Neben Climeworks oder Neustark steht mit Brilliant Planet eine weitere Lösung zur Kohlendioxidentfernung aus der Atmosphäre zur Verfügung.
Die Kohlendioxidentfernung wird laut jüngstem IPCC-Bericht eine „wesentliche“ Rolle spielen, um Netto-Null-Ziele zu erreichen. Cleantech-Unternehmen wie Climeworks oder Neustark haben jüngst herausragende Finanzierungsrunden und Partnerschaften etwa mit Microsoft verkündet. Doch Mit Brilliant Planet kommt neben den sehr technischen Lösungen der beiden Schweizer Cleantech-Startups jetzt eine Lösung in die Öffentlichkeit, die besonders natürlich funktioniert: Die Briten nutzen Mikroalgen, um Luft und Meerwasser zu säubern.
Brilliant Planet nutzt Meerwasser entlang von Wüstengebieten, um die perfekten Wachstumsbedingungen für Mikroalgen nachzubauen. Da Mikroalgen Kohlendioxid zum Wachstum brauchen, könnte sich hiermit eine kostengünstige und natürliche Möglichkeit zur Kohlenstoffabscheidung ergeben. Neben der zeitintensiven Veränderung von Verhalten ist es laut Wissenschaft zwingend, auch andere Wege zu finden, um bereits in die Atmosphäre abgegebenes Kohlendioxid wieder zu entfernen.
Die CO2 aus der Luft ziehende Algenfarm soll dabei 30-fach effektiver sein als der Regenwald, eine der wichtigsten Kohlenstoffsenken die wir haben, und zunehmend zerstören. Das Cleantech-Unternehmen muss für die eigene Technologie große Mengen Meerwasser bewegen, was mit einem initialen Energieaufwand verbunden ist. Hierzu will das Unternehmen von Adam Taylor aus London aber eine Lösung entwickelt haben, die besonders energieeffizient sein soll. Dabei soll die Schwerkraft und Schaufelräder genutzt werden, um die Teiche mit Wasser zu versorgen.
Grundlegend ist, dass das Wasser vom Meeresspiegel auf einige Meter über dem Meeresspiegel angehoben wird. Dabei – so der Vorteil für die Wasserqualität – soll das Meerwasser entsäuert werden. Für jede angehobene Einheit Meerwasser wird das Äquivalent von fünf Einheiten Meerwasser auf vorindustrielles Niveau entsäuert, so Adam Taylor. Die Kohlendioxidentfernung soll quasi beliebig skalierbar bis in den Gigatonnen-Maßstab sein – und weniger als 50 Dollar je Tonne kosten.
Wir unterscheiden uns von herkömmlichen Algensystemen. Wir vergrößern kein künstliches Reagenzglas mit künstlichem Meerwasser und pumpen Kohlendioxid hinein. Unser naturbasiertes System verkleinert den Ozean, um natürliches Meerwasser, Nährstoffe und CO2 zu nutzen. Dieser natürliche Prozess entsäuert das Meerwasser, verbessert die lokalen Ökosysteme und ermöglicht auch einen Paradigmenwechsel bei der Erschwinglichkeit.“
Adam Taylor, CEO von Brilliant Planet
Da immer mehr Unternehmen, wie auch das Beispiel Microsoft zeigt, nach Lösungen suchen, ihre unvermeidbaren und historischen Kohlendioxid-Emissionen auszugleichen, ist der denkbare Preis von 50 Dollar je Tonne kein großes Handicap. Denn CO2-Zertifikate zu erwerben ist deutlich teurer.
Nach vierjährigen Versuchen in seiner drei Hektar großen Forschungsanlage in Marokko wird Brilliant Planet die Erlöse aus einer aktuellen Finanzierungsrunde verwenden, um den Bau einer 30 Hektar großen kommerziellen Demonstrationsanlage vorzubereiten und gleichzeitig sein grundlegendes Forschungs- und Entwicklungsprogramm in London fortzusetzen. Zuletzt gab Brilliant Planet bekannt, zwölf Millionen Dollar Venture Capital eingeworben zu haben.
Angeführt wurde die Kapitalrunde in das Algen-Startup von Union Square Ventures und Toyota Ventures. Zu den weiteren Investoren zählten Future Positive Capital, AiiM Partners, S2G Ventures, Hatch und Pegasus Tech Ventures. Anwendbar ist das Verfahren von Brilliant Planet grundsätzlich auf allen Kontinenten der Erde. „Wir können an jeder Küste arbeiten, von Chile bis Marokko, von Namibia bis Australien“, so Taylor. „In Küstenwüsten schaffen wir biologische Produktivität, wo es vorher fast keine gab. Indem wir in Wüsten arbeiten, schaffen wir auch wirtschaftliche Möglichkeiten für unterversorgte Gebiete, ohne andere Landnutzungen zu beeinträchtigen. Wir durchforsten Tausende von lokalen Algenstämmen, um die wirksamsten zu finden.“
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.