
Wie Carbon Clean CO2-Abscheidung aus Punktquellen effizienter macht
Cleantech-Unternehmen aus London reduziert Platzbedarf und Installationskosten um jeweils 50 Prozent.
Bislang ist CO2-Abscheidung aus Punktquellen mit hohen Installationskosten und erheblichem Platzbedarf verbunden. Carbon Clean will diese Hindernisse für den flächendeckenden Einsatz überwinden. Dazu haben die Londoner die CyclonceCC-Technologie entwickelt, die modular und besonders kompakt ist. In Abu Dhabi hat britische Cleantech-Unternehmen Carbon Clean mit der ersten industriellen Anwendung jetzt einen wichtigen Meilenstein erreicht.
Carbon Clean arbeitet seit 15 Jahren mit der Schwerindustrie (Zement-, Stahl- Industrie, Raffinerien) zusammen, um industrielles CO2 abzuscheiden. Mit der neuen, modularen CycloneCC-Technologie tritt das Unternehmen in eine neue Phase ein – und erhofft sich dadurch die notwendige Skalierung und somit den großflächigen Einsatz der Technologie, um bei der Dekarbonisierung der Industrie mitzuhelfen. Außerdem ermöglicht es die modulare Bauweise, Anlagen je nach Anforderungen zu erweitern.
Das Besondere: CycloneCC nutzt sogenannte RPB-Technologie (Rotating Packed Beds) und ein spezielles Lösungsmittel, um die Abscheideeffizienz zu steigern. RPBs sind spezielle Einbauten in Industrieanlagen, die den Kontakt zwischen Gasen und Flüssigkeiten optimieren – etwa bei der CO₂-Abscheidung.
Sie bestehen aus strukturierten Schichten („Packungen“), die eine große Oberfläche schaffen, um Stoffe wie CO₂ effizient aus Gasströmen zu entfernen. Die kompakte Bauweise reduziert den Platzbedarf um bis zu 50 Prozent und senkt die Kosten gegenüber herkömmlichen Anlagen erheblich.
Industrielles Demonstrationsprojekt in Abu Dhabi
In Abu Dhabi kommt seit sechs Monaten eine dieser modularen Anlagen in einer Düngemittelfabrik zum Einsatz. Konkret wird hier das hochreine Kohlendioxid für die Harnstoffproduktion gebraucht. Der erreichte Meilenstein mit 4.000 Betriebsstunden macht das Unternehmen optimistisch, nun rasch in die Skalierungs- und Kommerzialisierungsphase eintreten zu können. Ziel sind Kosten von 30 US-Dollar/Tonne CO₂
Eine weitere Besonderheit ist, dass die Modularität der Anlage dazu führt, dass diese innerhalb einer Woche aufgebaut werden kann. „Installation in unter einer Woche – das war bisher im Carbon-Capture-Sektor undenkbar“, betont CEO Aniruddha Sharma. Und Standardisierung durch Modulbauweise senkt ebenfalls die Installationskosten. Insgesamt kalkuliert Carbon Clean somit mit 50 Prozent geringerem Platzbedarf und 50 Prozent niedrigeren Installationskosten. Eine erstaunliche, beinahe disruptive Verbesserung.
Der Industriepartner in Abu Dhabi, Fertiglobe, ist von der Lösung überzeugt – auch weil die modulare Bauweise die Investitionskosten auf einen größeren Zeitraum verteilt. Das erleichtert die Gewinnung von Finanzierungspartnern. „Wir sind bestrebt, die weltweit steigende Nachfrage nach kohlenstoffarmen Lösungen zu befriedigen, die uns einer nachhaltigeren Zukunft näher bringen.“, erklärt Fertiglobe-CEO Ahmed El-Hoshy.
KI macht CycloneCC-Technologie effizienter
Der innovative Einsatz der von Carbon Clean entwickelten künstlichen Intelligenz trägt dazu bei, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Anlage zu erhöhen und die Leistung des Lösungsmittels zu maximieren. Die Anlage arbeitet im Open-Loop-Modus, wobei menschliche Bediener die von der KI vorgeschlagenen Empfehlungen umsetzen.
Als größter Produzent in der MENA-Region stellt Fertiglobe pro Jahr 5,1 Millionen Tonnen Harnstoff und 1,5 Millionen Tonnen Handelsammoniak her. Reichlich Potenzial also für die modulare Lösung zur Defossilisierung der Industrie.
Carbon Clean-Technologie im Zementwerk Rüdersdorf Brandenburg
Die Lösungen zur CO2-Abscheidung kommen auch in Deutschland zum Einsatz. Seit 2022 arbeitet das Unternehmen daran, das Cemex-Zementwerk im brandenburgischen Rüdersdorf entsprechend auszurüsten. Hierbei kommt auch die innovative, modulare Technologie zum Einsatz. Ab 2025 sollen dort 100 Tonnen CO2 täglich abgeschieden werden – im Folgejahr dann schon die vierfache Menge. Langfristig sind 2.000 Tonnen/Tag angestrebt, um das Zementwerk bis 2030 klimaneutral zu machen.
Die CCS-Technologie – also Kohlenstoffabscheidung mit unterirdischer Speicherung etwa unter der Nordsee – ist in Deutschland umstritten. Im Zementwerk Rüdersdorf ist das kein Thema, da das Kohlenstoffdioxid mit Wasserstoff kombiniert wird, und zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen für die Industrie dient.
Die Ampel-Regierung hatte ein Speichergesetz auf den Weg gebracht, sich aber am Ende verhakt. Die neue Bundesregierung könnte das Thema liberaler ermöglichen – insbesondere die Grünen wollen CCS nur für unvermeidbare Emissionen ermöglichen, nicht aber für die Abscheidung an Gaskraftwerken. Einer der Gründe: Das würde grünen Wasserstoff unattraktiver machen und weiter verzögern – obwohl die sauberen Moleküle dringend benötigt werden.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.