Ark Biotech und die vielversprechende Disruption des Bioreaktors
Wie plant Jossi Quint, die Produktion von kultiviertem Fleisch zu revolutionieren und das Skalierungsproblem zu lösen?
Ist das die Disruption des Bioreaktors? Die Herstellung von kultiviertem Fleisch ist mittlerweile gut erforscht. Die ersten Unternehmen dürfen entsprechende Fleischprodukte an Kundinnen und Kunden verkaufen. Doch eine zentrale Herausforderung besteht unzweifelhaft darin, die Produktion so zu skalieren, dass im Hinblick auf Mengen und Preise kein Weg mehr an Clean Meat vorbeiführt. Ein Faktor dabei: Bislang können Bioreaktoren nur begrenzt skaliert werden. Ark Biotech aus Boston will das mit der Disruption des Bioreaktors ändern.
In Bioreaktoren werden unterschiedlichste Organismen für verschiedene Zwecke kultiviert. Typisch sind Rührkessel-Bioreaktoren aus Metall, die ein Volumen von wenigen bis tausenden Litern haben können und mit Nährlösung gefüllt werden. Der Rührkesselreaktor erinnert an einen großen Stabmixer mit schaufelähnlichem Gerät. Dieser sogenannte Impeller, der sich am Boden dreht, hat die Aufgabe, alle Zutaten im Behälter zu vermischen.
Ziel ist es, die Nährstoffe gleichmäßig zu verteilen und das Zellwachstum entsprechend zu fördern. Aber je größer der Rührkesselreaktor dimensioniert ist, umso mehr Energie wird benötigt. Und: Der Impeller muss sich dann so schnell drehen, um eine homogene Mischung zu erzeugen, dass dabei die Zellern abgetötet werden.
Die Bioreaktoren sind die wichtigste Investition für Unternehmen, die kultiviertes Fleisch herstellen. Nur die Pharmaindustrie verwendet sie in ähnlich großen Mengen für die kommerzielle Produktion. Laut Primary Venture Capital könnte die Menge an kultiviertem Fleisch, die in einem Jahr produziert werden könnte, den täglichen Fleischbedarf der USA decken, wenn man jeden pharmazeutischen Bioreaktor in einen für kultiviertes Fleisch umwandeln würde.
Bioreaktoren neu gedacht
„Wir haben den Bioreaktor systematisch überdacht und eine Bioproduktionsplattform entwickelt, die vorhersehbar von der Labor- zur Massenproduktion skaliert“, sagt Yossi Quint (Linkedin), Co-Gründer von Ark Biotech. Mit einer neuen Art will der frühere McKinsey-Berater die Disruption des Bioreaktors einleiten – also mit seiner Technologie herkömmliche Reaktoren ablösen.
Konkret hat Ark Biotech einen Reaktor entwickelt, der vertikale Röhren und eine sogenannte „Airlift-Technologie“ verwendet, um das gleichmäßige Vermischen hinzubekommen. Um die gewünschte Menge zu produzieren, wird demnach einfach die passende Anzahl an Röhren hinzugefügt. „Das ist sehr, sehr billig“, verspricht Quint. „Im großen Maßstab ist unser Bioreaktor 90 % billiger als der derzeit größte Bioreaktor der Welt.“
Gegenüber dem Medium Freethink berichtet Quint über die Pläne von Ark Biotech, die es möglich machen sollen, die Produktion von kultiviertem Fleisch zu revolutionieren und das Skalierungsproblem der gesamten Branche zu lösen. In den kommenden Monaten soll eine „verbesserte“ Version des Bioreaktors mit der besonderen Technologie auf den Markt kommen. Verbunden sein wird das mit einer einzigartigen Steuerungsmöglichkeit.
Das Team hat zusätzlich eine „Optimierungsmaschine“ entwickelt, die als digitales Abbild des physischen Bioreaktors fungiert. Sie erlaubt dem Benutzer, die Vorgänge im Bioreaktor zu beobachten, verschiedene Situationen zu simulieren und in Echtzeit Anpassungen an über 15 Parametern vorzunehmen, um die Leistung zu optimieren. Ein weiterer wichtiger Schritt zur Disruption des Bioreaktors.
Einschätzung zur Disruption des Bioreaktors
Es ist ein verdammt gutes Zeichen, dass es mittlerweile Überlegungen gibt, wie der Bioreaktor auf die Bedürfnisse der Fleischproduktion verändert werden kann. Ob Ark Biotech hier die richtigen Schritte plant, wird die Zukunft zeigen. Entscheidend ist, dass die ungenutzte Klimachance alternative Proteine endlich im großen Maßstab erkannt und bewirtschaftet wird.
Dabei muss selbstredend auch die Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden – das macht Ark Biotech und das ist gut. Die Clean Meat Branche hat aber natürlich noch mit weiteren Herausforderungen zu kämpfen, die ebenfalls gelöst werden müssen. Die Zeit rennt im Hinblick auf den Klimawandel und die Zahl von zehn Milliarden Menschen auf der Erde rückt näher.
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„Kultiviertes Fleisch ist ein Anwendungsfall, der mir besonders am Herzen liegt“, sagt Quint. „Die industrielle Fleischproduktion ist in jeder Hinsicht kaputt. Kulturfleisch ist echtes Fleisch ohne diese negativen externen Effekte.“ Damit hat er zweifelsohne Recht.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.