Lebenszyklusanalyse von Transport & Environment vergleicht die Emissionen von Elektroautos mit denen von E-Fuel-Fahrzeugen.
Wie kann die Dekarbonisierung von Autos gelingen – was ergibt eine Lebenszyklusanalyse, die die Emissionen von Elektroautos mit denen von teilweise oder vollständig mit synthetischen Kraftstoffen betankten E-Fuel-Fahrzeugen vergleicht? Die Antwort auf diese Fragestellung, die in der aktuellen Debatte rund um die Alternativen zu fossilem Benzin und Diesel kaum zur Sprache kamen, liefert der Think Tank Transport & Environment.
Die Antwort auf die Frage nach der Dekarbonisierung von Autos fällt eindeutig aus: „Synthetische Kraftstoffe sind eine weit weniger umweltfreundliche Lösung für Autos als batteriebetriebene Elektroautos“, analysiert das Team von T&E auf Basis einer Lebenszyklusanalyse. Die Forscher haben dafür die gesamten Lebenszyklusemissionen von Autos, die im Jahr 2030 gekauft werden analysiert.
Ein Auto, das mit einer Mischung aus E-Fuels und Benzin betrieben wird, würde seine Lebenszyklusemissionen im Vergleich zu konventionellen Kraftstoffen nur um fünf Prozent reduzieren. Ein batteriebetriebenes Elektrofahrzeug, das mit dem für 2030 erwarteten durchschnittlichen EU-Strommix hergestellt und aufgeladen wird, würde über seinen Lebenszyklus dagegen 78 Prozent weniger Emissionen verursachen als ein Verbrenner – und somit zur Dekarbonisierung des Autos beitragen.
Laut T&E untergraben die Ergebnisse aktuelle Aussagen unter anderem des Bundesverkehrsministeriums mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing an der Spitze, wonach synthetische Kraftstoffe unverzichtbar, um den Autoverkehr zu dekarbonisieren. Wissing hatte zuletzt öffentlichkeitswirksam für E-Fuels in Neufahrzeugen nach 2035 lobbyiert – wenngleich diese lediglich für Nischenfahrzeuge in Frage kommen.
Stef Cornelis, Direktor von T&E Deutschland, dazu: “Synthetische Kraftstoffe sind keine Lösung für die Dekarbonisierung von Autos. Batterieelektrische Fahrzeuge sind schon jetzt bereit, weniger teuer, effizienter und bieten deutlich größere CO2-Einsparungen, selbst wenn man den gesamten Lebenszyklus der Produktion betrachtet.”
Elektrofahrzeug 53 Prozent sauberer
Selbst ein Auto, das mit reinem E-Fuel betrieben wird, der mit erneuerbarem Strom hergestellt wird, würde über seinen Lebenszyklus mehr emittieren als das Elektroauto, zeigt die Analyse. Ein Elektrofahrzeug wäre 53% sauberer als ein Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen, was vor allem auf Verluste in der E-Fuel Herstellung und den ineffizienten Verbrennungsmotor zurückzuführen ist.
Bemerkenswert: Eigenen Untersuchungen der Kraftstoffindustrie zufolge würde die Menge an E-Kraftstoff lediglich ausreichen, um im Jahr 2035 drei (!) Prozent des Kraftstoffbedarfs in Europa zu decken.
Die Lebenszyklusanalyse berücksichtigt die Emissionen aus der Materialgewinnung, der Herstellung von Komponenten (einschließlich Batterien), der Fahrzeugmontage und der Entsorgung. In der Nutzungsphase werden bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor die direkten Emissionen am Auspuff und die “vorgelagerten” Emissionen des Kraftstoffs berücksichtigt. Bei Elektroautos wurden die direkten Emissionen aus der Stromerzeugung und der Herstellung der Strominfrastruktur (z. B. aus der Herstellung von Solarzellen und Windturbinen) berücksichtigt.
E-Kraftstoffe sind chemisch ähnlich wie Benzin und Diesel, aber ihre Herstellung und Nutzung ist weitaus energieintensiver als der Antrieb von Elektrofahrzeugen. Ein batterieelektrischer Volkswagen ID.3 kommt mit der selben Menge erneuerbarer Energie fünf mal weiter als ein VW Golf, der mit E-Fuel betrieben wird, wie die T&E-Analyse zeigt. Ein BMW i4 könnte sechsmal weiter fahren als ein BMW 4er mit Verbrennungsmotor.
Stef Cornelis sagte: “In einer Zeit, in der Europa seine erneuerbaren Kapazitäten schnell erhöhen muss, um die Gas- und Ölimporte zu verringern und sich in Richtung Energieunabhängigkeit zu bewegen, können wir es uns nicht leisten, große Mengen zusätzlicher erneuerbarer Energie für diese ineffiziente und teure Lösung zu verschwenden. Synthetische Kraftstoffe müssen zur Dekarbonisierung derjenigen Sektoren eingesetzt werden, in denen eine direkte Elektrifizierung nicht rentabel ist, wie z. B. im Luftverkehr oder der Schifffahrt.“
2021 haben Labortests gezeigt, dass ein Auto, das synthetische Kraftstoffe verbrennt, genauso viele giftige NOx-Emissionen in die Luft pumpt wie fossiles Benzin. Außerdem ist der Betrieb eines Autos mit E-Kraftstoff für die Fahrer teurer als der eines Elektrofahrzeugs. Und zur Dekarbonisierung des Autos tragen synthetische Kraftstoffe nur sehr verhalten bei.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.