Cleantech: Wie Aldag, Wurzbacher und Co. die Welt zum Besseren verändern
Wie eine neue Unternehmergeneration mit Sunfire, Redwood Materials oder Climeworks die Transformation schaffen und die Welt zum Besseren verändern will.
Sunfire, Redwood Materials oder Climeworks – der Kreis der Cleantech-Unternehmen, die maßgeblich dazu beitragen wollen, unseren Planeten lebenswert zu halten, wird zunehmend länger. Sie entwickeln Elektrolyseure, ermöglichen die Kreislaufwirtschaft für E-Auto-Batterien oder filtern Kohlendioxid, um es sicher unter der Erde zu speichern. Die Gründer Aldag, Straubel oder Wurzbacher leiten nach wie vor die Geschicke dieser schnell wachsenden Unternehmen – und sind doch in der Öffentlichkeit unbekannt. Was treibt die Gründer an?
Aldag macht Erneuerbare verfügbar
Als Nils Aldag (Jahrgang 1986) im Jahr 2010 das Cleantech-Unternehmen Sunfire gründete, war er gerade einmal 24 Jahre alt. Aus einer Unternehmerfamilie stammend hatte der Norddeutsche eine Idee: Erneuerbare Energien überall und jederzeit verfügbar machen. Dafür, so der Plan von ihm und sein Mitgründern Christian von Olshausen und Carl Berninghausen, sollte eine innovative Elektrolyselösung entwickelt werden. Das Ziel: Strom aus Wind oder Sonne, der gerade nicht gebraucht wird, über die Elektrolyse als Wasserstoff chemisch speichern – und dann nutzbar machen, wenn Bedarf vorhanden ist.
Für einige Jahre wirkte es so, als seien Aldag, Berninghausen und Olshausen mit ihrer Idee zu früh an den Markt gekommen: Im Jahr 2012 begann die lange, fast eine Dekade währende Phase, die heute auch als Altmaier-Delle beschrieben wird: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wurde abgewürgt, die produzierende Solarindustrie in Deutschland verschwand, unzählige Solarteure mussten aufgeben. Trotz dieser Delle schaffte es Aldag, der zwischenzeitlich Co-Geschäftsführer und Finanzchef (CFO) wurde, aus Sunfire ein Energieunternehmen mit einer besonders effizienten Elektrolyse-Technologie zu formen. Deren Einsatz wurde beispielsweise direkt auf dem Gelände von Sunfire in der Dresdner Gasanstaltstraße nachgewiesen: Aus CO2, Wasser und Ökostrom kann Sunfire synthetische Kraftstoffe machen, die als Benzin-, Diesel- oder Kerosinersatz genutzt werden können.
Der Kern der Technologie besteht aber darin, entweder grünen Wasserstoff oder ein Synthesegas herzustellen, das etwa in der Chemieindustrie fossile Energieträger ersetzen kann. Heute ist Dekarbonisierung der Industrie ein geflügeltes Wort – und Sunfire mit mittlerweile 400 Mitarbeitern ein aufstrebendes Energie-Unternehmen geworden, dessen Technologien aus vielen Energiewende-Projekten kaum noch wegzudenken sind. Beispielsweise im Einsatz beim Stahlhersteller Salzgitter.
Nils Aldag hat als Unternehmer, der etwas anpacken wollte, was seinen Kindern eines Tages eine bessere Welt hinterlässt, Geduld bewiesen: Mit etwas mehr als einer Dekade Anlauf ist aus ihm in der Energie- und Cleantech-Szene Europas ein viel beachteter Unternehmer und der strategische Kopf von Sunfire geworden, dessen Reise noch längst nicht zu Ende ist. Denn der Wasserstoff-Hunger der Wirtschaft sowie insbesondere in der Mobilität ist enorm. Zu den Investoren von Sunfire zählt mittlerweile beispielsweise Amazon mit seinem Pledge Fonds.
Der gebürtige Hamburger Aldag ist Teil einer neuen Unternehmergeneration zu der beispielsweise auch Jan Wurzbacher und Jeffrey Straubel zählen, die den Planeten mit Technologien und Innovationen nachhaltiger machen wollen. Allen gemein ist dabei der Grundgedanke, aus der Verbrennung fossiler Energieträger auszusteigen. Gutes tun, die Transformation ermöglichen und gleichzeitig als Unternehmer überaus erfolgreich sein – diesen Spagat schaffen die Gründer des neuen Typus.
