EU-Kommission reagiert mit Strafmaßnahmen auf subventionierte Importe. Eine Lösung muss bis Anfang Juli gefunden werden.
Die Europäische Union schließt sich den Vereinigten Staaten an und droht ebenfalls mit der Erhebung von Elektroauto-Zöllen auf Fahrzeuge aus China. Die möglichen und vorübergehenden Zollsätze können bis zu 38,1 Prozent betragen und würden chinesische Automobilhersteller wie BYD, Geely und SAIC betreffen. BYD hat kürzlich den Bau einer zweiten Produktionsstätte in Europa angekündigt. Wenn bis Juli keine alternative Lösung mit China gefunden wird, treten die Zölle rückwirkend ab Juli in Kraft. Diese Entscheidung könnte erhebliche Auswirkungen auf die europäische und weltweite Automobilindustrie haben.
Elektroauto-Zölle: Ein Wendepunkt im Handelskonflikt
Der Zollsatz variiert je nach Zusammenarbeit bei der Untersuchung: Für Hersteller, die kooperativ sind, beträgt der Durchschnittszoll 21 Prozent, während unkooperative Hersteller den Höchstsatz von 38,1 Prozent zahlen müssen. Gegenwärtig beträgt der Zollsatz zehn Prozent. Konkret betroffen sind die Hersteller BYD, Geely und SAIC. BYD wird mit einem Sonderzoll von 17,4 Prozent belegt, für Geely sind es 20 und für SAIC 38,1 Prozent.
Für Tesla gilt laut Medienberichten ein Elektroauto-Zoll von 21 Prozent. Im Juni gibt Tesla eine Umweltprämie auf sein Model Y.
Für alle anderen Elektroautos, die in China hergestellt und in die Europäische Union exportiert werden, werden Zölle in Höhe von 21 Prozent verlangt, sofern die Hersteller mit der Europäischen Union bei der Untersuchung zusammengearbeitet haben. Laut der Kommission handelt es sich dabei um insgesamt 18 Hersteller. Für Fahrzeuge von Autobauern, die nicht kooperativ waren, wird ein höherer Zollsatz von 38,1 Prozent erhoben. Die Kommission hat zunächst nicht bekannt gegeben, welche Unternehmen betroffen sind.
Diese Maßnahme wurde aufgrund einer Wettbewerbsuntersuchung ergriffen, die Ende 2023 begonnen wurde. Die vorläufige Feststellung der EU-Kommission lautet, dass die Elektrofahrzeug-Wertschöpfungskette in China unfair subventioniert wird, was europäischen Herstellern schadet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte bei der Ankündigung der Untersuchung: Die staatlichen Subventionen drücken künstlich den Preis dieser Autos und verzerren unseren Markt.
Sonderzölle: Vergleich mit den USA
Bereits im Mai wurden von den USA Sonderzölle in Höhe von 100 Prozent auf Elektroauto-Importe und andere Waren aus China eingeführt. Diese Zölle wurden als Reaktion auf umfangreiche staatliche Subventionen seitens Chinas verhängt, welche den Wettbewerb verzerren. Deutsche Automobilhersteller, die einen beträchtlichen Teil ihrer Gewinne in China erzielen, äußerten Bedenken hinsichtlich Importzöllen, die den Handel weiterhin belasten könnten.
Laut dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) könnten Elektroauto-Kaufpreise deutlich steigen, falls die EU Zölle auf chinesische Autos einführen würde. Diese Entwicklung würde sowohl Verbraucher als auch die gesamte europäische Wirtschaft negativ beeinflussen.
Wie reagiert China? Warnung aus Peking
Die EU wurde wiederholt von der chinesischen Regierung davor gewarnt, die Importsteuern für Elektroautos zu erhöhen. Ein Vertreter des Außenministeriums nannte die Untersuchung der EU-Kommission zur Anti-Subvention als Protektionismus und warnte davor, dass dies den Interessen der EU schaden könnte.
