Direktversorgung mit Windstrom: Thyssenkrupp Steel geht saubere Wege
Wegweisendes Projekt von SL-Naturenergie bringt grünen Strom direkt ins Stahlwerk nach Hagen-Hohenlimburg und senkt CO2-Emissionen erheblich
ThyssenKrupp Steel macht einen großen Schritt in Richtung Dekarbonisierung. Als erstes deutsches Industriewerk überhaupt wird das energieintensive Unternehmen in Hagen-Hohenlimburg nun per Direktversorgung mit lokal erzeugtem Windstrom betrieben. Lieferant ist das Gladbecker Unternehmen SL Naturenergie. Die direkte Verbindung zum nahegelegenen Windpark Hohenlimburg ist jetzt Anfang Juni 2024 in Anwesenheit von NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur offiziell in Betrieb genommen worden.
Vier Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-138 auf dem „Stoppelberg“ produzieren jährlich rund 55 Millionen Kilowattstunden Strom. Damit kann Thyssenkrupp in Hohenlimburg 40 Prozent seines Strombedarfs decken und 11 Prozent seiner CO2-Emissionen einsparen. Dies ist ein bedeutender Schritt für die Dekarbonisierung, den Klimaschutz und die Energiewende in Nordrhein-Westfalen sowie bundesweit.
Aber: Bis es zur Genehmigung der Windräder kam, war jede Menge Geduld und Bürokratie gefragt. Denn: Die Genehmigung dieses Windparks für ThyssenKrupp Steel dauert nicht weniger als 14 Jahre. Um solche Prozesse zu beschleunigen hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in den vergangenen Monaten zahlreiche neue Gesetze geschaffen – die allerdings in diesem Fall den Unternehmen nicht mehr helfen.
Diese lange Wartezeit zeigt die Herausforderungen, die mit der Umsetzung solcher Projekte verbunden sind. Trotzdem wurde das Projekt erfolgreich umgesetzt und dient nun als Modell für zukünftige Initiativen.
Teil der Dekarbonisierungsstrategie
Der Industriekonzern ThyssenKrupp verfolgt ehrgeizige Ziele bei der Reduktion von CO2-Emissionen – wie man am Projekt der Direktversorgung gut erkennen kann. Ein zentraler Bestandteil dieser Strategie ist die erste Direktreduktionsanlage in Duisburg, die jährlich bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 einsparen soll. Das Hohenlimburger Grünstromprojekt zeigt indes, wie lokal erzeugte Windenergie zur Emissionsreduzierung in der Stahlproduktion beitragen kann.
Heike Denecke-Arnold, Produktions- und Vertriebsvorstand bei Thyssenkrupp Steel, betont die Bedeutung des Projekts: „Das Projekt in Hohenlimburg ist ein hervorragendes Beispiel für eine erfolgreiche lokale Kooperation. Windenergie ist essentiell für die Energiewende und die CO2-reduzierte Stahlherstellung.“
Direktversorgung mit Windstrom: Pilotprojekt mit Signalwirkung
Die Windenergie liefert bereits 28 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen in Deutschland. Die direkte Verbindung des Hohenlimburger Werks mit einem Windpark ist ein Pionierprojekt und könnte als Vorbild für ähnliche Initiativen in anderen Regionen dienen.
Die vier Windräder mit einer Höhe von 160 Metern und einem Rotordurchmesser von 138 Metern sind über eine drei Kilometer lange Direktleitung mit dem Werksnetz verbunden. Dadurch wird der Großteil des erzeugten Stroms direkt genutzt, ohne das öffentliche Netz zu belasten.
Klaus Schulze Langenhorst, Gründer und Geschäftsführer der SL NaturEnergie, hebt die Bedeutung des Projekts hervor: „Die Direktversorgung von Windpark zu Industriewerk ist die effizienteste Art, neue Energie und Industrie zusammenzubringen.“
Tradition und Innovation bei Thyssenkrupp Hohenlimburg
Thyssenkrupp produziert in Hagen-Hohenlimburg mit rund 1.000 Mitarbeiter*innen hochwertiges warmgewalztes Mittelband. Kund*innen sind vor allem die Kaltwalzindustrie, die Automobil- und Zulieferindustrie sowie die Sägeindustrie und der Landmaschinenbau. Das Werk benötigt jährlich etwa 110 Gigawattstunden Strom – etwa 80 Prozent des Bedarfs der benachbarten Stadt Iserlohn.
„Bereits mit dem Grünstrom aus den ersten vier Windrädern können wir im Jahresdurchschnitt 40 Prozent unseres Strombedarfs decken“, erläutert André Matusczyk, Geschäftsführer der Thyssenkrupp Hohenlimburg GmbH. „Wir entlasten das öffentliche Netz und reduzieren unseren ökologischen Fußabdruck.“
EnBW will Stahlindustrie aus Offshore-Windpark versorgen
Dieses innovative Projekt zeigt, wie eine nachhaltige Energieversorgung und industrielle Produktion Hand in Hand gehen können, wenn Akteure lokal zusammenarbeiten. Aber es kann auch anders gehen, wie das Beispiel des Energieunternehmens EnBW zeigt. Die Baden-Württemberger haben gerade mit dem Bau des größten Offshore-Windparks in der Nordsee begonnen und wollen damit nach Fertigstellung die saarländische Stahlindustrie bei der Transformation und der Dekarbonisierung unterstützen.
Dazu haben EnBW und die SHS einen 50-Megawatt-Strombezugsvertrag (PPA) über 15 Jahre aus dem geplanten EnBW-Offshore-Windpark „He Dreiht“ abgeschlossen. Der Grünstrom wird zukünftig zur Herstellung von CO2-armem Stahl in der saarländischen Stahlindustrie eingesetzt.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.