Wurzbacher filtert CO2 aus der Atmosphäre
Jan Wurzbacher, ebenfalls gebürtiger Norddeutscher, traf am ersten Tag seines Maschinenbau-Studiums an der ETH Zürich auf seinen heutigen Freund und Co-Gründer von Climeworks. Gemeinsam arbeitet das Cleantech-Unternehmen daran, Kohlendioxid aus der Luft zu filtern, um es entweder unterirdisch zu speichern oder für die Industrie nutzbar zu machen – dabei ist die Technologie durchaus komplementär zu dem, was Sunfire macht, um synthetisches Kerosin herzustellen.
Gebald und Wurzbacher, die als gebürtige Deutsche an der ETH rasch Freunde wurden, fingen im kleinsten Maßstab an: Im Labor gelang es, Kohlendioxid mit bestimmten Materialien zu filtern – und anschließend durch Erhitzung von dem Material wiederum zu lösen. Mittlerweile sind aus den wenig Gramm einige Tonnen geworden, die die beiden Climeworks-Gründer filtern und anschließend sicher speichern können. Im Jahr 2020 bestaunte auch Greta Thunberg bei einer Stippvisite in Hinwil die Technologie von Wurzbacher.
Oft belächelt, hat die Herstellung „Negativer Emissionen“ mittlerweile Eingang in die Szenarien des IPCC zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels gefunden. Elon Musk und Bill Gates engagieren sich für die Kohlendioxid-Entfernung aus der Atmosphäre, genauso wie die amerikanische Regierung und die EU-Kommission. Trotzdem ist es auch für Wurzbacher noch ein weiter Weg: Richtigen Impact hat die Technologie seines Unternehmens erst dann, wenn der Gigawatt-Maßstab erreicht wird. Dazu müssen die Cleantech-Unternehmer, die die Welt zum Bessern verändern wollen, eine gewaltige Industrie rund um Negative Emissionen aufbauen.
Straubel recycelt Batterie-Materialien
Ein dritter Gründer aus der Riege der neuen Unternehmergeneration, die mit Cleantech die Welt ein Stück besser machen und die Transformation weg von fossilen Rohstoffen realisieren will, ist Jeffrey Straubel. Im Unterschied zu Aldag und Wurzbacher ist es für Straubel nicht die erste relevante Unternehmenskarriere bei seinem heutigen Cleantech-Unternehmen Redwood Materials. Zuvor verbrachte Straubel 15 Jahre an der Seite von Elon Musk als Technikchef von Tesla.
Mit Redwood Materials arbeitet Straubel daran, ein zentrales Problem der Mobilitätswende zu lösen: Für viele Millionen Fahrzeuge braucht es viele Rohstoffe. Diese zeigen jetzt schon Preissprünge – neben diesen ökonomischen Erwägungen macht es auch aus ökologischer Sicht Sinn, die Materialien aus ausgedienten E-Auto-Akkus zu recyceln. Und genau daran arbeitet Straubel im XXL-Maßstab,
Redwood Materials hat erst vor wenigen Tagen die nächste Großinvestition in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar angekündigt (Quelle: Reuters) – und zählt mittlerweile u.a. Volkswagen zu seinen Kunden.
Aldag, Wurzbacher & Straubel – drei Unternehmer, die mit Cleantech nicht nur an ihre eigene Karriere denken, sondern dazu beitragen wollen und es bereits tun, dass wir ressourceneffizienter und sauberer wirtschaften können. Die drei vorgestellten Cleantech-Unternehmer sind nur drei von ganz vielen, engagierten und erfolgreichen, weiteren Unternehmern, die ihre Ideen voranbringen.
Deren Engagement macht Mut, dass es noch gelingen kann, den Planet lebenswert zu halten und die Welt zu verändern. Die begonnene Reise von Climeworks, Sunfire oder Redwood Materials hat gerade erst begonnen…
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Mich würde die Energiebilanz des Verfahrens zur E-fuel-Synthese doch sehr interessieren.