Aira übernimmt lokale Branchenführer, setzt auf Produkte von Vaillant und Daikin sowie eine eigene Produktion in Polen.
Sie heißen Qvantum, Lambda, Thermondo oder Aira, und ihr Ziel ist es, die deutsche Abkehr von Öl und Gas im Heizungskeller mit innovativen Wärmepumpen oder Dienstleistungen zu beschleunigen. Das Cleantech-Unternehmen Aira Home ist seit September 2023 auf dem deutschen Markt aktiv und will eine Wärmepumpen-Abo mit Anlagen von Vaillant und Daikin sowie Service-Dienstleistungen anbieten. Mit frischem Investorengeld planen die Schweden die Produktion eigener Lösungen.
Aira will eine Million deutsche Haushalte von Gas und Öl befreien, und damit die hiesige Wärmewende beschleunigen. Dafür ist das schwedische Cleantech-Unternehmen seit September 2023 auf dem deutschen Markt aktiv. Ein Teil der Aktivitäten sieht vor, durch Investitionen in „lokale Branchenführer“ zu expandieren. Im Oktober 2023 folgte der Beleg für die Strategie, die auch 1komma5° verfolgt, durch die Übernahme von Garant Wärmesysteme aus dem sächsischen Glauchau.
Aira plant, innerhalb der nächsten Dekade fünf Millionen Haushalte in ganz Europa mit bezahlbaren sauberen Energielösungen zu beliefern. Derzeit gibt es in Deutschland eine Million Haushalte, die von diesem Angebot profitieren könnten. Es gibt immer noch 130 Millionen Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, und die Heizung von Privathaushalten trägt daher als drittgrößte CO2-Emissionsquelle zehn Prozent zur Gesamtemission in Europa bei.
Das deutet an, dass es nicht beim ersten Geschäftsmodell, dem Wärmepumpen-Abo bleiben wird: Das Unternehmen strebt übergreifend nach der Unterstützung der Transformation durch die effiziente Elektrifizierung von Gebäuden.
Mit seinem Geschäftsmodell erinnert Aira an das kapitalintensive Solarleasing-Geschäftsmodell von Enpal oder DZ-4 – auch diese Unternehmen, die mit Photovoltaikanlagen und Speichern begannen, bieten mittlerweile Wärmepumpen an. Mit Jahresbeginn 2024 konnte eine stattliche Finanzierungsrunde abgeschlossen werden.
Aira legt allerdings Wert darauf, dass es sich nicht um ein Abo-Modell handelt, sondern um ein Finanzierungsangebot zu einem monatlichen Festpreis über zehn Jahre. Dabei soll ein Rund-um-Sorglos-Paket geschnürt werden, das etwa sämtliche Wartungen und Reparaturen einschließt. Im Unterschied zum Abo-Modell anderer Anbieter geht es hierbei also eher um ein Servicepaket auf Zeit. Konkreter will das Unternehmen in den kommenden Wochen werden.
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Series B: 145 Millionen Euro für Aira
Die Series-B-Finanzierungsrunde wurde von Altor, Kinnevik und Temasek angeführt, während auch die Familie Burda, Collaborative Fund, Creades, Lingotto, Nesta Impact Investments und Statkraft Ventures beteiligt waren. Ursprünglich wurde Aira von der Vargas Holding gegründet. Im Anschluss wurde eine Wachstumsfinanzierung in Form einer Series-A-Finanzierung über 35 Millionen Euro durchgeführt, an der Vargas, das Management, eine breitere Gruppe engagierter Mitarbeiter*innen und weitere Einzelinvestor*innen beteiligt waren.
Mit dem frischen Investorengeld investiert Aira in den Aufbau einer eigenen Produktion im polnischen Breslau. Entstehen sollen dort in der ersten Hälfte von 2024 „intelligente und vernetzte Wärmepumpen“ für den europäischen Markt. Konkret wird in Breslau eine Volvo-Busfabrik zum Wärmepumpenwerk umfunktioniert – und soll eines Tages eine Kapazität von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr bieten.
Finanzierung des Wärmepumpen-Festpreises
Daneben dienen die 145 Millionen Euro dazu, das Wärmepumpen-Finanzierungsangebot aufzubauen. Dabei zahlt der Kunde die Wärmepumpe inkl. Serviceleistungen nicht auf einen Schlag ab, sondern über einen monatlichen Festpreis. Noch sind die genauen Kosten dafür erst nach Angabe der eigenen Daten zu erkennen – Verbraucherschützer weisen generell darauf hin, dass Abomodelle bei Betrachtung der Gesamtkosten teurer sind als solche, bei denen die Investition zu Beginn bezahlt wird. Trotzdem können Abomodelle etwas für Menschen sein, die nur schwierig an einen Kredit herankommen oder ihr Risiko reduzieren wollen.
Das Unternehmen aus Schweden wirbt sehr engagiert mit bis zu 70 Prozent staatlicher Förderung auf seiner deutschen Webseite. Dieser Beitrag von Cleanthinking zeigt, welche Bedingungen eingehalten werden müssen, um in den Genuss dieser Zuschüsse zu kommen – so gibt es beispielsweise einen Beschleunigungsbonus.
Perspektivisch soll das Angebotsportfolio auf saubere Energietechnologien wie intelligente Wärmepumpen, PV-Anlagen, Batteriespeicher und Stromtarife ausgedehnt werden. Neben dem Festpreis-Angebot wird es aber auch stets die Möglichkeit geben, das 10-Jahres-Paket im Voraus zu bezahlen.
Wer steckt hinter dem Cleantech-Unternehmen?
CEO der Aira Group ist der Unternehmer Martin Lewerth mit Sitz in Stockholm. Dahinter steht die Vargas Holding, ein nicht-traditioneller Investor, der sich die Beschleunigung des Übergangs zu einer nachhaltigen Zukunft zum Ziel gesetzt hat – und damit an die Mission von Tesla erinnert. „Wir glauben fest an die Kraft von Innovation und Technologie und bauen Unternehmen auf, die Lösungen für die Herausforderungen von heute und morgen schaffen. Auf diese Weise werden wir unsere Vision erreichen, ein Prozent der globalen Emissionen zu dekarbonisieren“, heißt es auf der Webseite.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.