Gemeinde Bordesholm testet Inselbetrieb erfolgreich – für eine Stunde
10-Megawatt-Batteriespeicher und erneuerbare Energien sorgen für sichere Energieversorgung der 7.500 Einwohner-Gemeinde Bordesholm.
Am gestrigen Samstag war es von 15 bis 16 Uhr (Quelle: Holsteinischer Courier) soweit: In einem europaweit einmaligen Test trennte sich die Gemeinde Bordesholm vom Stromnetz – und versorgte seine 7.500 Einwohner für eine Stunde ausschließlich aus erneuerbaren Energien. Möglich macht es der 10-Megawatt-Batteriespeicher von RES, der dort in Schlewsig-Holstein im Mai 2019 in Betrieb genommen wurde.
Der Batteriespeicher mit einer Leistung von 10 Megawatt und einer Kapazität von 15 Megawattstunden besteht aus 48.000 Lithium-Ionen-Batterien. Das zehn Millionen Euro teure Schmuckstück ist nicht nur eine Technologie der Energiewende, sondern auch eines der modernsten Regelenergiekraftwerke der Welt. Denn seit 13. Mai 2019 stellt der Speicher Primärregelenergie für das europäische Stromnetz zur Verfügung.
Vorangetrieben wurde das Projekt entscheidend von den Bordesholmer Versorgungsbetrieben und in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der TH Köln. Fällt das vorgeschaltete Stromnetz aus, sorgt der Batteriespeicher für die stabile Netzfrequenz von 50 Hertz und für den sekündlichen Ausgleich zwischen allen Verbrauchern und Erzeugern, die angeschlossen sind.
In Bordesholm gibt es ausreichend erneuerbare Energien: Photovoltaikanlagen, BHKWs, eine Biogasanlage. Wichtig dabei ist auch das Glasfasernetz mit 111 Megabit pro Sekunde in der Gemeinde, das die stabile und schnelle Kommunikation zwischen den einzelnen Erzeugungsanlagen, den Verbrauchern und dem Batteriespeicher sicherstellt. Das Land Schleswig-Holstein hat – damals unter Umweltminister Robert Habeck – das Projekt mit 1,68 Millionen Euro gefördert.
Inselnetzfähigkeit und Schwarzstartfähigkeit
Das Batteriekraftwerk in Bordesholm von RES ist, so hat der gestrige Testlauf bewiesen, inselnetzfähig. Das bedeutet: Bei einem Stromausfall kann das lokale Netz in Bordesholm weiter betrieben werden. „Fällt in Europa das Licht aus, dann bleibt es in Bordesholm hell“ erklärte Frank Günther, Geschäftsführer der VBB in seiner Eröffnungsrede im Mai.
Die zukünftig dezentrale Energieversorgung aus 100% Erneuerbaren Energien bietet uns nun die einmalige Möglichkeit zum Aufbau eines zellulären Netzes aus vielen kleinen autarkiefähigen Stromnetzen, ähnlich einer Bienenwabenstruktur, die gemeinsam einen Netzverbund ergeben, aber auch eigenständig eine Region sicher versorgen können. Die erste Zelle dieser geplanten ‚Bienenwabenstruktur‘ ist nun Bordesholm.“
Frank Günther, Geschäftsführer der Versorgungsbetriebe Bordesholm VBB
Außerdem hat das Batteriekraftwerk seine Schwarzstartfähigkeit unter Beweis gestellt. Schwarzstart meint, dass ein Kraftwerk unabhängig vom Stromnetz hochgefahren werden kann. Der Batteriespeicher kann also ein abgeschaltetes Stromnetz neu aufbauen – bislang ist diese Fähigkeit fossilen Kraftwerken vorbehalten.
Pro Jahr soll der Batteriespeicher durch die Erbringung von Primärregelenergie Erlöse von einer Million Euro einspielen. Durch die Förderung rentiert sich Bau und Betrieb der Anlage also ca. im achten oder neunten Jahr, wenn die Einnahmen so sind, wie kalkuliert. Wie oft die 48.000 Batteriemodule ausgetauscht werden müssen, muss die Zukunft zeigen.
Bordesholm setzt auf SMA-Wechselrichter
Als Wechselrichter komm Sunny Batterie-Wechselrichter von SMA zum Einsatz. Konkret sieben Wechselrichter vom Typ Sunny Central Storage und ein SMA Hybrid Controller zur Steuerung des Gesamtsystems. Damit wird der RES-Batteriespeicher ins Versorgungsnetz integriert. Der Aufbau des Inselnetzes dauert mit den Wechselrichtern nur Millisekunden – exakt deshalb haben die Bordesholmer gestern um 15 Uhr gar nicht gemerkt, dass ihre Stromversorgung umgestellt wurde.
Neben der technischen Lösung zur Frequenzstabilisierung leistet das Projekt laut RES zudem einen positiven Beitrag zur Erreichung der deutschen Klimaziele: Der Speicher soll eine Einsparung von etwa 12.000 Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr direkt ermöglichen. In Bordesholm gibt es eine Netzlast von gut 21 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Rund 75 Prozent davon werden nach Angaben von RES unmittelbar am eigenen öffentlichen Stromnetz angeschlossenen erneuerbaren Energien erzeugt. Bis zum Jahr 2020 sollen es möglichst 100 Prozent erneuerbare Quellen sein.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
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