Batterie-Recycling: Cylib will Elektroauto-Industrie revolutionieren
Series A-Finanzierungsrunde: RWTH-Spinoff Cylib sammelt Millionen u.a. von Bosch und Porsche für die industrielle Skalierung.
Die Zahl der Elektroautos wächst weltweit in immer schnellerem Tempo: Alleine 2023 kamen 14 Millionen Elektrofahrzeuge hinzu – in 2024 könnten es 17 Millionen werden. Diese disruptive Marktentwicklung steigert zeitversetzt auch den Bedarf an ganzheitlichem Batterierecycling – dieser Technologie hat sich das Cleantech-Startup Cylib verschrieben, das ein Spinoff der RWTH Aachen ist. Mit zwei großen Finanzierungsrunden (Seed & Series A) sowie einer innovativen, sauberen Technologie ist das Unternehmen im Mai 2024 in die Phase der industriellen Skalierung eingestiegen.
Die Cylib GmbH will grünes Batterierecycling etablieren – und hat hierfür hochkarätige Geldgeber sowie Partner und Kunden gefunden. Rechtzeitig vor der ersten, signifikanten Steigerung der zu recycelnden Batterien – 2024 ist laut Fraunhofer ISI von 2,1 Millionen Tonnen in Europa auszugehen – startet das Unternehmen nun in die Phase der industriellen Skalierung. Skalierung deshalb, weil im Jahr 2030 dann 420.000 Tonnen Altbatterien dem Recycling zugeführt werden müssen.
In Aachen entsteht somit ein Teil der notwendigen Batterierecycling-Infrastruktur, der von anderen Unternehmen wie Redwood Materials oder Duesenfeld ebenfalls vorangetrieben wird.
Was macht das Cylib-Verfahren besonders?
Das Verfahren ist eine „proprietäre“ Technologie (Weiterentwicklung des hydrometallurgischen Batterierecyclings), die besonders effizient und umweltschonend sein soll. Entwickelt worden ist sie an der RWTH Aachen. Das Team um die drei Gründer will das Recycling von Lithium-Ionen-Batterien effizienter und umweltfreundlicher machen. Bedeutet u.a. eine Recycling-Effizienz von 90 Prozent. Konkret sollen alle Elemente aus Produktionsabfällen, Elektroauto- oder Mikromobilitätsbatterien zurückgewonnen werden können.
Grundsätzlich wird nach dem Schreddern die dann übrigbleibende Schwarzmasse, die aus den wertvollen Batteriematerialien wie Kobalt, Nickel, Lithium, Mangan und Graphit besteht, in Schwefelsäure gelöst. Anschließend lassen sich die Stoffe als Salze dieser Metalle wieder trennen- beispielsweise in Form von Lithiumsulfat. Und dieses Material kann in der Produktion wieder exakt so eingesetzt werden, wie der Original-Rohstoff aus einer Mine.
Cylib hat die Hydrometallurgie weiterenwickelt, wodurch das Unternehmen über eine patentierte und eigene Technologie verfügt. So gelang etwa die Verbesserung der Umweltfreundlichkeit, in dem an einigen Stellen auf hochgiftige Chemikalien verzichtet wird. Stattdessen wird Wasser statt Säuren oder Laugen verwendet.
Lithium kann außerdem früher aus dem hydrometallurgischen Prozess herausgeholt werden, weil es schneller wasserlöslich wird. Insgesamt gibt es weniger Verunreinigungen, was das Verfahren besonders effizient macht. Andere Verfahren haben oft das Problem, dass sie Kohlendioxid freisetzen und Chemikalien benötigen, um die Rohstoffe wiedergewinnen zu können.
Gründer-Trio Lilian Schwich, Dr. Gideon Schwich, Paul Sabarny
Der Batterierecycler wurde von dem Gründer-Trio Lilian Schwich, die heute als CEO agiert, Paul Sabarny, der CTO ist, sowie Dr. Gideon Schwich, der als COO fungiert, gestartet, um das Batterierecycling zu revolutionieren. Die Wissenschaftler waren maßgeblich am Aufbau der Batterierecycling-Gruppe an der Universität beteiligt, bevor sie sich für die Gründung entschieden.
Ziel des Spinoffs der RWTH Aachen mit der „Batteriefertigung rückwärts“: Industrialisierung des über mehrere Jahre entwickelten Verfahrens für ganzheitliches Batterierecycling, um die Elektroauto-Industrie durch Lösung von einem der Kernprobleme zu revolutionieren.
Seed-Finanzierungsrunde und Pilotanlage
In einer Seed-Finanzierungsrunde erhielt das Gründer-Trio im Oktober 2022 und im Februar 2023 insgesamt 11,6 Millionen Euro. Auf Basis dieses Kapitals entstand bis Oktober des gleichen Jahres die Pilotanlage in Aachen, mit der die technische Realisierbarkeit des proprietären Recyclingverfahrens demonstriert wurde.
Hauptinvestoren waren Vsquared Ventures und Speedinvest. Daneben investierten zahlreiche führende Köpfe der Branche: Denn mit an Bord ist mit Dr. Leopold König und Torge Thönnessen, die beiden Mitgründer von Customcells, Lawrence Leuschner, der Gründer von Tier Mobility, und mit Karim Jalbout der Chief People Officer von Lilium. Bei der Erweiterung der Seed-Runde war der World Fund der Lead-Investor – und Begleitung von 10x Founders.
Series A-Finanzierungsrunde: 55 Mios von World Fund und Porsche Ventures
Die Series A-Finanzierungsrunde, die im Mai 2024 bekanntgegeben wurde, umfasst 55 Millionen Euro frisches Kapital. Federführend beteiligt: World Fund und Porsche Ventures. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Investoren:
- Bosch Ventures
- DeepTech & Climate Fonds
- NRW.Venture
Auch die bestehenden Investoren aus der Seed-Runde, Vsquared Ventures, Speedinvest, 10x Founders sowie die Business Angels haben sich erneut beteiligt.
Aktuell besteht das Team des Batterierecyclers Cylib aus über 60 Experten. Ein Teil der Mittel der Finanzierungsrunde wird dafür verwendet, weitere Fachkräfte einzustellen.
Einschätzung von Martin Jendrischik, Cleanthinking-Gründer
Es ist gut, dass sich Anbieter von Batterierecycling gegenseitig im Hinblick auf Nachhaltigkeit übertreffen. Das Aachener Jung-Unternehmen hat in den zwei Jahren seit der Firmengründung bewiesen, wie schnell es die aus der Universität hervorgehende Technologie industrialisieren kann. Es wird weitere umfassende Skalierungsschritte brauchen, um den Druck auf die Preise für Batteriematerialien erträglich zu halten und letztlich den Recycling-Berg abzutragen.
Mit Porsche und Bosch sind natürlich neben den Nachhaltigkeits-Investoren zwei deutsche Schwergewichte an Bord gekommen, was letztlich bestätigt, dass der Pfad des Unternehmens richtig ist. Porsche ist wiederum mit Customcells verbandelt, so dass sich in Deutschland eine wirklich einheimische Batterie-Wertschöpfungskette etablieren dürfte. Ein wichtiger Schritt in der grünen Transformation.
Dieser Artikel entstand ursprünglich im Februar 2023 und wurde zuletzt am 15. Mai 2024 aktualisiert und erweitert.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
[…] wertvoller Rohstoffe aus Batterien. Auch andere deutsche Unternehmen wie Duesenfeld und Cylib haben sich dem Batterie-Recycling verschrieben. Hier ein kurzer […]
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Hallo,
der Bericht hört sich gut an. Wie kann man sich an der Firma beteiligen?