Clean Industrial Deal: Europas nächster Schritt zur sauberen Industrie

Im EU-Parlament bildet sich die parteiübergreifende Cleantech Friendship Group.

Am 26. Februar 2025 stellte die Europäische Kommission den Clean Industrial Deal vor, eine Initiative, die den European Green Deal konsequent weiterentwickelt und dabei einen verstärkten Fokus auf Industrie und Produktion legt. Diese Strategie zielt darauf ab, die Dekarbonisierung der europäischen Wirtschaft voranzutreiben und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken. Kurz darauf, Anfang März 2025 wurde die Cleantech Friendship Group im EU-Parlament ins Leben gerufen – überparteilich.

Kernpunkte des Clean Industrial Deal

Die zentralen Aspekte des Clean Industrial Deal umfassen:

  1. Förderung klimafreundlicher Technologien und nachhaltiger Produktionsprozesse
  2. Stärkung der Kreislaufwirtschaft
  3. Senkung der Energiekosten und Verbesserung der Energieversorgung
  4. Unterstützung energieintensiver Industrien bei der Umstellung auf klimafreundliche Produktionsmethoden
  5. Mobilisierung von über 100 Milliarden Euro für Investitionen in saubere Technologien
  6. Einführung von Nachhaltigkeits- und „Made in Europe“-Kriterien in der öffentlichen Beschaffung

Der Deal enthält Maßnahmen für jede Fertigungsstufe, mit dem Schwerpunkt auf  

  • energieintensiven Industrien wie Stahl, Metalle und Chemie, die dringend Unterstützung für ihre Dekarbonisierung und den Übergang zu sauberer Energie sowie im Kampf gegen hohe Kosten, unfairen globalen Wettbewerb und komplexe Vorschriften brauchen
  • dem Sektor der sauberen Technologien, der für die künftige Wettbewerbsfähigkeit eine zentrale Rolle spielt und für den industriellen Wandel, die Kreislaufwirtschaft und die Dekarbonisierung notwendig ist 

Die Cleantech Friendship Group

Parallel zur Vorstellung des Clean Industrial Deal wurde am 6. März 2025 die Cleantech Friendship Group (CFG) im Europäischen Parlament offiziell neu gestartet. Diese parteiübergreifende Gruppe, bestehend aus 32 Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MEPs) aus 14 EU-Mitgliedstaaten, setzt sich für die Förderung sauberer Technologien und die Umsetzung des Clean Industrial Deal ein.

Die CFG versteht sich als Brückenbauer zwischen Politik, Industrie und Forschung. Durch regelmäßige Treffen und Veranstaltungen will sie den Austausch fördern und sicherstellen, dass politische Entscheidungen auf dem neuesten Stand der Technik und den Bedürfnissen der Industrie basieren.

Reaktionen und Einschätzungen

Die Vorstellung des Clean Industrial Deal und die Neugründung der Cleantech Friendship Group haben verschiedene Reaktionen hervorgerufen:

Positive Stimmen

Der VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer) begrüßt den Clean Industrial Deal als nächsten Schritt in der Energiewende und sieht darin eine Antwort auf die Forderung der Industrie nach einer stärkeren Fokussierung auf die Wettbewerbsfähigkeit.

Lídia Pereira, Co-Vorsitzende der CFG, betont: „Unser Engagement geht über die Politik hinaus: Es geht darum, Europas industrielle Zukunft zu sichern, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und eine sauberere, widerstandsfähigere Wirtschaft für alle zu gewährleisten.“

Thomas Pellerin-Carlin, ebenfalls Co-Vorsitzender der CFG, fügt hinzu: „Der Übergang zu sauberen Technologien ist nicht nur ein ökologischer Imperativ, sondern auch eine industrielle Notwendigkeit.“

Kritische Stimmen

Einige Umweltorganisationen bemängeln das Fehlen klarer Ziele für 2040 bezüglich Emissionsreduktion, Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz. Sie fordern konkretere und ambitioniertere Vorgaben.

Gewerkschaften äußern Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf Arbeitsplätze in traditionellen Industriezweigen und fordern stärkere Maßnahmen zur Unterstützung von Arbeitnehmern im Transformationsprozess.

Einige Ökonomen warnen vor möglichen Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Subventionen und plädieren für einen stärker marktbasierten Ansatz.

Herausforderungen und nächste Schritte

Die Umsetzung des Clean Industrial Deal und die Arbeit der Cleantech Friendship Group stehen vor mehreren Herausforderungen:

  1. Finanzierung: Die Mobilisierung der erforderlichen Investitionen, insbesondere aus dem privaten Sektor, wird entscheidend sein.
  2. Technologische Innovation: Es bedarf weiterer Fortschritte in Schlüsseltechnologien wie Energiespeicherung, grünem Wasserstoff und CO2-Abscheidung.
  3. Soziale Gerechtigkeit: Der Übergang muss fair gestaltet werden, um alle Regionen und Bevölkerungsgruppen mitzunehmen.
  4. Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Es gilt, die Balance zwischen Klimaschutz und der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu finden.
  5. Regulatorischer Rahmen: Die Schaffung eines förderlichen rechtlichen Umfelds für Innovationen und Investitionen in saubere Technologien ist erforderlich.

In den kommenden Monaten wird die Europäische Kommission in enger Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, einschließlich der Cleantech Friendship Group, an der Ausarbeitung konkreter Gesetzesvorschläge und Maßnahmen zur Umsetzung des Clean Industrial Deal arbeiten.

Fazit zu Clean Industrial Deal und Cleantech Friendship Group

Der Clean Industrial Deal stellt eine logische Fortsetzung und Erweiterung der bisherigen EU-Klimapolitik dar, mit einem besonderen Augenmerk auf die industrielle Transformation und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit. Die Gründung der Cleantech Friendship Group unterstreicht das parteiübergreifende Engagement für dieses Ziel.

Während die Initiative weithin als notwendiger Schritt zur Erreichung der EU-Klimaziele und zur Stärkung der europäischen Industrie gesehen wird, zeigen die verschiedenen Reaktionen auch die Komplexität der Aufgabe. Es wird entscheidend sein, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der ökologische, ökonomische und soziale Aspekte berücksichtigt.

Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Europa in der Lage ist, seine ambitionierten Ziele zu erreichen und sich als globaler Vorreiter in Sachen saubere Technologien und nachhaltige Industrie zu etablieren. Der Erfolg wird maßgeblich von der effektiven Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft abhängen.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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