Cleantech-Unternehmen sammelt 198 Millionen US-Dollar ein. Investoren? Equinor, Rio Tinto und Breakthrough Energy Ventures
Das amerikanische Cleantech-Unternehmen Electric Hydrogen hat eine Elektrolyse-Technologie entwickelt, die speziell auf die Dekarbonisierung der Sektoren Stahl, Ammoniak und Güterverkehr ausgelegt sind. Damit will – so die Mission von Electric Hydrogen – 30 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen aus schwer zu elektrifizierenden Branchen zu vermeiden. CEO von EH2 ist Raffi Garabedian, der zuvor sehr lange beim Solarproduzenten First Solar als Manager tätig war. Andere Führungskräfte wirkten zuvor bei Tesla.
Electric Hydrogen hat seinen Sitz in der Nähe von Boston und eine Präsenz direkt im Silicon Valley. Das Unternehmen wird nicht nur Elektrolyseure liefern, sondern die gesamte Anlage drumherum, die notwendig ist zur Gewinnung von Wasserstoff aus Wasser mit Hilfe erneuerbarer Energien. Die innovativen Elektrolyseure bzw. EH2-Anlagen, die vom Unternehmen noch nicht in Betrieb genommen wurden, benötigen jeweils 100 Megawatt Strom, um bis zu 48 Tonnen Wasserstoff pro Tag zu produzieren.
Die Elektrolyse-Technologie von Electric Hydrogen ist bereits patentiert und soll dazu beitragen, die Kosten für die Herstellung von grünem Wasserstoff massiv zu senken. Herzstück sollen Fortschritte in der Elektrochemie der Anlage sein sowie die Größe der Systeme.
Das Geschäftsmodell von EH2 basiert auf dem Angebot eines „Full-Stack“-Designs, das Elektrolyseure und Komponenten für die Anlagenbilanz umfasst. Electric Hydrogen wird nicht in den Bau, die Entwicklung oder die Finanzierung involviert sein, sondern in Partnerschaft mit Kunden an individuellen Projekten arbeiten.
Der patentierte Elektrolyseansatz von EH2 – das Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus Elektrizität und Wasser – wurde speziell für die großvolumige, kostengünstige Produktion entwickelt, die für die Unterstützung massiver industrieller Operationen erforderlich ist, was die Kosten für Wasserstoff erheblich verbessern könnte, sagte das Unternehmen.
„Wir sind in der Lage, die gesamte Infrastruktur auf einer viel kleineren Fläche unterzubringen, und das senkt die Kosten“, sagte Chief Executive Officer Raffi Garabedian zur Beschreibung des USPs seiner Technologie. Genau dies sei der Schlüssel zur Steigerung der Effizienz sowie zur Senkung der Kosten. Garabedian agierte zuvor als Chief Technology Officer bei First Solar. Als Analogie zur Entwicklung der Solarenergie erwartet der Unternehmer ein „verrücktes Gerangel“ um den Einsatz der Wasserstofftechnologie – weil viele Projekte auf Subventionen angewiesen sind. In Kürze würden nur noch Technologien übrig bleiben, die zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden.
Unter der Leitung der Mitbegründer Raffi Garabedian und Dave Eaglesham, ehemalige Führungskräfte bei First Solar, Dorian West, ehemaliger technischer Leiter bei Tesla, und Derek Warnick, ehemaliger Company Builder bei Breakthrough Energy Ventures, vereint das Team von Electric Hydrogen Fachwissen aus verschiedenen Bereichen, von der Technik über das Finanzwesen bis hin zur Fertigung.
Diese Investoren beteiligen sich an Electric Hydrogen
Ende Juni 2022 beteiligte sich ein hochkarätiger Investorenkreis an Electric Hydrogen – und gab insgesamt 198 Millionen US-Dollar in das Cleantech-Unternehmen. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde (Series B) vom Fifth Wall Climate Technology Fund. Folgende Finanzgeber gehörten ebenfalls dazu:
- S2G Ventures
- Silicon Valley Bank
- Trinitiy Capital
- Honeywell International
- Mitsubishi Heavy Industries
- Rio Tinto
- Equinor Ventures
- Amazon Decarbonization Fund
- Cosan
Frühere Investoren in der Series A Finanzierungsrunde waren Breakthrough Energy Ventures, Capricorn Partners, Energy Impact Partners und Prelude Ventures. Sie beteiligten sich allesamt auch an der zweiten Finanzrunde im Juni 2022.
„Diese Runde ist mehr als nur eine Investition in ein Unternehmen. Sie ist der bisher größte Schritt zur Bewältigung der dringenden Herausforderung, schwer zu dekarbonisierende Industrien zu dekarbonisieren, die sowohl für das moderne Leben unverzichtbar sind als auch riesige Quellen von Treibhausgasemissionen darstellen“, sagte Peter Gajdoš, Partner bei Fifth Wall und Co-Leiter des Climate Investment Teams. „Wir haben nach den vielversprechendsten Antworten auf diese Herausforderung gesucht und mit EH2 eine gefunden. Ihr Team, ihr interdisziplinäres Fachwissen und ihre visionäre Technologie bringen sie an die Spitze des Wettlaufs um eine tiefgreifende Senkung der Industrieemissionen bei überzeugender Wirtschaftlichkeit.“
Rio Tinto investiert in Electric Hydrogen, um die Entwicklung neuer Technologien zu unterstützen, die das Potenzial haben, zur Dekarbonisierung unserer Betriebe und Lieferketten beizutragen. Wir stellen Materialien her, die für den Übergang unserer Gesellschaft zu einer kohlenstoffarmen Zukunft zunehmend benötigt werden, daher ist es wichtig, neue Wege zu beschreiten, um bei der Versorgung mit diesen Materialien auf Netto-Null zu arbeiten.
Nigel Steward, Chief Scientist von Rio Tinto
„Die Energiewende ist eine Chance für Equinor Ventures, seine führende Position im Bereich Kohlenstoffmanagement und Wasserstoff zu nutzen und neue Wertschöpfungsketten und Märkte zu entwickeln und auszubauen. Wir freuen uns, die Investition in Electric Hydrogen bekannt geben zu können, da das Unternehmen die Produktion von grünem Wasserstoff im Gigawatt-Maßstab ausbaut“, sagte Gareth Burns, Leiter von Equinor Ventures.
Die Finanzierung soll zur Skalierung der Elektrolyseur-Technologie sowie den Aufbau von Demonstrationsprojekten genutzt werden. Electric Hydrogen betreibt an seinem Hauptsitz bei Boston eine Testumgebung – und will die Demoprojekte 2023 realisieren. Offenbar sind aber die Patente und das Management des Unternehmens so überzeugend, dass eine Riege hochkarätigster Investoren überzeugt werden konnte.
Für die Energiewende bzw. die Dekarbonisierung der Industriesektoren ist jede Elektrolyse-Technologie mehr als hilfreich. Trotz Ankündigung einiger Großprojekte, reicht dies bislang nicht aus, um den Bedarf an grünem Wasserstoff in 2050 zu decken.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.