Der Autovermieter Hertz will ein Drittel seiner amerikanischen Elektroauto-Flotte verkaufen. Es geht um 20.000 Elektrofahrzeuge. Als Grund nennt der Autovermieter vor allem, dass die Nachfrage nach E-Autos zu schwach ist und batteriebetriebene Fahrzeuge höhere Reparaturkosten verursachen. Daher soll in kleinem Maßstab wieder in Verbrenner-PKW investiert werden. Doch ein Kernproblem ist eher, dass insbesondere Tesla intensiv an der Preisschraube für Neufahrzeuge gedreht hat – und der Wiederverkaufswert von Flottenfahrzeugen gesunken ist.
Der Vermieter hatte 2021 angekündigt, 100.000 Fahrzeuge von Tesla zu kaufen und in den nächsten vier Jahren 175.000 Elektrofahrzeuge von General Motors und 65.000 weitere Autos von Polestar hinzuzufügen. Derzeit liegt der Anteil der Elektroautos an der Hertz-Flotte in den USA bei elf Prozent.
Mit der frühzeitigen Veräußerung insbesondere der Teslas will Hertz trotz Abschreibungen den eigenen Gewinn erhöhen. Der Börsenkurs von Hertz geriet dennoch nach der Meldung unter Druck. Schon im vergangenen Jahr verlor die Aktie ein Drittel ihres Wertes.
Bloomberg sieht die Entscheidung von Hertz einerseits als „dramatische Kehrtwende“, die die schwindende Nachfrage nach reinen Elektroautos in den USA unterstreichen soll. Im vierten Quartal lag das Wachstum der Elektroauto-Verkäufe bei nur noch 1,3 Prozent. Grund sind hohe Kosten und gestiegene Zinsen.
Autovermieter Hertz: Ein Zeichen von Wachstumsschmerzen
Der Autovermieter Hertz verzeichnete in 2H23 erhöhte Kosten für seine elektrische Flotte. Die nun folgende Korrektur wird von Experten eher als ein Zeichen von Wachstumsschmerzen gedeutet – und weniger als generelle Abkehr von Elektroautos in Vermieter-Flotten. Letztlich will das Unternehmen wieder ein besseres Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage schaffen, teilte es mit.
Es ist vollkommen klar, dass es auf einem stark wachsenden Markt zu solchen Verwerfungen kommen kann. Insofern ist der Schritt von Hertz alles Andere als ungewöhnlich. Immer dann, wenn sich der Fokus von den Gesamtkosten eines Autokaufs stark auf die Anschaffungskosten konzentriert, werden Verbrenner-PKW unter Umständen noch bevorzugt.
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Allerdings ist allein durch den Druck des Klimawandels und der globalen Zielsetzungen in Richtung Klimaneutralität glasklar gesetzt, dass der Wertverlust von Verbrenner-PKW in den kommenden Jahren weit höher sein wird. Insofern kann die Hertz-Maßnahme als fragwürdige Kurzfrist-Entscheidung interpretiert werden. Weitere Preissenkungen etwa von Tesla sind nicht ausgeschlossen.
Umsetzung der Elektroauto-Strategie dauert länger
Aus der Perspektive von Stephen M. Scherr, dem CEO des Autovermieters Hertz, bedeutet das: Die Umsetzung der Elektroauto-Strategie dauert länger. So hat etwa GM die Produktion des für 30.000 Dollar verkauften Chevrolet Bolt im vergangenen Jahr eingestellt. Stattdessen kaum der Chevy Equinox für 35.000 Dollar auf den Markt. Solche Fahrzeuge seien leichter rentabel zu vermieten, betont Scherr.
Von der elektrischen Flotte, die elf Prozent der Gesamtflotte ausmacht, waren bislang 80 Prozent Tesla-Automobile. In Zukunft will Scherr die Nachfrage nach E-Autos aufmerksam beobachten, bevor weitere Käufe von E-Fahrzeugen stattfinden können.
In Deutschland wirbt der Autovermieter Hertz unterdessen mit „einer der größten elektrischen Mietwagenflotten der Welt“ und bietet neben dem Tesla Model 3 Standard Range auch den Polestar 2 und weitere Fahrzeuge zur Miete an. In Europa kooperiert Hertz stark mit Uber, wie etwa die Automobilwoche berichtet. Bis 2025 sollen Uber-Fahrern 25.000 Elektrofahrzeuge auf dem gesamten Kontinent zur Verfügung stehen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.