PIK-Studie definiert drei Eckpfeiler für die erfolgreiche Transformation des Energiesystems.
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat untersucht, wie sich Strom und Wasserstoff in verschiedenen Szenarien der zukünftigen EU-Transformation auswirken. Laut ihrer Studie sind bis 2050 42-60 Prozent des Energieverbrauchs auf Strom und 9-26 Prozent auf wasserstoffbasierte Energie angewiesen. Elektrifizierung oder Wasserstoff sind bis 2050 die entscheidenden Strategien, um Klimaneutralität zu erreichen.
Um die Europäische Union klimaneutral zu machen, ist es wichtig, schnell von fossilen Brennstoffen auf elektrische Technologien umzusteigen, die mit erneuerbarem Strom betrieben werden. Darüber hinaus wird aus erneuerbarem Strom erzeugter Wasserstoff eine unverzichtbare Rolle in Bereichen spielen, die schwer elektrifizierbar sind, wie beispielsweise in der Luftfahrt, Schifffahrt und Chemieindustrie.
- Umweltschonende EU: Klimaneutralität durch Umstieg auf elektrische Technologien
- Elektrische Technologien mit erneuerbarem Strom als Alternative zu fossilen Brennstoffen
- Erneuerbarer Wasserstoff als wichtiger Faktor in schwer elektrifizierbaren Bereichen
- Einsatz in Luftfahrt, Schifffahrt und Chemieindustrie
„Frühere Forschung zeigte, dass unser Energiesystem kostengünstig und umweltschonend auf erneuerbare Energiequellen wie Wind und Sonne umgestellt werden kann. Die Frage ist, wie dieser erneuerbare Strom genutzt werden kann, um die Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden, im Industrie- und im Verkehrssektor zu ersetzen. Unsere Analyse zeigt, dass die direkte Nutzung von Strom, zum Beispiel durch Elektroautos und Wärmepumpen, für viele Sektoren ganz entscheidend ist, während die Umwandlung von Strom in Wasserstoff nur für wenige Anwendungen wichtig ist“, sagt Leitautor Felix Schreyer.
Zum ersten Mal analysiert eine in der Zeitschrift „One Earth“ veröffentlichte Studie zu Elektrifizierung oder Wasserstoff detailliert die Wechselwirkungen zwischen Elektrifizierung und Wasserstoff in verschiedenen Sektoren und Szenarien für die EU-Klimaneutralität. Das PIK-Forschungsteam verwendet das Energie-Ökonomie-Modell REMIND, um plausible Kombinationen beider Strategien im Transformationspfad des EU-Energiesystems zu untersuchen. Die Untersuchung zeigt, dass die Elektrifizierung größere Potenziale bietet und dass der Einsatz von wasserstoffbasierter Energie begrenzter ist als in früheren Studien beschrieben.
Die direkte Verwendung von Strom bleibt die vorherrschende Methode für Autos, Gebäudeheizung und industrielle Anwendungen. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe aus Strom sind hauptsächlich für die Luftfahrt, Schifffahrt, chemische Industrie und Energiespeicherung erforderlich. Elektrifizierung und Wasserstoff ergänzen sich im Energiemix weitgehend, wobei sie in einem geringen Umfang von etwa 15 Prozent der Endenergie miteinander konkurrieren. Dies betrifft insbesondere den LKW-Verkehr und die Hochtemperatur-Prozesswärme in der Industrie.
Elektrifizierung oder Wasserstoff: Notwendige Maßnahmen der Politik
„Der Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und die Umstellung auf elektrische Technologien, wo immer dies möglich ist, ist bei weitem der schnellste und billigste Weg, um die Kohlenstoffemissionen in den meisten Sektoren zu senken. Wir gehen daher davon aus, dass der Anteil von Strom am Endenergieverbrauch von 20 Prozent auf 42 bis 60 Prozent bis 2050 steigen muss, um Klimaneutralität in der EU zu erreichen“, sagt Studienautor Gunnar Luderer, Leiter der Gruppe Energiesysteme am PIK.
Ursache hierfür ist, dass elektrische Technologien zunehmend verfügbar sind und Strom sehr effizient nutzen, während die Umwandlung in Wasserstoff und synthetische Brennstoffe und deren Verbrennung mit erheblichen Energieverlusten verbunden sind. Insgesamt steigt die Stromnachfrage in der EU in den Szenarien bis 2050 um 80 bis 160 Prozent, je nach Umfang der Wasserstoffimporte und der Rolle der Elektrifizierung und des Wasserstoffs in unsicheren Sektoren. Bis dahin müsste somit etwa doppelt so viel Strom erzeugt werden wie heute.
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Die Forschenden diskutieren auch den aktuellen Stand der EU-Politik in Bezug auf Elektrifizierung oder Wasserstoff und skizzieren drei kritische Eckpfeiler für eine erfolgreiche Transformation: Die Politik sollte
- der Elektrifizierung bzw. dem Wasserstoff in den Sektoren Vorrang einräumen, in denen sie in allen Szenarien bevorzugt werden (Ausbau vorantreiben)
- Hindernisse für den Ausbau der erneuerbaren Energien beseitigen (Hindernisse abbauen) und
- Anreize für den Ausbau von Wasserstoffversorgungsketten schaffen (Anreize setzen).
„Die politischen Entscheidungsträger sollten die verschiedenen Funktionen beider Strategien in verschiedenen Sektoren berücksichtigen. Sie sollten die Förderung der Elektrifizierung für den Straßenverkehr und die Heizung durch elektrische Anwendungen vorantreiben. Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe sollten hingegen in Anwendungen priorisiert werden, in denen sie unersetzlich sind„, erklärte Dr. Falko Ueckerdt, Autor der Studie.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.