“
Globaler Expansionskurs: Serienreife für KI-Systeme
Wayves Deutschland-Start folgt auf eine rekordverdächtige Finanzierungsrunde und jahrelange Tests in London sowie US-Metropolen. Das Ziel: Die KI-gesteuerten Fahrfunktionen serienreif zu machen und weltweit in Fahrzeuge zu integrieren – unabhängig vom Hersteller. Der Fokus liegt dabei zunächst auf Advanced Driver Assistance Systems (ADAS), etwa Spurwechselassistenten, die sich durch maschinelles Lernen kontinuierlich verbessern. Langfristig soll die Technologie vollautomatisiertes Fahren ermöglichen.
„2025 ist unser Jahr der globalen Expansion“, sagt Kendall. „Deutschland ist ein zentraler Baustein, um sichere, skalierbare KI-Software in Millionen Fahrzeuge zu bringen.“ Wayve arbeitet bereits mit europäischen und asiatischen Herstellern zusammen, darunter auch deutsche Marken. Durch die standortnahe Zusammenarbeit erhofft sich das Unternehmen kürzere Entwicklungszyklen und eine schnellere Markteinführung.
KI-Mobilität der nächsten Generation: Lernen statt programmieren
Wayves Technologie revolutioniert den Ansatz des autonomen Fahrens. Statt regelbasierter Algorithmen setzt das Unternehmen auf lernende, end-to-end trainierte KI-Modelle, die flexibel auf unbekannte Situationen reagieren. Die AV2.0-Plattform analysiert Daten aus Millionen von Kilometern, die von Testflotten und Partnern gesammelt werden. Dadurch kann das System selbständig Muster erkennen – vom Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer*innen bis zu seltenen Szenarien wie Baustellen oder Extremwetter.
Diese Skalierbarkeit ist ein Game-Changer: Während klassische autonome Systeme oft auf spezifische Regionen begrenzt sind, soll Wayves KI weltweit funktionieren – ohne aufwendige Nachkalibrierung. „Unser Ziel ist es, eine universelle Fahrintelligenz zu schaffen, die sich nahtlos in jede Umgebung integriert“, erklärt Kendall.
Ausblick: Deutschland als Innovationsmotor
Mit der Ansiedlung in Baden-Württemberg positioniert sich Wayve im Epizentrum der europäischen Automobiltransformation. Die Region kombiniert industrielle Stärke mit einer wachsenden Start-up-Szene und Initiativen wie dem Cyber Valley, Europas größtem KI-Forschungsverbund. Für deutsche Hersteller bietet die Partnerschaft Chancen, im Wettlauf um autonome Technologien aufzuholen – insbesondere gegen US-Konkurrenten wie Tesla oder Waymo.
Die Zukunft der Mobilität wird zunehmend softwaredefiniert, und Wayve setzt hier einen Kontrapunkt zu reinen Hardware-Lösungen. Ob sich der lernende KI-Ansatz durchsetzt, wird auch in Deutschland entschieden – auf den Straßen Stuttgarts, Münchens und Berlins.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.