Öl-Gigant BP verringert Wert seines Vermögens um bis zu 17,5 Milliarden US-Dollar.
Das fossile Energiezeitalter geht in raschem Tempo zu Ende. Die Öl-Riesen wie BP wappnen sich zunehmend für die Zukunft – mit schmerzhaften Einschnitten. Vergangene Woche gab BP bekannt, 10.000 von 70.000 Mitarbeitern zu entlassen. Jetzt reduziert das Unternehmen den Wert seines Vermögens um bis zu 17,5 Milliarden Dollar – und erwartet eine durch die Pandemie beschleunigte Abkehr von fossilen Brennstoffen. Auch BP setzt, wie andere Öl-Konzerne wie Equinor, Orsted oder Shell, zunehmend auf Erneuerbare Energien und Wasserstoff als Energieträger der Zukunft.
Grund für die Reduzierung der Vermögenswerte: BP hat seine längerfristigen Annahmen für Energiepreise aus fossilen Quellen geändert, wie die Financial Times heute berichtet. Die Preisannahmen von BP für Rohöl der Sorte Brent und Henry Hub Gas sind jetzt für den Zeitraum 2020 bis 2050 um 27 Prozent bzw. 31 Prozent niedriger als 2019. Das Unternehmen geht jetzt von durchschnittlich etwa 55 Dollar pro Barrel für Brent-Rohöl und 2,90 Dollar pro Million britische Wärmeeinheiten für Henry-Hub-Gas aus.
Bei der Abschreibung der Vermögenswerte, die im zweiten Quartal erfolgen soll, handelt es sich um „nicht zahlungswirksame Wertminderungen nach Steuern und Explorationsabschreibungen“ in Höhe von 13 bis 17,5 Milliarden US-Dollar, teilte BP mit. Das Unternehmen unterscheidet dabei zwischen Abschreibungen vor Steuern auf Sachanlagen von acht bis elf Milliarden US-Dollar und Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte im Zusammenhang mit Explorationen von acht bis zehn Milliarden US-Dollar. Zum 31. März wurde das Sachanlagevermögen mit 130,2 Milliarden US-Dollar bewertet – mit einer Öl- und Gaskomponente von 88,6 Milliarden US-Dollar.
Zusätzlich geht der Energiegigant davon aus, dass sich die Corona-Pandemie nachhaltig auf die Weltwirtschaft sowie die Nachfrage nach Öl und Gas auswirken werde. Gleichzeitig werde sich der Übergang zu sauberen Energieformen wie Erneuerbaren Energien beschleunigen.
Die Neubewertung der Vermögenswerte ist die bislang Größte in der Öl- und Gasindustrie überhaupt. Sie zeigt: Investitionen in Milliardenhöhe können unwirtschaftlich werden, wenn die Welt an den Pariser Klimazielen festhält. Aufgrund der Erwartung, dass dies der Fall sein wird, möchte sich BP nun zu einem kohlenstoffärmeren Energieunternehmen wandeln, das robuster und widerstandsfähiger ist.
Der neue Vorstandschef Bernard Looney sieht es dazu als notwendig an, die Strukturen zu verschlanken und perspektivisch ein Net-Zero-Unternehmen zu werden. Bis September will sich BP nun Zeit nehmen, Investoren zu vermitteln, wie die Neuaufstellung gelingen soll. Was wird die neue Strategie für den Ausbau von Erneuerbaren Energien bedeuten? Diese Frage muss Looney im September beantworten.
BP will förderbereites Öl im Boden lassen
Zur Neuausrichtung gehört auch, die eigenen Pläne zur Öl- und Gasförderung zu überprüfen. Bedeutet: Ein Teil des förderbereiten Öls wird voraussichtlich im Boden bleiben. Bereits letzten Monat hatte der neue BP-Chef in den Medien von einem möglichen „Öl-Spitzenbedarf“ gesprochen – Peak Oil ist damit allem Anschein nach erreicht.
Die Neubewertungen des Vermögens führen insbesondere zu geringeren Dividenden-Erwartungen bzw. haben wahrscheinlich in der Vergangenheit zu überhöhten Ausschüttungen geführt. BP hat hiermit die größten Abschreibungen der Branche vorgenommen – auch Chevron musste zuletzt zehn Milliarden US-Dollar abschreiben, Repsol oder Equinor waren ebenfalls betroffen.
Die Entwicklung zeigt, dass exakt das, was Jeremy Rifkin in seinem aktuellen Buch ankündigt, eintritt (siehe unten). Der Start der Neubewertungen von Vermögensanlagen ist der zweite Schritt. Zunächst begann in den vergangenen Monaten eine Welle von Bauprojekten im Kohle-, Öl- und Gassektor, die gestoppt wurden, weil Erneuerbare Energien sich disruptiv verbilligen.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
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