Die biokatalytische Methanproduktion gilt als wichtige Technologie für die Energiewende. Das Cleantech-Unternehmen Electrochaea betreibt seit 2016 die weltweit erste biologische Methanisierungsanlage im Megawatt-Maßstab. Jetzt ist es dem Unternehmen gelungen, einen speziell zur effektiven biokatalytischen Methanproduktion gezüchteten Mikroorganismen-Stamm patentieren lassen. Damit sollen schon bald Anlagen im GW-Maßstab möglich werden.
Cleantech News, 28. Februar 2017. Electrochaea will die patentierten Archaeen einsetzen, um besonders effizient aus Wasserstoff und CO2 Biomethan in Erdgasqualität herzustellen. Bei den Mikroorganismen handelt es sich um Archaeen, eine Variante des Stammes Methanothermobacter thermautotrophicus. Sie gelten als die ältesten Lebewesen auf der Erde und bilden neben Bakterien und Eukaryoten den dritten Ast des Stammbaums des Lebens.
Die Archaeen sind wahre Überlebenskünstler und können sich extremen Umweltbedingungen anpassen. Die besonderen Stoffwechselleistungen der Mikroorganismen sind biotechnologisch hochinteressant und können vielfältig genutzt werden. „Das Ergebnis unserer Archaeen-Kultivierung hat uns selber überrascht. Wir haben die Raum-Zeit-Ausbeute der Archaeen um den Faktor zwanzig gesteigert und das bei stabiler Netzqualität des Methans“, sagt Dr. Mich Hein, Geschäftsführer von Electrochaea.
Die von Electrochaea entwickelte Methode der biologischen Methanisierung ist womöglich eine Schlüsseltechnologie, um CO2 sinnvoll zu nutzen und Strom aus erneuerbaren Energiequellen als Gas speicherbar zu machen. Der Strom wird dabei in einem ersten Schritt zur Herstellung von Wasserstoff genutzt (Elektrolyse). Der Wasserstoff und zugeführtes CO2 aus industriellen Abgasen oder anderen Quellen werden daraufhin von den Archaeen in einem biokatalytischen Prozess in Biomethan umgewandelt.
Electrochaea Gas für Wärme oder Treibstoff
Das von den Mikroorganismen produzierte Gas kann zeitlich und räumlich unabhängig für die Erzeugung von Wärme oder auch als Treibstoff genutzt werden. Speicherung und Transport des Biomethans erfolgen über das bestehende Erdgasnetz. Der kostenintensive Bau einer zusätzlichen Infrastruktur ist daher nicht nötig.
Bislang war ein kommerzieller Einsatz der Technologie unmöglich, da die Leistung der Archaeen nicht ausreichend und beständig genug war. Der wissenschaftliche Durchbruch gelang Prof. Laurens Mets am Department für Molekulare Genetik und Zellbiologie der Universität Chicago, der die Effizienz des Archaeen-Stammes durch einen gezielten Selektionsprozess deutlich steigern konnte. Aufbauend auf dieser Forschungsleistung und in enger Zusammenarbeit mit Prof. Mets ist es dem Team um Geschäftsführer Dr. Mich Hein 2014 gelungen, die Technologie so weiter zu entwickeln, dass eine kommerzielle Nutzung im industriellen Maßstab jetzt möglich ist.
Das ist gerade dann wichtig, wenn die Methode im industriellen Maßstab eingesetzt wird. Genau das hat Electrochaea nun vor. „Wir können jetzt sehr schnell nach oben skalieren und das zu betriebswirtschaftlich sehr vernünftigen Kosten“, erklärt Dr. Hein. In Ungarn ist nach Angaben von Electrochaea eine Anlage mit einer Leistungsaufnahme von zehn Megawatt geplant. Weitere Anlagen in der Schweiz und in den USA sind im Bau. Bis 2025 seien Anlagen im Gigawattbereich realistisch, so das Unternehmen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.