Straße der Zukunft: Cleantech-Unternehmen verändern den Luftraum

Lilium Aviation, Rotorvox, e-volo und SolarStratos arbeiten am Traum vom Flugzeug für Jedermann / Elektromobilität und ihre Vorteile gezielt nutzen

Der Blick über die Stadt, raus aus den Fenstern der Wolkenkratzer wird sich radikal verändern. Drohnen, Ultraleichtflugzeuge und Gyrocopter werden das Bild prägen und damit den Luftraum zur Straße der Zukunft machen. Ziel ist es, kurze Strecken schneller zu überwinden, den gewöhnlichen Straßenverkehr und dessen Lärm- und Schadstoffemissionen zu reduzieren. Den disruptiven Wandel vorantreiben wollen gleich mehrere deutsche Ingenieurteams, die an durchaus unterschiedlichen Konzepten für die Mobilität der Zukunft arbeiten.

Lilium-Jet: Flugzeug für Jedermann

Joystick statt Lenkrad: Eines der Cleantech-Unternehmen, die kleine Elektro-Flugzeuge für Jedermann auf den Markt bringen möchten, ist Lilium Aviation aus Bayern. Das vierköpfige Gründerteam hat gerade für Aufsehen gesorgt: 10 Millionen Euro Venture Capital konnten in einer Finanzierungsrunde eingesammelt werden. Quasi seit dem Start schon wird Lilium von Höhle-der-Löwen-Investor Frank Thelen unterstützt und arbeitet daran, den Luftraum in die Straße der Zukunft zu verwandeln.

Straße der Zukunft: Lilium Aviation und der Traum vom Flugzeug für Jedermann

Der Lilium-Jet wird von zwölf Elektroturbinen auf jedem Flügel angetrieben werden und senkrecht starten können. Die Akkus werden bei einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 300 km/h für 500 Kilometer reichen – Die Strecke von München nach Leipzig lässt sich damit in weniger als zwei Stunden zurücklegen. Herzstück ist das computergesteuerte System, das den Flugvorgang „super einfach“ machen soll. Einen Flugschein für Ultraleichtflugzeuge braucht es laut heutiger Luftfahrtordnung trotzdem.

Leben retten mit dem Rotorvox RV2

Einen anderen Ansatz hat das Team von Rotorvox gewählt. Bei dem Fluggerät handelt es sich um einen Gyrocopter, dessen Rotor während des Fluges nicht durch einen Motor, sondern alleine vom Fahrtwind angetrieben wird. Ein Pusher-Motor hinter der Pilotenzelle sorgt für Vortrieb. Auftrieb hingegen entsteht durch die sogenannte Autorotation des Rotors.

Tiefensee zu Besuch bei Rotorvox

Der Rotorvox RV2 soll mit seinen spezifischen Vorteilen vor allem gegenüber Hubschraubern punkten: Die Betriebskosten sind günstiger, das Landen auf der Autobahn oder in der Nähe eines Hauses oder einer Unfallstelle viel einfacher möglich als mit dem Hubschrauber. Den Liegend-Transport in einem ihrer Prototypen hat das Thüringer Cleantech-Unternehmen schon vor einiger Zeit mit Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee unter Beweis gestellt.

Der Volocopter des Karlsruher Cleantech-Unternehmens E-Volo schaffte im März dieses Jahres seinen ersten bemannten Flug. „Der Flug war total super“, sagte E-Volo-Geschäftsführer Alexander Zosel im Anschluss. Bereits seit Februar 2016 verfügt der Volocopter VC200 über eine vorläufige Verkehrszulassung als Ultraleicht-Luftfahrtgerät.

Der Prototyp der aktuellen Generation, basierend auf einer Struktur aus Faserverbundwerkstoffen und damit in Leichtbauweise gefertigt, wurde zuletzt auch per Fernsteuerung u.a. Dynamik- und Flugmanöver-Tests unterzogen. Der Volocopter beherrscht neben dem Reiseflug die Fähigkeit zum senkrechten Starten und Landen sowie auf der Stelle schweben. Erklärtes Entwicklungsziel der Karlsruher e-volo GmbH ist es, das sicherste Luftsportgerät der Welt zu bauen. Dabei steht auch die Emissionsfreiheit des Flugverkehrs als Vision im Zentrum.

