BUND fordert neues Strommarktdesign für dezentrale Energiewende
Wissenschaftliche Studie des DIW bestätigt BUND-Forderungen gegenüber Sondierungsparteien: Neues Strommarktdesign muss dezentrale Energiewende begünstigen.
Die Energiewende in Deutschland steht am Scheideweg – irgendwo zwischen Desaster und letzter Chance, wie dieser Artikel analysiert. Es braucht jetzt die neuerliche Solar-Revolution der Bürger – um die Vorteile der Erneuerbaren Energien in der Dezentralisierung der Energieversorgung auszunutzen. Aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland ist hierfür der Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur überdimensioniert. Daher fordert der Umweltverband: Stromnetze dezentral, also vor Ort, ausbauen.
Aus Sicht von Olaf Bandt, dem BUND-Vorsitzenden hätte die Abkehr von eher zentralistischen Strukturen im Energiesystem viele Vorteile. Diese betreffen den Umweltschutz, die soziale Gerechtigkeit und die Versorgungssicherheit. Die Energieversorgung, die auf viele Schultern verteilt wird, ist sicherer als eine, die von wenigen Energieträgern oder Kraftwerken abhängig ist. Positiv mit dezentralen Strukturen wirkt sich auch aus, dass die elektrische Energie kürzere Wege zurücklegen muss – im Idealfall sogar ohne von einer höheren Spannungsebene auf Niederspannung gewandelt zu werden. Denn dabei treten auch Verluste auf.
Die Verhandler einer möglichen Ampel-Koalition haben im Sondierungspapier ein neues Strommarktdesign angekündigt. Der BUND fordert: Dieses muss schnell umgesetzt werden. Und: Es sollte auf Dezentralität mit Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch auf regionaler Ebene basieren. „Damit kann der Ausbau der Übertragungsnetze deutlich reduziert werden, wie wissenschaftliche Studien zeigen“, so Bandt.
Bis das neue Strommarktdesign greift, müsse es ein Moratorium der Stromnetzplanung geben. „Die Bürger-Energie-Bewegung wartet sehnlichst darauf, dass man ihr den von der alten Bundesregierung verweigerten rechtlichen Spielraum gibt“, so Bandt.
Je mehr und je schneller dezentrale Energieversorgung etabliert wird, umso eher lässt sich zentraler Netzausbau, der ohnehin sehr viele Jahre dauert, reduziert werden. Bislang hält die Bundesnetzagentur aber an einem zentralen Netzausbau zugunsten großer Konzerne fest. So sind 80 Milliarden Euro Netzausbaukosten für hunderte Kilometer langer Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungs-Leitungen vorgesehen.
Um die Aussagen, der Netzausbau könne teilweise überflüssig gemacht werden, wissenschaftlich zu bekräftigen, hat der BUND gemeinsam mit dem Bündnis Bürgerenergie beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung eine Studie in Auftrag gegeben, die die ökologischen wie ökonomischen Vorteile einer dezentralen, auf 100 Prozent Erneuerbaren beruhenden, Stromerzeugung darstellt.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Die Studie des DIW zeigt, dass die Energiewende ohne Netzzubau möglich wäre. Leider folgen die Entscheidungen der Politik eher den Vorgaben von Lobbyisten der Stromkonzerne. Daran wird sich auch höchstwahrscheinlich mit der neuen Regierung (Ampel) wenig bis nichts ändern.
Als eine Maßnahme zu mehr Bürgerbeteiligung wäre die Möglichkeit sein Elektroauto mit selbst erzeugten PV-Strom + Netzentgelt +evtl. Nutzungsgebühr der Ladeeinrichtung (Parkticket) an einer beliebigen öffentlichen oder ggf. auf Unternehmensparkplätzen befindlichen Ladesäule zu laden. Das würde auch oftmals die von den Verteilnetzbetreibern priorisierte Spitzenlastkappung vermeiden, aber wer den elektrischen Zuheizer (ca. 9 kW) von Warmwasserspeichern, die ansonsten von Wärmepumpen (ca.2,8 kW) geladen werden, nicht separat abschalten möchte – sondern nur die gesamte Anlage, zeigt, dass für ihn der Verbraucher einzig und alleine die Melkkuh der Stromwirtschaft ist.