Licht statt Elektronen: Akhetonics entwickelt europäische Hochleistungschips
Sechs Millionen Euro für erste optische Chips, die NVIDIA, AMD und Intel Konkurrenz machen sollen
„Es gibt keine Hochleistungs-Computerchips aus Europa. Das wollen wir ändern!“ Mit diesen Worten beschreibt Michael Kissner, Gründer und CEO von Akhetonics, die Mission seines Cleantech-Startups. Gemeinsam mit seinem Partner Leonardo Del Bino will er Europa im globalen Chip-Wettlauf nach vorne bringen – und das mit einer disruptiven Technologie: Akhetonics entwickelt Prozessoren, die Informationen mit Hilfe von Licht statt Elektronen verarbeiten. Sechs Mio. € frisches Kapital von Investoren und die Förderung durch die Bundesagentur für Sprunginnovationen unterstreichen das disruptive Potenzial dieser Idee.
Die Finanzierungsrunde wurde angeführt von Matterwave Ventures, einem auf Deep-Tech spezialisierten Risikokapitalgeber. „Akhetonics ist ein Game-Changer“, sagt Christian Reitberger, Partner bei Matterwave. „Die optische Technologie hat das Potenzial, die Chipindustrie nachhaltig zu verändern.“ Zu den weiteren Investoren gehören 468 Capital, Bayern Kapital, Runa Capital, Rheingau Founders, Interface Capital und Constructor Capital sowie zahlreiche Business Angels.
„Wir bauen die Computer der Zukunft“, erklärt Leonardo Del Bino, CTO von Akhetonics. „Unsere Chips sind nicht nur schneller und energieeffizienter, sondern auch sicherer und nachhaltiger als herkömmliche elektronische Prozessoren.“
Europäische Chips: Warum sie so wichtig sind
Die Abhängigkeit von außereuropäischen Chipherstellern birgt enorme Risiken:
- Lieferengpässe: Die Corona-Pandemie und geopolitische Spannungen haben gezeigt, wie schnell Lieferketten zusammenbrechen und ganze Industriezweige lahmlegen können.
- Sicherheitsrisiken: In sicherheitskritischen Bereichen wie der Verteidigung, der Luft- und Raumfahrt oder in kritischen Infrastrukturen ist die Abhängigkeit von ausländischen Chip-Lieferanten ein unkalkulierbares Risiko.
- Technologische Souveränität: Europa droht den Anschluss im globalen Technologie-Wettlauf zu verlieren, wenn es nicht in der Lage ist, eigene Hochleistungschips zu entwickeln und zu produzieren.
Intel in Magdeburg: Ein Hoffnungsschimmer mit Fragezeichen
Die geplante Chipfabrik von Intel in Magdeburg sollte eigentlich ein wichtiger Schritt in Richtung europäischer Chip-Souveränität sein. Doch das Projekt liegt derzeit auf Eis, da Intel höhere Fördergelder von der Bundesregierung fordert. Unklar ist zudem, welche Art von Chips in Magdeburg produziert werden sollten. Hochleistungschips für den europäischen Markt wären ein wichtiges Signal, doch ob Intel diese Strategie verfolgt, ist fraglich.
Akhetonics: Ein Leuchtturm der europäischen Chipindustrie
In diesem Kontext ist Akhetonics ein Hoffnungsträger. Das Startup entwickelt nicht nur eine innovative Technologie, sondern setzt auch auf eine vollständig europäische Lieferkette. Damit leistet Akhetonics einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der technologischen Souveränität Europas.
Lichtgeschwindigkeit voraus: Die Vorteile der optischen Technologie
Die optische Technologie von Akhetonics bietet gegenüber herkömmlichen elektronischen Prozessoren zahlreiche Vorteile:
- Geschwindigkeit: Photonen bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit, was eine deutlich schnellere Datenverarbeitung ermöglicht.
- Energieeffizienz: Optische Prozessoren verbrauchen weniger Energie und tragen so zu einer nachhaltigeren IT-Landschaft bei.
- Sicherheit: Die Chips sind unempfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen, was sie ideal für den Einsatz in sicherheitskritischen Bereichen macht.
- Nachhaltige Produktion: Die Fertigung der Photonikchips erfolgt in europäischen Fabriken und benötigt im Vergleich zu herkömmlichen Chips weniger Ressourcen.
Herausforderungen und Chancen
Obwohl die Technologie von Akhetonics als vielversprechend gilt, gibt es auch Herausforderungen. Ein Hindernis ist die Kompatibilität mit gängiger Software, die für elektronische Prozessoren entwickelt wurde. Das Cleantech-Unternehmen konzentriert sich daher zunächst auf Pilotprojekte mit zwei Kunden, um die Leistungsfähigkeit und die Vorteile ihrer Technologie in der Praxis zu demonstrieren.
Licht gegen Elektronen: Ein Paradigmenwechsel in der Chipindustrie
Akhetonics profitiert nicht nur vom wachsenden Bedarf an europäischen Hochleistungschips, sondern auch von der Förderung durch die Bundesagentur für Sprunginnovationen. „Diese Förderung ist eine wichtige Bestätigung für unsere Arbeit“, sagt Michael Kissner. „Sie zeigt, dass wir mit unserer Technologie wirklich Neuland betreten.“
Die Idee, Licht zur Informationsverarbeitung zu nutzen, ist nicht neu. Doch erst in den letzten Jahren haben die Fortschritte in der Photonik die Entwicklung von optischen Prozessoren möglich gemacht. Akhetonics ist eines der wenigen Unternehmen weltweit, die an dieser Technologie arbeiten.
Diamanten als Kühlungslösung: Weiterer Trend der Chipindustrie
Neben dem Ansatz von Akhetonics gibt es weitere innovative Entwicklungen im Bereich der Chiptechnologie, die auf die Herausforderungen der Kühlung reagieren. Das US-amerikanische Unternehmen Diamond Foundry, in das auch Leonardo DiCaprio investiert hat, produziert synthetische Diamant-Wafer, die als Kühlkörper für Hochleistungschips dienen.
Diese Technologie ermöglicht es, die Taktrate von Prozessoren deutlich zu erhöhen und so die Rechenleistung zu steigern. Auch das Startup aus München und Berlin könnte von dieser Technologie profitieren und die Diamantkühlung in Zukunft in seine optischen Prozessoren integrieren.
Ein Blick in die Zukunft
Akhetonics hat das Potenzial, die Chipindustrie nachhaltig zu prägen und Europas Rolle im globalen Technologiemarkt zu stärken. Die optische Technologie verspricht nicht nur schnellere und energieeffizientere Computer, sondern auch mehr Sicherheit und Unabhängigkeit. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Technologie der Münchener in den kommenden Jahren entwickelt.
Mehr erfahren: Artikel der Bundesagentur für Sprunginnovationen
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.