Der weltweit größte Autozulieferer Bosch hat ebenfalls vor den potenziellen Auswirkungen gewarnt. Stefan Hartung, der CEO von Bosch, betont, dass eine Politik, die auf Zöllen basiert, zu einer Kette von Reaktionen führen könnte, die das Wirtschaftswachstum hemmen und die Inflation anheizen. Dies hätte negative Folgen für große Teile der Bevölkerung und die Weltwirtschaft.
Reaktion von Verbänden und Automobilindustrie
Die angedrohten Strafzölle auf chinesische E-Autos werden die Preise für Konsumenten künstlich in die Höhe treiben, prognostiziert der ACE, Europas Mobilitätsbegleiter. Der ACE kritisiert schon lange die hohen Preise für E-Autos in Deutschland. Sie sind nach wie vor die größte Hürde beim Kauf eines batterieelektrischen Fahrzeugs. Schon jetzt stehen Interessierte vor dem Problem, dass es nicht genügend bezahlbare E-Autos gibt. Günstigere Modelle sind noch immer Mangelware am Markt. So verschiebt sich beispielsweise die Markteinführung des VW ID.1 immer weiter nach hinten. Inzwischen soll das Einstiegsmodell von Volkswagen für 20.000 Euro erst 2027 auf den Markt kommen.
Auch Transport & Environment warnte zu Beginn der Untersuchung: Strafzölle könnten die Erschwinglichkeit und Zugänglichkeit von Elektroautos in Europa beeinträchtigen, was den Übergang zu umweltfreundlicher Mobilität verlangsamen würde.
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD), ein prominenter deutscher Verkehrsclub, äußert Bedenken über die möglichen negativen Auswirkungen von Strafzöllen auf die Verbreitung von Elektroautos in Europa. Der VCD weist darauf hin, dass höhere Preise für Elektrofahrzeuge Verbraucher davon abhalten könnten, von Verbrennungsmotoren auf nachhaltigere Alternativen umzusteigen, was die Klimaziele gefährden könnte.
Werden Autos jetzt deutlich teurer?
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisiert die drohenden Strafzölle und warnt vor möglichen Vergeltungsmaßnahmen Chinas, die den Export europäischer Autos beeinträchtigen könnten. Der VDA betont, dass faire Wettbewerbsbedingungen notwendig sind, Schutzmaßnahmen jedoch die globale Lieferkette der Automobilindustrie stören und europäischen Herstellern schaden könnten, die auf chinesische Komponenten angewiesen sind.
Professorin Claudia Kemfert, eine angesehene Energieökonomin, bietet eine differenzierte Sicht auf das Thema. Sie erkennt die Notwendigkeit an, gegen unfaire Handelspraktiken vorzugehen, warnt jedoch vor Maßnahmen, die zu einem Handelskrieg eskalieren könnten. Kemfert schlägt vor, dass die EU ihre Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Elektrofahrzeuge durch Investitionen in Innovation und grüne Technologien stärken sollte, anstatt sich allein auf Elektroauto-Zölle zu verlassen.
Industrielle Reaktionen
Viele deutsche Industrieunternehmen befürworten trotz der Warnungen Strafzölle gegen China, da sie laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln aufgrund des wachsenden Wettbewerbsdrucks aus China die Notwendigkeit der Strafzölle sehen. Teil des IW Köln ist der Familienunternehmer und Multi-Verbandsfunktionär Arndt Kirchhoff, dessen Kernmarkt der europäische Automobilsektor ist.
Die Entscheidung der EU-Kommission, Strafzölle auf chinesische Elektroautos zu erheben, markiert einen bedeutenden Schritt im Handelskonflikt zwischen Europa und China. Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um zu sehen, ob eine alternative Lösung gefunden wird oder ob die Strafzölle in Kraft treten und die globale Automobilindustrie nachhaltig beeinflussen.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.