Air2E bestellt Elektroflugzeuge bei Bye Aerospace
Der deutsche Anbieter eines europäischen Air-Taxi-Services Air2E will seine Dienstleistung nachhaltiger und günstiger machen.
Im April 2021 hat das amerikanische Cleantech-Startup Bye Aerospace die Entwicklung einer Flotte von kleinen Elektroflugzeugen angekündigt – Cleanthinking berichtete darüber. Mit dem eFlyer 800 sollen ab Mitte des Jahrzehnts acht Passagiere samt Gepäck rein elektrisch über Distanzen von bis zu 900 Kilometer fliegen können. Jetzt verkündet Bye Aerospace erste Verkaufserfolge kommerzieller Air-Taxi-Serviceanbieter wie Air2E aus Neuhardenberg in Brandenburg. Das Cleantech-Unternehmen verfügt heute über eine Flotte von rund 20 Propeller-Maschinen – und bietet Unternehmen und Geschäftsreisen Flüge von und zu mehr als 1.000 Regionalflughäfen innerhalb Europas.
Air2E hat sich zum Ziel gesetzt, diesen Air-Taxi-Service günstiger und nachhaltiger zu machen. Dazu bietet der brandenburgische Anbieter jetzt individuelle Flüge für wenige Passagiere für 4 Euro pro Kilometer an. Dabei grenzt sich Air2E von Business-Fluglinien ab, die insbesondere auf Luxus setzen – und Preise pro Flugstunde verlangen. Die Brandenburger nutzen mehr als 1.000 Regionalflughäfen innerhalb Europas, und sind bei Zeit und Route von Flügen vor allem daran orientiert, was die Kunden wünschen.
Mit der Umstellung auf das neue Preissystem arbeitet die kleine Spezial-Fluglinie profitabel, will laut Geschäftsführer Norbert Werle alle Gewinne in den Kauf vollelektrischer Flugzeuge wie die von Bye Aerospace investieren. Je mehr Geschäftskunden heute bereit seien, den Flugtaxi-Service von Air2E zu nutzen, umso mehr Elektroflugzeuge könnten dann ab zirka 2025 hinzukommen. Werle ist ein passionierter Pilot, der u.a. an Kunstflug-Meisterschaften teilnahmen, und unternehmerisch bis vor einigen Jahren in der Windenergie tätig war.
Air2E und Bye Aerospace haben jetzt einen Kaufvertrag abgeschlossen – die Kosten pro Flugzeug und die exakte Anzahl ist aber nicht bekannt geworden. Klar ist: Bye Aerospace hatte im Frühjahr diesen Jahres angekündigt, den eFlyer 800 ab 2024 als Prototyp auf den Markt bringen zu wollen – ab 2025 soll es dann kommerziell in Serie zur Verfügung stehen.
Mit dem Einsatz der Elektroflugzeuge will Air2E seine Betriebskosten dann weiter deutlich senken, und den Flugtaxi-Dienst noch attraktiver machen. Dabei steht das Unternehmen, das bestehende Regionalflughäfen nutzt, in Konkurrenz zu Lilium oder Volocopter, die teilweise ähnliche Dienstleistungen mit vertikal startenden Flugtaxis etablieren wollen – dazu sollen aber in der Regel neue Standorte für Start und Landung entstehen.
Dabei ist die Zielsetzung des brandenburgischen Unternehmens eindeutig: „Die Mission von Air2E ist es, den Übergang zu einer nachhaltigen Luftfahrt zu beschleunigen, und jetzt sind wir mit dem eFlyer 800 diesem Ziel einen weiteren Schritt nähergekommen“, sagt Gründer und Geschäftsführer Norbert Werle. Heute geht es demnach vor allem darum, Geschäftsreisenden durch die hohe Anzahl denkbarer Flugplätze Zeit zu sparen.
Anstatt die Zeitpläne der Kunden an den Flugplan großer Verkehrsflugzeuge anzupassen, besteht der Air2E-Ansatz darin, die individuelle Luftfahrt auszubauen. Die Flexibilität, Kundenorientierung und äußerst wettbewerbsfähigen Preise dieses AirTaxi-Systems haben das Potenzial, den Flugverkehr völlig zu verändern.
Die Leistungsschätzungen für den eFlyer 800 entsprechen perfekt zu den Anforderungen von Airtaxi und regionalen Charteranbietern wie Air2E. Eine Reisegeschwindigkeit von bis zu 600 km/h würde die heutigen Reisezeiten nochmals erheblich beschleunigen. Die maximale Flughöhe von 10.000 Metern ermöglicht, wie bei Airlinern, Flüge über dem Wetter und eine Reichweite von > 900 km mit Reserven für unvorhergesehene Kursänderungen. Das würde für ca. 90% der Anforderungen an Geschäftsreisen innerhalb Europas ausreichen.
Ist der Air2E-Service zeitgemäß?
Die Frage bleibt natürlich, ob ein Flugtaxi-Service mit Flugzeugen für wenige Passagiere zeitgemäß sein kann, angesichts von Debatten über die Abschaffung von Kurzstreckenflügen aus Klimaschutzgründen. Klar ist, dass eine relativ effiziente Turboprop-Maschine, die noch dazu recht nah am Zielort landen kann, durchaus nachhaltig sein kann. Klimafreundlicher wird es dann, wenn tatsächlich die Umstellung auf Elektroflugzeuge gelingt.
Heute ist aber aus Umweltsicht ein Kernproblem des Services, dass zwar 1.000 Flughäfen angeflogen werden, es aber nur wenige Standorte gibt, an denen die Flugzeuge über Nacht präsent sind. Rein rechnerisch dürfte es eine größere Anzahl an Leerflügen geben müssen, um kurzfristig gebuchte Geschäftsreisen abdecken zu können.
Aus Klimasicht zusätzlich wichtig: Der Service sollte kein Freiflugschein sein, und zu zusätzlichen Flugbewegungen führen. Wenn damit letztlich „unvermeidbare“ Reisetätigkeit abgedeckt werden kann, kann es eine sinnvolle Lösung sein, die den Autoverkehr entlastet, und eine Alternative zur tendenziell langsamen Bahn ist. Der koordinierte Ausbau etwa von Nachtzugverbindungen durch Europa sollte aber keinesfalls unterlassen werden.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.