AKW Brokdorf soll ab 2026 zum riesigen Batteriespeicherkraftwerk umgebaut werden.
Um die ökologisch-soziale Transformation mitsamt der Energiewende zu stemmen, ist es besonders wertvoll, bereits existierende Strukturen beim Wandel zu berücksichtigen. So passiert das höchstwahrscheinlich im schleswig-holsteinischen Brokdorf: Dort, wo einst das Atomkraftwerk große Mengen Strom erzeugte, könnte ab 2026 der Batteriespeicher Brokdorf entstehen – eine Art Leuchtturm für die Energiewende in Norddeutschland. Denn: Die komplette Netzanbindung kann erhalten bleiben – und für die Stabilisierung der Hochspannungsnetze werden ohnehin Speicher benötigt.
Der Batteriespeicher Brokdorf auf dem Gelände des vom Netz genommenen AKW könnte einer der größten Batteriespeicher innerhalb der Europäischen Union werden. Das zeigt: Auch in Deutschland kommt mittlerweile Schwung in den Aufbau von Speicherlösungen auf allen Netzebenen. Die Endverbraucher haben in diesem Jahr voraussichtlich mehr als 500.000 neue Heimspeicher installiert – daneben werden zumindest europaweit auch neue, saubere Technologien wie Energy Dome oder Energy Vault getestet.
Zuletzt hatte Eco Stor einen großen Batteriespeicher angekündigt: Wittlich-Wengerohr: Europas größter Batteriespeicher.
Das Kernkraftwerk in Brokdorf ist im Zuge des Atomausstiegs Ende 2021 vom Netz gegangen. Betreiber PreussenElektra hat sich mittlerweile auf den Rückbau von Kernkraftwerken spezialisiert und wartet seitdem auf die Erteilung der 2017 beantragten Stilllegungs- und Abbaugenehmigung. Im Anschluss soll unmittelbar mit dem Rückbau des Atomkraftwerks in Brokdorf begonnen werden.
Batteriespeicher Brokdorf mit 800 Megawatt Leistung
Der Batteriespeicher in Brokdorf auf dem ehemalige AKW-Gelände, der die Infrastruktur des Kernkraftwerks weiternutzen soll, soll nach den Plänen von PreussenElektra und E.ON in mehreren Stufen auf bis zu 800 Megawatt Leistung und 1.600 Megawattstunden Speicherkapazität ausgebaut werden. Die Inbetriebnahme der ersten Stufe könnte im Jahr 2026 passieren. Mit dem vollen Ausbau ist aber erst Mitte der 30er Jahre zu rechnen.
800 Megawatt Leistung und 1.600 Megawattstunden Speicherkapazität entsprechen der Versorgung von 1,5 Millionen Haushalten in Brokdorf über zwei Stunden. Für PreussenElektra, das den ersten Teil der Rückbaugenehmigung Mitte 2024 von der Kieler Landesregierung erwartet, beschäftigt in Brokdorf noch mehr als 250 Menschen. Deren Fachwissen soll beim Umbau zum Batteriekraftwerk entscheidend helfen.
Den Überlegungen für den großen Batteriespeicher zum Netzausgleich vorausgegangen, war eine Prüfung der „örtlichen Gegebenheiten“ am Standort Brokdorf. Das Ergebnis: Das Kraftwerksgelände ist für den Bau eines solchen Speicherkraftwerks „prädestiniert.“ Das ist überdies ein gutes Signal für die Energiewende in Deutschland – denn neben dem Ausbau von Solar, Wind und Geothermie stehen jetzt Speicher-Lösungen und Flexibilisierungsmöglichkeiten ganz oben auf der Agenda.
Nähe zum Umspannwerk Wilster
Besonders wichtig für diese Bewertung sind die Verbindung zum Höchstspannungsnetz und der Ausbau des Netzes: Das Kernkraftwerk Brokdorf befindet sich in der Nähe des Umspannwerks Wilster, einem der wichtigsten Netzknotenpunkte in Schleswig-Holstein, über den hauptsächlich Strom aus Windkraft transportiert wird. Der Standort des Kraftwerks ist über das Umspannwerk mit dem Stromnetz verbunden und verfügt über eine leistungsfähige Infrastruktur.
Der Batteriespeicher Brokdorf an diesem Netzanschluss könnte daher der fehlende „Lückenschluss der Erneuerbaren“ sein und die Überproduktion an Strom puffern sowie bei Bedarf wieder einspeisen. Der Speicher benötigt in der Endausbaustufe eine Fläche von ca. 12 Hektar, die komplett über das Betriebsgelände des Kraftwerks abgedeckt werden kann – zusätzliche Flächen müssen nicht genutzt werden.
„Ideale Voraussetzungen“ – Detailplanung in Brokdorf beginnt
Brokdorf soll riesiger Batteriespeicher werden: „Mit dem Standort Brokdorf haben wir ideale Voraussetzungen, um in der aktuell angespannten Netzsituation in der Region Teil der Lösung zu sein. Gemeinsam mit unseren Partnern im E.ON-Konzern möchten wir nun in die Detailplanung einsteigen“, erklärt Guido Knott, Vorsitzender der PreussenElektra-Geschäftsführung.
Spätestens Mitte 2024 sollen die Ausschreibung und die Bestellung benötigter Komponenten erfolgen. Im ersten Schritt mit Inbetriebnahme ab 2026 ist mit einer Leistung von 100 Megawatt und einer Kapazität von 200 Megawattstunden zu rechnen.
Laut Knott könnte ein Brokdorfer Speichersystem ein Leuchtturmprojekt für die Energiewende in Schleswig-Holstein werden. Das Höchstspannungsnetz würde spürbar entlastet, was sich positiv auf die lokal hohen Netzentgelte auswirken könnte. Bislang ist die Investitionsentscheidung von PreussenElektra und E.ON noch nicht getroffen. Das voraussichtliche Investitionsvolumen liegt im dreistelligen Millionenbereich.
Weniger Netzengpässe durch Batteriespeicher?
Um die Stabilität des Übertragungsnetzes zu gewährleisten, müssen die Menge der eingespeisten und entnommenen Energie im Gleichgewicht sein. Ein Engpass tritt auf, wenn dieses Gleichgewicht gestört ist und eine Überlastung droht. Die Netzbetreiber sind gesetzlich dazu verpflichtet, diese Engpässe zu verhindern und eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten.
Um eine Überlastung der Leitungen zu verhindern, werden Redispatch-Maßnahmen ergriffen. Das Stromnetz hat eine begrenzte Kapazität. Wenn die Stromproduktion ihr Maximum erreicht (z.B. aufgrund von starkem Wind), kann der Übertragungsnetzbetreiber bestimmte Kraftwerke anweisen, ihre Einspeisung zu reduzieren. Dadurch entstehen Ausgleichszahlungen in der Größenordnung von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr.
Redispatch-Maßnahmen vermeiden
Stationäre Batteriespeicher können die Schwankungen auf dem Strommarkt positiv beeinflussen, indem zusätzliche Redispatch-Maßnahmen vermieden werden. Dadurch können regionale Netzentgelte (Stromkosten) durch stationäre Batteriespeicher preisdämpfend wirken.
Auf dem Gelände des AKW Brokdorf soll der Batteriespeicher Brokdorf entstehen. Betreiber PreussenElektra plant den größten Batteriespeicher der EU – eine Energiewende-Geschichte, die in jedem Fall mehr Aufmerksamkeit verdient.
Der Betreiber Preussen Elektra teil hier Antworten auf weiterführende Fragen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.