In den kommenden Jahren müssen 300 Millionen Nutzfahrzeuge elektrifiziert werden.
Sie heißen Volta, Arrival, Hyzon oder Nikola. Mit zunehmender Dynamik präsentieren Cleantech-Startups elektrische Nutzfahrzeuge, die exakt den Bedürfnissen von Flottenbetreibern wie UPS, DPD oder Anheuser-Busch. Das Potenzial zur Emissionsreduktion ist gewaltig – schließlich muss ein Fuhrpark von 300 Millionen Fahrzeugen ersetzt werden.
Arrival ist ein britisches Cleantech-Startup, das schon seit einigen Jahren mit dem Postdienstleister UPS zusammenarbeitet. Zu den Investoren gehört der Konzern hinter Hyundai und Kia. Die ersten 10.000 Lieferfahrzeuge, die Arrival in Großbritannien für UPS herstellt, sollen bis 2024 ausgeliefert werden. Das Unternehmen spricht von einer zweiten Generation der Elektromobilität, die nun über den gesamten Lebenszyklus günstiger ist als bisherige Fahrzeuge.
Der UPS-Truck hat eine Reichweite von 190 Kilometern und soll damit entsprechende Tagestouren abdecken. Neben dem Stammsitz in London hat Arrival zwei Fabriken in Banbury und Bicester. Alle Fahrzeuge – die exakten Abmessungen sind noch nicht bekannt – basieren auf einer einheitlichen Plattform. So können sehr variabel Fahrzeuge angeboten werden.
Schneller im Realbetrieb für einen Postdienstleister will das Cleantech-Startup Volta Trucks sein. Mit dem Volta Zero wird der erste, speziell angefertigte vollelektrische 16-Tonnen-Lieferwagen schon ab dem ersten Quartal 2021 bei DPD UK im täglichen Einsatz getestet. In der besonders auf Emissionsreduktion getrimmten britischen Hauptstadt London soll zudem eine Mikrodepot-Strategie erprobt werden.
Die Vorteile der Elektromobilität schlagen dabei voll durch: Die emissionsfreien und geräuscharmen Fahrzeuge können Auslieferungen auch dann übernehmen, wenn laute Dieselfahrzeuge nicht mehr fahren dürften. Sowohl der Truck von Volta als auch der von Arrival bieten dazu eine deutlich bessere Rundumsicht für den Fahrer, was die Sicherheit erhöht.
Trucks von Volta oder Arrival als Überschuss-Speicher
Mindestens die Arrival-Fahrzeuge sind noch auf eine andere Zukunftsperspektive vorbereitet: Sie können nicht nur elektrische Energie aus dem Netz aufnehmen, sondern auch wieder abgeben. Da ein solches Fahrzeug gewöhnlich nur 120 Kilometer pro Tag zurücklegt, ist es im Depot auch schnell aufgeladen – und kann bis zum nächsten Einsatz systemdienlich als Überschuss-Speicher für erneuerbare Energien genutzt werden.
Voraussetzung dafür ist aber, dass die Stückzahlen schnell hochgehen, damit die Fahrzeuge genügend systemdienliche „Pausen“ einlegen können. Wahrscheinlich denkt Elon Musk mit seiner Autobidder-Software genau an Partner wie Volta oder Arrival, wenn es ihm darum geht, möglichst viele Speicher virtuell zusammenzuschließen.
Die neuen Fahrzeuge sind ohne Frage ein Schub für den elektrischen Lieferverkehr. Aber bei heute 300 Millionen Nutzfahrzeugen sind die Stückzahlen derzeit noch klein. Und: Es braucht zusätzliche Lösungen wie Lieferfahrräder, Drohnen oder viele andere Optionen, um den gewaltig wachsenden Lieferverkehr abdecken zu können.
300 Millionen Nutzfahrzeuge, nicht nur bei Lieferdiensten, müssen in den kommenden Jahrzehnten ausgetauscht werden. Mit Unternehmen wie Volta, Arrival, Nikola oder Hyzon stecken neue Player in den Startlöchern, die sich beweisen müssen. Aber es braucht auch die Massenhersteller, damit die Elektrifizierung im Nutzfahrzeugsektor gelingen kann.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.