Amazon bestellt 100.000 Elektro-Transporter und will bis 2040 klimaneutral werden
Elektro-Transporter werden vom Cleantech-Startup Rivian geliefert, in das Amazon 700 Millionen investierte.
Diese Nachricht, beinahe beiläufig von Amazon-CEO Jeff Bezos formuliert, ist ein gutes Symbol dafür, welche Dynamik die Elektromobilität in einigen Segmenten bereits erreicht hat. Amazon bestellt 100.000 (!) Elektro-Transporter bei Rivian, dem Startup, das bisher eher mit Prototypen von Fahrzeugen für Furore sorgte, die Abenteuer versprechen. Auf Druck der eigenen Belegschaft will der Gigant Amazon sich bis 2030 mit 100 Prozent erneuerbaren Energien versorgen.
Im Februar diesen Jahres hat Amazon sage und schreibe 700 Millionen US-Dollar in das Cleantech-Startup Rivian investiert. Das Unternehmen überzeugte bislang mit einzigartigen Messeauftritten und Prototypen für einen Pickup-Truck und ein SUV. Beide Fahrzeuge sollen Ende des kommenden Jahres in Serienproduktion gehen – und unter anderem mit herausragenden Spezifikationen Tesla Konkurrenz machen.
Am Freitag hat eine eigene Gruppe Amazon-Mitarbeiter für mehr Klimaschutz des Konzerns protestiert. Jeff Bezos hat jetzt reagiert und die Gründung der Organisation Climate Pledge angekündigt – sie hat zum Ziel, das Pariser Klimaabkommen zehn Jahre früher als vorgesehen, einzuhalten.
Die Zusage von Bezos kam einen Tag vor dem geplanten Verlassen der Büros von mehr als 1.500 Amazon-Mitarbeitern, um die Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was sie als die Untätigkeit des Unternehmens gegenüber dem Klimawandel ansehen. Der Protest ist Teil eines breiteren Streiks, der von der 16-jährigen Klimaaktivistin Greta Thunberg im Vorfeld des Klimagipfels der Vereinten Nationen nächste Woche organisiert wurde.
Bedeutet: Amazon will bis 2024 80 Prozent erneuerbare Energien nutzen und bis 2030 vollständig umgestiegen sein. Bis 2040 will man komplett klimaneutral agieren – zehn Jahre früher als es das Pariser Klimaabkommen vorsieht. Im Zusammenhang mit dieser Initiative folgte auch die Bekanntgabe der Bestellung von 100.000 Elektro-Transportern von Rivian. Die ersten Fahrzeuge sollen kurz nach dem Produktionsstart der Endverbraucher-Fahrzeuge Ende 2020, also im Jahr 2021, eintreffen.
Amazon hat in den letzten Jahren ein Team von Hunderten von Mitarbeitern aufgebaut, die sich auf Nachhaltigkeitsthemen konzentrieren und die Flotte der Wind- und Solarparks des Unternehmens überwachen und Experimente mit umweltfreundlichen Verpackungen und Geschäftspraktiken leiten. Die Gruppe leitete auch die Entwicklung der Amazon-Methodik zur Berechnung des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens. Aber die Gruppe hatte sich nicht verpflichtet, das Ergebnis ihrer Arbeit an Treibhausgasen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bis die Mitarbeiter von Amazon ihre Lobbykampagne begannen, so eine mit den Diskussionen vertraute Person.
Amazon ist relativ spät unter den Technologieunternehmen, um seine Umweltauswirkungen zu teilen, sagen Experten. Apple hat in den letzten zehn Jahren einen Umweltverträglichkeitsbericht mit zunehmendem Detaillierungsgrad veröffentlicht. Google hat erstmals im Jahr 2011 einen umfassenden Bericht über seinen Energieverbrauch veröffentlicht.
Mehr Fotos oder Details zum elektrischen Van von Rivian sind bislang nicht bekannt – Gerüchten zufolge, soll sich das in der kommenden Woche aber ändern. Rivian hat eine große Fabrik im US-Bundesstaat Illinois, wo gerade die Fertigung für die beiden Fahrzeuge (SUV, Pickup) entsteht, die kommendes Jahr – am Ende kommenden Jahres – auf den Markt kommen sollen.
Muss Rivian für Amazon die Fabrik in Illinois ausbauen?
Unklar ist, inwiefern die Fabrik mit einem weiteren Auftrag, 100.000 Elektro-Transporter für Amazon zu bauen, schon erweitert werden muss. Bislang ist die Fabrik nach offiziellen Angaben auf 200.000 Elektrofahrzeuge pro Jahr ausgerichtet. Geht man von einem Verkaufspreis von etwa 40.000 Dollar aus, hat der Auftrag von Amazon immerhin ein Volumen von vier Milliarden US-Dollar.
Die Zusammenarbeit von Amazon und Rivian ist ein Musterbeispiel dafür, wie die „neue“ Automobilindustrie die alte Automobilindustrie ablöst. Amazon möchte Fahrzeuge haben, die exakt auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die bekommt der Gigant offenbar nicht bei Ford oder Daimler. Daher geht das Unternehmen das vermeintliche Risiko der Zusammenarbeit mit einem Startup ein, das bislang keine Serienproduktion gestemmt hat.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.