Cleanthinking-Startup des Tages: iPod- und Nest-Designer Tony Fadell investiert in Advano (New Orleans, USA).
Silizium gilt seit vielen Jahren als aussichtsreiches Anoden-Material für Lithium-Ionen-Batterien. Herkömmlich verwendetes Graphit kann Lithium-Ionen nur in begrenztem Umfang aufnehmen – dadurch wird die Energiedichte begrenzt. Silizium hingegen kann mit deutlich mehr Lithium-Ionen aufgeladen werden, was zu einer – theoretisch – bis zu zehn Mal höheren Energiedichte führt. Aber: Wird Silizium mit Lithium-Ionen geladen, dehnt es sich sehr stark aus, wodurch die Anode schon nach wenigen Ladezyklen zerstört werden kann. Das Cleanthinking-Startup des Tages Advano könnte eine Lösung gefunden haben.
Eine Lösung für das Problem könnte das Cleantech-Startup Advano gefunden haben. Der Materialhersteller produziert in großen Mengen Silizium-Nanopartikel. Um die Kosten zu reduzieren, bezieht Advano seine Rohmaterialien von Herstellern von Solarmodulen und Elektronik. Denn dort entsteht Siliziumwafer-Abfall, die Advano recycelt. Konkret verwendet Advano dafür einen chemischen Prozess, um die Wafer zu Nanopartikeln zu zermahlen und daraus Material zu schaffen, dass für Batterieanoden verwendet werden kann.
Silizium-Nanopartikel werden verpackt
Bei der Anoden-Herstellung werden die Silizium-Nanopartikel in eine starre Hülle verpackt, um sie vor schädlichen Wechselwirkungen mit dem Elektrolyten der Batterie zu schützen. Die Innenseite der Hülle wiederum ist eine Art Siliziumschwamm, der aufgrund seiner Porosität beim Aufladen der Batterie die Volumenvergrößerung abfedern kann. Advano nennt seine Silizium-Lösung A-SiFx.
Auch Tesla setzt mittlerweile auf speziell bearbeitetes Silizium in der Anoden, allerdings in kleinerer Ausprägung – ohne ohne auf Graphit zu verzichten. Der Autobauer streut speziell bearbeitetes Siliziumoxid (= Sand), das die Belastung durch das Aufquellen während des Ladevorgangs aushält, über die Graphitanode. Diese Methode, so schätzen Batterieexperten, hilft, die Energiedichte zu verbessern – aber nicht in dem Ausmaß, wie es Sila Nano oder Advano mit ihrer Methode anstreben.
Advano will Silizium-Anoden zeitnah in Unterhaltungselektronik einsetzen
Obwohl es noch ein weiter Weg ist, um aus diesen Forschungserfolgen Lithium-Silizium-Akkus zu machen, die beispielsweise Elektroautos antreiben – Advano steht nach eigener Aussage in Gesprächen mit Anbietern von Unterhaltungselektronik, diese Silizium-Anoden zu verwenden.
Auch Konkurrenten des Cleantech-Startup des Tages gehen einen ähnlichen Weg: Beispielsweise strebt Sila Nanotechnologies an, seine vergleichbare Technologie noch dieses Jahr in kleine Elektronikgeräte zu integrieren. Der deutsche Autobauer BMW setzt auf die Innovation von Sila Nano – und plant, Batterien mit Silizium-Anoden ab etwa 2023 in seinen Fahrzeugen einzusetzen. Auch Daimler arbeitet mit dem Cleantech-Unternehmen zusammen.
Alternative zur gehypten Feststoffbatterie
Oft werden Feststoffbatterien als Nachfolger von Lithium-Ionen-Akkus ab Mitte der 2020er Jahre beschrieben. Aber Silizium-Anoden liefern aus Sicht der Unternehmen ein ganz ähnliches Potenzial zur Verbesserung der Energiedichte und damit zu Reichweitensteigerung oder Gewichtsreduzierung von Elektroautos. Und: Der maßgebliche Vorteile könnte darin liegen, dass für Lithium-Silizium-Akkus keine veränderten Produktionskapazitäten geschaffen werden müssten – im Gegensatz zur Massenproduktion von Feststoffbatterien.
Im Vergleich zu Sila Nanotechnologies ist Advano erst jetzt, also rund zwei Jahre später, ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Advano hat im Januar mehr als 18 Millionen Dollar Venture Capital eingeworben – und mit dem iPod-Erfinder Tony Fadell einen prominenten Aufseher hinzugewonnen. Fadell hat nicht nur selbst über Future Shape in das Unternehmen investiert, sondern auch als Teil des Mitsui Kinzoku SBI Material Innovation Fund. Das japanische Mitsui Kinzoku gilt als einer der wichtigsten Hersteller von Batteriematerialen überhaupt.
Durch den Zusatz von Silizium zu Li-Ionen-Batterien kann deren Lebensdauer um das 10-fache verlängert werden. Stellen Sie sich vor, Sie könnten die „Reichweitenangst“ beseitigen: mehr Elektroautos, weniger CO2. Aber niemand war bisher in der Lage, die vier Schlüsselfragen gleichzeitig zu lösen: Materialausdehnung, Lebensdauer, Kosten und Skalierbarkeit bei der Herstellung. Die Batterieexperten von Advano sind die ersten, die sie alle erfolgreich angehen. Außerdem verwenden sie nachhaltig gewonnenes Silizium. Advanos innovative Arbeit mit Silizium ist der heilige Gral für Batterien.
Tony Fadell, Future Shape und Advano-Investor
Neben Fadell haben weitere namhafte Investoren in Advano investiert: Einerseits ist das Unternehmen Teil des Accelerators Y Combinator, andererseits zählt auch Paypal-Gründer Peter Thiel mit Thiel Capital zu den Geldgebern.
Aus Sicht von Advano-Gründer Alexander Girau besteht das Kernproblem weniger darin, eine leistungsstarke Batterie zu entwickeln. Die Kernfrage lautet vielmehr, ob man diese Batterie billig genug machen kann, um sie milliardenfach herzustellen. Mit seinem Ansatz, das Anoden-Material aus dem Recycling der Solar- und Elektronik-Industrie zu gewinnen, sieht sich Girau auf einem erfolgversprechenden Weg.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.