Elektra: Weltweit erstes Schubschiff mit Batterien und Brennstoffzellen
Schubschiff Elektra wird in einer Schiffswerft in Sachsen-Anhalt gebaut und emissionsfrei 1.400 Tonnen schwere Frachtschiffe schieben.
Die Logistik-Schifffahrt hat ein neues, weltweit einmaliges Prestigeprojekt. Das Kanalschubschiff Elektra wird über ein Hybridkonzept mit Batterien und Wasserstoff angetrieben – vergleichbar mit dem Antriebskonzept des Wasserstoffzuges Coradia iLint von Alstom. Entwickelt wird das Schubschiff, das in Sachsen-Anhalt gebaut wird, von einem Konsortium um eine Professor der TU Berlin. Innovativ ist besonders das ausgeklügelte Energiekonzept.
Konkret verfügt die Elektra über eine 2,7-kWp-Photovoltaikanlage, drei wasserstoffbetriebene PEM-Brennstoffzellen (NT-PEMFC) mit jeweils 100 Kilowatt Leistung und zwei 210-Kilowatt-Antriebsmotoren. Die gewaltigen Batteriepacks unterstützen einerseits den Antrieb mit zwei Mal 1.025 kWh und andererseits das Bordnetz mit 200 kWh. In sechs Behältern werden 750 Kilogramm Wasserstoff bei einem Druck von 50 bar mitgeführt. Die elektrische Leistung liegt bei beeindruckenden 21.200 Kilowattstunden.
Die Elektra ist in der Lage mit bis zu 1.400 Tonnen schwere, beladene Frachtschiffe emissionsfrei zu schieben. Das Schubschiff ist 20 Meter lang und etwa acht Meter breit. Nach insgesamt 400 Kilometern müssen die Batterien nachgeladen und neuer Wasserstoff getankt werden. Dazu dienen sogenannte Bunkerstationen, die sowohl in Hamburg als auch in Berlin sowie in Lüneburg gebaut werden. Nach sieben Stunden kann die Fahrt fortgesetzt werden.
Schubschiff wird in Sachsen-Anhalt gebaut
Anfang November begann der Bau der Elektra bei der Schiffswerft Barthel in Elbe Parey in Sachsen-Anhalt. Auftraggeber ist die Berliner Hafen- und Lagergausgesellschaft BEHALA, die beispielsweise mehrere 100 Tonnen schwere Gasturbinen von Siemens vom Produktionsstandort Berlin zum Exporthafen Hamburg bringt. Im ersten Schritt soll das Schiff dann zwischen Hamburg und Berlin pendeln – und beispielsweise aus Hamburg dann Kohle für die Berliner Kohlekraftwerke mitbringen. In Zukunft wahrscheinlich rein elektrisch mit dem Schubschoff Elektra.
Elektra wurde an der TU Berlin konzipiert
Um die Elektra zu realisieren, hat Projektleiter Prof. Gerd Holbach von der TU Berlin, sein Fachgebiet ist der Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme, Unternehmen wie die BEHALA, die Schiffswerft Herrmann Barthel, Ballard Power Systems als Lieferant der Brennstoffzellen, Schiffselektronik Rostock und Imperial Logistics als Reederei zusammengebracht. Die eingesetzten Wasserstofftanks stammen vom kleinen Cleantech-Unternehmen Anleg Advanced Technology aus Wesel, während ein niederländischer Partner für die Batteriesysteme verantwortlich ist.
Das Cleantech-Unternehmen EST-Floattech bietet Batteriesysteme, die für den maritimen Einsatz optimiert wurden. Das Batteriepaket besteht aus 242 Modulen mit einer Gesamtkapazität von 2,5 Megawattstunden. Obwohl die Leistung der Batterie und der Brennstoffzellen gemeinsam für die Stromversorgung der Elektromotoren verwendet wird, sind die beiden Antriebe aus Gründen der Redundanz völlig unabhängig.
Konsortium leistet echte Pionierarbeit
Das Batteriesystem von EST-Floattech verfügt über spezielle Sicherheitssysteme, zur Wärmeabfuhr wird eine Klimaanlage verwendet. Es wiegt 22 Tonnen, was 15 Prozent des Gesamtgewichts der Elektra entspricht. Die Batterien werden unter Deck positioniert, wobei der niedrigere Schwerpunkt dazu beiträgt, die schwankenden Kraftstoffstände der Wasserstofftanks zu mildern.
Wichtige Bedingung bei der Konzeption der Elektra war es, das weder der zu befördernde Schiffsraum, noch die Betriebszeiten, die Geschwindigkeiten oder Reichweiten in der Schubschifffahrt auf dem europäischen Kanalnetz zu wesentlichen Einschränkungen führen dürfen. Im Alltag muss sich dann zeigen, ob die Kosten für Wasserstoff und Ladestrom in einer mit konventionellem Brennstoff vergleichbaren Größenordnung liegen.
Wenn dies bei der Errichtung der Infrastruktur der Landstationen für elektrisch betriebene Binnenschiffe gelingt, habe die emissionsfreie Antriebstechnik eine realistische Perspektive in der Binnenschifffahrt sowohl für den Gütertransport als auch für die Personenbeförderung, so das Konsortium in einer Pressemitteilung zur Kiellegung.
Energiekonzept auf andere Segmente übertragbar
Was das Konsortium hier leistet, ist echte Pionierarbeit. Die Kosten für das weltweit einmalige Projekt liegen im niedrigen, zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Das Bundesverkehrsministerium fördert die Entwicklung, um der Binnenschifffahrt einen geringeren Fußabdruck zu ermöglichen. Aber: Das Energiekonzept ist auch auf viele andere Schiffe übertragbar und muss nicht auf die Binnenschifffahrt beschränkt bleiben.
Es ist geplant, ausschließlich Wasserstoff einzusetzen, der umweltfreundlich mit Wind- oder Solarstrom hergestellt wird. Die Batterien sollen ebenfalls mit erneuerbaren Energien aufgeladen werden. Damit ist die Elektra weitgehend klimaneutral – die Brennstoffzellen haben lediglich dampfförmiges Wasser als Abgas.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.