CO2-Bepreisung: Grüne werden im Sofortprogramm konkret

Die Partei schlägt 40 Euro pro Tonne CO2 als CO2-Bepreisung im Sofortprogramm Klimaschutz vor. Energiegeld und sinkende Stromsteuer sowie Anreize, umweltschonende Produkte zu kaufen, als Ausgleich vorgesehen.

Die Grünen haben jetzt einen Vorschlag für eine CO2-Bepreisung in den Sektoren Wärme und Verkehr vorgelegt und diesen Vorschlag in ein Sofortprogramm Klimaschutz für den Sommer 2019 eingebettet. Enthalten ist exakt das, was Wissenschaft, Teile von Wirtschaft und Verbänden seit geraumer Zeit fordern: Eine verbraucherfreundliche CO2-Abgabe, die aufkommensneutral eine Lenkungswirkung zugunsten klimafreundlicher Technologien bewirken soll.

Haken an der Sache: Die Partei sitzt nicht in der Regierung und wird ein Sofortprogramm daher nicht eigenständig umsetzen können. Aber es ist gut, dass sich eine Partei mit einem konkreten, seriösen und mittelprächtig ambitionierten Konzept vorgewagt hat, um die Diskussion in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft in eine richtige Richtung zu lenken. Denn, das ist klar, die Wahrscheinlichkeit, dass eine rasche CO2-Bepreisung der Sektoren Verkehr und Wärme kommen wird, ist in den vergangenen Wochen gestiegen.

Das Konzept der Grünen für eine CO2-Steuer – wir haben uns hier mal mit Vor- und Nachteilen der CO2-Abgabe beschäftigt – sieht vor, im ersten Schritt einen CO2-Preis von 40 Euro je Tonne einzuführen. Das ist ein moderater Start und würde Heizöl, Benzin, Diesel, Kerosin, Heizkohle und Heizgas entsprechend verteuern. Für diejenigen, die viel Fliegen oder viel mit dem Diesel-PKW unterwegs sind, wird das Ganze teurer als für diejenigen, die das Glück haben, in einer modernen Wohnung zu leben und um die Ecke arbeiten zu können.

Es ist klar, dass die 40 Euro pro Tonne CO2 nicht ausreichend sind, um die gesamten externen Kosten zu internalisieren – es geht ja schließlich darum, den Schäden, die durch CO2-Emissionen verursacht werden, einen Preis zu geben, um im Markt eine Lenkungswirkung zu erzielen. Umweltschädliche Produkte werden teurer, weniger schädliche Produkte und Dienstleistungen werden günstiger.

Im Gegenzug: Energiegeld und Stromsteuer runter

Eine verbraucherfreundliche CO2-Abgabe, wie sie die Grünen installieren wollen, sieht vor, die Einnahmen aus der CO2-Abgabe den Menschen zurückzugeben. Und zwar so, dass einkommensschwache Haushalte aufgrund eines typischerweise geringeren CO2-Fußabdrucks stärker profitieren als diejenigen, die mit SUV zum Bioladen um die Ecke fahren.

Daher gilt: Pro Kopf, also auch für Kinder, gibt es ein Energiegeld von 100 Euro als Ausgleich für die höheren Kosten. Eine vierköpfige Familie hat also erstmal 400 Euro mehr in der Tasche, um die höheren Kosten für Mobilität und Wärme ausgleichen zu können. Dazu kommt: Strom soll günstiger werden und die Grünen wollen die Stromsteuer fast komplett abschaffen. Dass ein Restbetrag übrig bleiben soll, hat vermutlich rechtliche Gründe, um die Umsetzbarkeit rasch sicherzustellen.

Mit diesem Geben und Nehmen hört das Konzept der Grünen aber längst nicht auf: Es sollen überdies Anreize geschaffen werden, auf Elektroautos umzusteigen, die alte Ölheizung durch eine umweltfreundlichere Lösung auszutauschen oder in Photovoltaik zu investieren. Denn nur, wenn die einkommensschwächeren Menschen auch in die Lage versetzt werden, ihren alten Kühlschrank gegen ein sparsames Gerät auszutauschen, werden sie auch im zweiten und dritten Jahr der Abgabe noch Einsparpotenziale haben.

Bonus-Malus-System belastet dicke SUVs

Die Grünen haben wahrlich ein Konzept aufgeschrieben, das längst nicht so weit geht, wie es der Überzeugung der Partei entspricht. Es ist ein Angebot an die Regierungsparteien, schnell zu handeln. Hierfür legen die Grünen quasi eine Blaupause vor, die so ganz ähnlich auch von der SPD in der vergangenen Woche auf den Tisch gelegt wurde. Die Bundesregierung indes möchte noch zwei Gutachten abwarten, ehe sie dann im September über eine mögliche CO2-Bepreisung befinden will.

Annalena Baerbock und Kollegen stellen Sofortprogramm mit CO2-Bepreisung vor.

Eine weitere interessante Komponente des Sofortprogramms der Grünen ist die Einführung eines Bonus-Malus-Systems, das CO2-intensive Fahrzeuge belasten und emissionsfreie Mobilität belohnen soll. Dabei hängen Vergütung und Zusatzkosten davon ab, wie das Verhältnis aus Verbrenner-SUVs und sparsamen Elektroautos letztlich sich zusammensetzt. Hiermit würde die Politik einen Anreiz geben, in sparsamere und umweltfreundlichere Fahrzeuge zu investieren.

Umweltbundesamt will ebenfalls CO2-Bepreisung

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte bei der Vorstellung des Sofortprogramms, sie werde ständig von Wirtschaftsvertretern angerufen und gefragt, wann eine solche Lösung endlich Realität würde. Es zeigt sich immer mehr, wie breit die Zustimmung für eine CO2-Abgabe tatsächlich ist – viele Verbände und Unternehmen, Teile von Politik und weite Teile der Bevölkerung sind offensichtlich dafür. Es muss letztlich nur umgesetzt werden.

Diese Annahme unterstreicht auch das Umweltbundesamt: Die Behörde fordert eine schnelle Einführung eines CO2-Preises. Dadurch sei es möglich, die EEG-Umlage zu senken. Gleichzeitig entstünden durch die CO2-Bepreisung mehr ökonomische Anreize für den Klimaschutz.

Und selbst die CDU, die sich bislang beharrlich gegen eine CO2-Bepreisung von Wärme und Verkehr stemmte, ist inzwischen aufgewacht. NRW-Ministerpräsident Laschet bekräftigte kürzlich die Forderung nach einem CO2-Preis mit Sozialausgleich. Er sei sich mit der Parteivorsitzenden einig, das mit September ein Modell zur CO2-Bepreisung vorgeschlagen werden solle.

Es ist also, so bleibt zu hoffen, nur noch eine Frage der Zeit, bis diese richtige und wichtige Maßnahme umgesetzt wird. Der Markt regelt Vieles, aber er internalisiert keine externen Kosten wie etwa die von Umweltschäden. Genau deshalb muss der Staat an dieser Stelle lenken. Selbstverständlich unter Berücksichtigung von Härtefällen und deren Abfederung.

Das Grünen-Programm für den Sommer kann hier nachgelesen werden.

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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