E-Flugzeug-Revolution: Cleantech-Startup präsentiert rein elektrischen Neun-Sitzer

Die E-Flugzeug-Revolution will das israelische Cleantech-Startup Eviation Aircraft mit seinem rein elektrischen Alice Commuter auslösen.

Kommende Woche könnte einen historischen Moment in der Geschichte der Luftfahrt bedeuten: Die E-Flugzeug-Revolution beginnt. Eviation Aircraft Ltd., finanziert von einem Milliardär und mit 35 Experten ein kleines Unternehmen aus Israel, wird sein rein elektrisches Flugzeug, den Alice Commuter präsentieren. Während die bekannten Flugtaxis mit Brennstoffzelle oder Batterien zur fünf Personen Platz bieten, ist das Elektroflugzeug von Eviation für neun Passagiere und zwei Crewmitglieder gedacht. Schon 2021 könnte er im kommerziellen Einsatz sein.

Es könnte ein Wendepunkt sein, der es realistischer machen dürfte, unvermeidbare Flugreisen auf einer Strecke von bis zu 1.046 Kilometern (650 Meilen) rein elektrisch zurückzulegen. Das ist nicht unwichtig, weil beispielsweise Norwegen und Schweden sich genau dieses Ziel gesetzt haben: Ab 2040 soll jeder Kurzstreckenflug rein elektrisch stattfinden. Generell könnte es wegweisend sein: Kurzstreckenflüge werden weitgehend abgeschafft, unvermeidbare Flüge werden rein elektrisch durchgeführt. Und: Längere Flugstrecken werden über alternatives Kerosin, etwa gewonnen aus Sonnenlicht und Luft, sauberer gemacht.

Laut einem Bericht, der kürzlich Woche von Analysten der Investmentbank UBS veröffentlicht wurde, wird sich die Luftfahrt-Branche viel schneller auf Hybrid- und Elektromotoren für regionale Reisen (unter 1.000 Meilen) zubewegen, als viele denken. Zwischen 2028 und 2040 prognostizieren sie den jährlichen Bedarf an etwa 550 Hybridflugzeugen mit einem Gemisch aus fossilen Brennstoffen und elektrischer Energie. Dies würde in diesem Zeitraum eine Industrie von zirka 158 Milliarden Euro schaffen.

Eviation will Flugkosten halbieren

Eviation ist eines von mehreren Unternehmen, die kleine Elektroflugzeuge entwickeln, die tatsächlich die Kosten für den Flugverkehr minimieren sollen, etwa verglichen mit einer Beechcraft King Air 350. Nach Angaben der Israelis sind die Betriebs- und Energiekosten nur halb so hoch wie mit vergleichbaren Flugzeugen. Gleichzeitig werden Emissionen reduziert und das Fliegen ist deutlich leiser als von konventionellen Flugzeugen gewohnt.

Im Jahr 2017 gaben die Amerikaner ein Billion Dollar für Reisen zwischen 50 und 650 Meilen aus. Unser Ziel ist es, die Kosten für das Pendeln zu senken, indem wir mittlere Kilometer billiger, schneller und sauberer machen. Zusammen mit magniX bieten wir eine wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Mobilitätslösung, die das Gesicht der Luftfahrt und des Verbraucherreiseverkehrs nachhaltig verändern wird.

Eviation Aircraft Co-Founder and CEO Omer Bar-Yohay (Source: Cleantechnica)

Allerdings ist zu bedenken, was ein solches Flugzeug mit sich herumschleppen muss, um die angestrebten Distanzen mit neun Passagieren bewältigen zu können. Die E-Flugzeug-Revolution ist kein leichtes Unterfangen: Lithium-Ionen-Batterien mit einem Gewicht von mehr als 3,8 Tonnen werden an Bord des Pendlerflugzeugs sein – sowohl in der Decke wie auch im Boden und den Flügeln. Damit macht die Batterie 60 Prozent des zulässigen Gesamtgewichts vom Alice Commuter aus. Zum Vergleich: Bei einem Tesla sind es 30 Prozent.

Ein Pendler-Flugzeug für die emissionsfreie und schnelle Kurzstrecke.

Die 9.400 Li-Ion-Zellen pro Flugzeug kauft Eviation beim kleinen Zellhersteller Kokam. Unterschiedliche Angaben schwanken zwischen 900 und 980 Kilowattstunden Batteriekapazität, die mit auf die Reise genommen werden sollen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 240 Knoten, was etwa 440 Kilometer pro Stunde entspricht. Das Antriebssystem stammt von MagniX und wird eine Leistung von 280 Kilowatt haben.

Milliardär hat sich mit 70 Prozent an Eviation Aircraft beteiligt

Die E-Flugzeug-Revolution wird entscheidend finanziert von der Clermont Group, dem privaten Investmentfonds des in Singapur ansässigen Milliardärs Richard Chandler. Er hat Eviation 76 Millionen Dollar im Austausch für Schuldverschreibungen zur Verfügung gestellt – und sich damit eine 70-prozentige Beteiligung im Cleantech-Startup gesichert.

Aber das Interesse an der E-Flugzeug-Revolution geht bei Chandler noch weiter: Neben der Beteiligung an Eviation ist der Fonds auch am Partner-Unternehmen MagniX beteiligt. „Mit magniX und Eviation sind wir führend bei der Entwicklung von erschwinglichen und umweltfreundlichen Elektroflügen. Mit der Markteinführung eines fortschrittlichen elektrischen Antriebssystems für Flugzeuge wird magniX Pionierarbeit für eine neue Generation von Elektroantrieben leisten, um die Zukunft der Luft- und Verkehrsindustrie zu gestalten“, heißt es auf der Internetpräsenz des Unternehmens.

Großer Auftritt für Alice Commuter in Paris

Am kommenden Dienstag steigt schließlich die Weltpremiere des Alice Commuter von Eviation Aircraft. Das Cleantech-Startup war schon vor zwei Jahren bei der Paris Air Show vertreten und präsentierte einen ersten Prototyp von Alice. Jetzt, so das Versprechen des Unternehmens via LinkedIn, soll die offizielle Vorstellung erfolgen. Das Foto (Quelle Eviation Aircraft / Linkedin) zeigt, dass die Vorbereitungen laufen:

E-Flugzeug-Revolution: Paris Air Show mit dem Alice Commuter.

Gemeinsam mit seinen Partnern wie MagniX und Siemens will Eviation den mittleren Transitverkehr – die Personenbeförderung bis zu 1.000 Meilen – in einen Bereich verwandeln, den sie als Sweet Spot der elektrischen Luftfahrt betrachten. Nach Testflügen in diesem Jahr und der Zertifizierung bis Ende 2021 plant Eviation Aircraft, ab 2022 das erste Elektroflugzeug an kommerzielle Kunden zu liefern.

Während viele andere Startups im Luftfahrt-Bereich bis heute eher an Hybrid-Flugzeugen (wie etwa Zunum Aero oder JetBlue Airways) arbeiten, will das kleine israelische Cleantech-Startup nun die E-Flugzeug-Revolution einleiten. Es ist bemerkenswert, denn das Unternehmen arbeitet wohl erst seit August 2015 am Alice Commuter – dieses Datum gibt jedenfalls der CEO Omer Bar-Yohay als Startschuss des Unternehmens an. Der kommende Dienstag wird einen Eindruck vermitteln, inwieweit die Revolution beginnen kann…

Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.

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