Volocopter VC200: Schubkraft durch Rotoren

Der Volocopter VC200 ist voll elektrisch angetrieben. Die Elektromotoren der 18 Antriebseinheiten werden von neun unabhängigen Akkus versorgt. Der Leistungsbedarf des VC200 beträgt im Schwebezustand bei einem Abfluggewicht von 450 Kilogramm je nach Luftdruck/Temperatur in etwa 45 Kilowatt.

Die für den der Schwerkraft entgegengesetzten Auftrieb nötige Schubkraft erzeugen beim Volocopter mehrere individuell und unabhängig angetriebene Rotoren mit jeweils zwei feststehenden Blättern. Im Unterschied zum Hubschrauber kann beim VC200 der Anstellwinkel der einzelnen Rotorblätter nicht verstellt werden.

Straße der Zukunft wird der Luftraum

Den Traum, nicht nur Kurzstrecken mit dem Elektroflieger zu schaffen, träumt schließlich auch Rafael Domjan: Der Schweizer Abenteurer – mit dem Solar-Schiff PlanetSolar umrundete er einst die Welt – möchte mit dem Solarflieger SolarStratos erstmals den Flug in die Stratosphäre wagen.

Verbrennungsmotoren würden bei niedrigem Druck und Temperaturen von Minus 80 Grad ihren Dienst verweigern – Elektromotoren hingegen können den widrigen Bedingungen Stand halten. An dem Projekt sind auch die Österreicher von Kreisel Electric beteiligt, deren besonders leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus für den Stratosphären-Flug ausgewählt wurden.

SolarStratos auf Höhenflug

Das Ziel des Projekts könnte sein, eines Tages auch mit Passagierflugzeugen in der Stratosphäre zu fliegen und durch die verkürzte Strecke die Flugdauer massiv zu verringern. Doch davor ist für 2018 zunächst einmal der rund fünfstündige Jungfernflug der SolarStratos geplant. 2018 wird überhaupt ein besonderes Jahr: Sowohl Lilium Aviation als auch E-Volo wollen 2018 das „Fliegen für Jedermann“ aus der Taufe heben. Werden sich bis dahin die Regularien für das Fliegen in niedriger Höhe so wandeln, damit das möglich und die Straße der Zukunft der Luftraum wird?

(Bildrechte: e-volo, SolarStratos, Lilium Aviation, Rotorvox)

1 Kommentar
  1. Jörg W. sagt

    Ein dermaßen mutmachender und vielversprechender Artikel! Ein großes Lob an den Autor und an die Redaktion, dafür dass Sie sich für dieses Thema entschieden haben. Es ist unumgänglich sich täglich Gedanken über die Zukunft zu machen. Wie werden wir in 5, 10 oder sogar 20 Jahren leben? Was wird sich verändern, und die wichtigste Frage überhaupt:

    Was wollen WIR verändern? Denn eins uns allen klar, so wie aktuell die Welt funktioniert können wir nicht 100%ig zufrieden sein. Es gibt eine Menge an Punkten, an denen die Menschheit noch stark daran arbeiten muss. Und das in allen Aspekten möglicher Bereiche: Politik, Wissenschaft, Gesellschaft, Sport und Wirtschaft.

    Die Straße der Zukunft stellt ja nicht nur eine „coole“ Innovation dar, die uns einfach mehr Möglichkeiten bietet. Nein, man möchte wie im Artikel erwähnt auch „Lärm- und Schadstoffemissionen (…) reduzieren“. Das müssen wir auch! Denken wir einfach an die globale Erderwärmung… aber man muss auch gestehen, dass wir heute schon stark daran arbeiten, weniger CO2 – Emissionen zu bilden. Oder einfach weniger Energie zu verschwenden… indem wir anstatt Glühbirnen auf LEDs wechseln. Sowohl im privaten als auch im industriellen Bereich. Ich arbeite seit langer Zeit in der Industrie und habe den Wandel selber mitbekommen. Bei elektron24.eu hat unser Chef die neuen Leuchtmittel gekauft, um unsere Arbeitsplätze besser auszuleuchten.

    Auf jeden Fall hat es mir viel Spaß bereitet diesen Artikel zu lesen. Wünsche allen Leser und Mitglieder der Redaktion einen guten Rutsch ins neue Jahr!

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