Energieinsel Vindø: Wie Dänemark seine ehrgeizigen Klimapläne umsetzen will
Gigantische Offshore-Wind-Energieinsel Vindø soll mit zehn Gigawatt Leistung bis zu zehn Millionen europäische Haushalte versorgen.
Dänemark hat mit die ehrgeizigsten Pläne weltweit, klimaneutral zu werden. Das nordeuropäische Land hat herausragende Voraussetzungen – schon jetzt stammen 50 Prozent der Stromversorgung aus Wind und Sonne, wenngleich die Windkraft in Dänemark mit 47 Prozent dominiert. Wichtige Unternehmen sind etwa Energinet, das die Übertragungssysteme für Strom besitzt, Orsted, das den weltgrößten Offshore-Windpark betreibt, und Vestas als Windturbinenhersteller. Aber was ist die Energieinsel Vindø?
Während Windkraft europaweit nur 14 Prozent zur Stromversorgung beiträgt, ist der Anteil der dänischen Offshore-Windkraft von 4 auf 18 Prozent gewachsen. Unter anderem durch die Inbetriebnahme des Offshore-Windparks Horns Rev 3, an dem der schwedische Energiekonzern Vattenfall beteiligt ist.
Die Ziele und Pläne der Dänen sind aber weit größter. Im Dezember verabschiedete das Parlament ein neues Klimagesetz, das weltweit als ehrgeizigstes Vorhaben zur Bekämpfung von Klimawandel und Klimakrise gilt. Konkret will die dänische Regierung die CO2-Emissionen bis 2030 um 70 Prozent unter den Wert von 1990 drücken. Bis 2050 soll laut dem Klimagesetz Klimaneutralität erreicht werden – jährlich überwacht von einem Klimarat.
Klimagesetz: Alle fünf Jahre neue Ziele festlegen
Alle fünf Jahre werden neue rechtsverbindliche Ziele festgelegt, mit einer Zehnjahresperspektive. Das erste dieser Ziele wird im Jahr 2020 festgelegt. Die Verhandlungen über das Klimagesetz begannen im September 2018, nachdem eine linke Koalition unter der Führung der Sozialdemokraten von Mette Frederiksen im Juni die Macht übernommen und den Klimaschutz zu einer ihrer höchsten Prioritäten gemacht hatte.
Dan Jørgensen, Dänemarks Klima- und Energieminister, plant, die Windkraftkapazitäten in Dänemark zu verfünffachen, um die Ziele zu erreichen. Entscheidend helfen soll ein gigantisches Energieinsel-Projekt: Diese Energieinsel soll 10 Gigawatt Windkraft-Leistung ermöglichen und damit 10 Millionen dänische Haushalte versorgen. Denkbar ist auch, dass das Land mehrere künstliche Energieinseln aufbaut, um damit Nachbarländer – etwa Schweden oder Deutschland – mit erneuerbarem Strom oder grünem Wasserstoff zu versorgen.
Offshore-Wind zentral für Energiewende
„Offshore-Wind ist zentral für den grünen Wandel“, sagt Jørgensen. „Wenn wir das enorme Potenzial der Offshore-Windenergie ernsthaft nutzen wollen, müssen wir die Technologien von Morgen entwickeln, um den grünen Energieträger für Flugzeuge, Schiffe und die Industrie zu nutzen.“
Das dänische Energieinsel-Projekt namens Vindø, für das derzeit geeignete Standorte gesucht werden, könnte bis zu 40 Milliarden Euro kosten und schon 2030 am Netz sein. Angedacht ist eine überwiegend private Finanzierung des Vorhabens – damit bieten sich ganz andere Perspektiven als beispielsweise für Kernenergie, die von privaten Investoren kaum noch finanziert werden kann.
Rund um die künstlich aufgeschüttete Energieinsel sollen Windfarmen mit einer Spitzenleistung von 10 Gigawatt gebaut werden. Mit den heute verfügbaren Technologien würden also 1.000 Windräder ausreichen. Der bisher größte Offshore-Windpark schafft 1,2 Gigawatt Leistung. Per Unterseekabel soll die Energie ans Festland gebracht und dort in speicherbare Energieträger wie grünen Wasserstoff, synthetische Kraftstoffe oder Gas umgewandelt werden.
Pensionsfonds könnten Energieinsel Vindø finanzieren
Die dänische Energieinsel Vindø wäre also ein großes Power-to-X-Projekt. Problem aus deutscher Sicht wäre aber, den Wasserstoff beispielsweise zu großen Verbrauchern ins Landesinnere oder etwa in den Großraum Hamburg zu bringen. Allerdings könnte das grüne Gas auch in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden – bis zu einer gewissen Grenze ist das ohne Probleme möglich.
Was die Finanzierung der Energieinsel Vindø im Rahmen des Klimaakts, den übrigens alle gesellschaftlichen und politischen Gruppen in Dänemark mittragen, angeht, ist auch die Nutzung von Geldern aus Pensionsfonds denkbar. Angesichts der Niedrig-Zins-Politik und der Abkehr von fossilen Assets, eine herausragende Chance, die Pensionen zu sichern und gleichzeitig ein gewaltiges Stück Zukunft zu erschaffen.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
Wasserstoff sollte direkt auf Energie-Inseln produziert werden und lässt sich dort für einfacheren Transport auch noch weiter verarbeiten, z.B. zu Ammoniak (NH3) oder E-Fuels.
Scheint ein vernünftiger Weg zu sein, ganz im Gegenteil zu den photovoltaikparks.