Energiespeicher: Deutliche Fortschritte bei EnergyNest, Highview Power, Kraftblock
Energiespeicher-Hersteller drängen 2020 mit kommerziellen Projekten in den Markt, um der Energiewende zu helfen.
Die globale Transformation hin zu Erneuerbaren Energien und eine eher dezentralen Struktur des Energiesystems gelingt nur mit Backup-Kraftwerken. Das dürften einerseits, hochflexible Gaskraftwerke und andererseits Energiespeicher jedweder Art sein. Weil der Bedarf bis 2050 auf 15.000 Terawattstunden geschätzt wird, tummeln sich Cleantech-Startups wie Energynest, Highview Power oder Kraftblock in diesem Markt – und machen Fortschritte auf dem Weg zu kommerziellen Projekten im Versorger-Maßstab.
Eines der Cleantech-Startups ist das britische Unternehmen Highview Power, das eine Technologie zur flüssigen Speicherung von Luft entwickelt hat. Nach der Errichtung einer Testanlage bei Manchester, baut Highview mittlerweile das erste kommerzielle Projekt – ebenfalls in Großbritannien. Das CRCYO-Battery genannte Energiespeichersystem soll zehnmal mehr Energie speichern können als die Testanlage in Manchester, rund 50 Megawatt / 250 Megawattstunden.
Der Energiespeicher entsteht dort, wo bislang ein Wärmekraftwerk seinen Dienst verrichtete. Dieses ist aber mittlerweile stillgelegt. Kern der Technologie ist, dass überschüssiger Windstrom genutzt wird, um Luft stark zu komprimieren – dabei sinkt die Temperatur auf minus 196 Grad, um die Luft zu verflüssigen. Der Vorteil: Das Volumen der Luft verringert sich auf ein Siebenhundertstel. Anschließend wird die Flüssigkeit in Stahltanks gelagert.
Während der Kompromierung wird Wärme freigesetzt, die ebenfalls eingefangen wird. Dafür setzt Highview Power auf etablierte Technologien aus der Erdgas-Industrie. Die zwischengespeicherte Wärme wird bei Strombedarf wieder genutzt, um die Luft in Gas zurückzuverwandeln. Ein Turbogenerator sorgt für die Wandlung in Strom. 25.000 Haushalte sollen so einen ganzen Tag lang mit elektrischer Energie versorgt werden können.
Dabei ist das Projekt in Großbritannien längst nicht der einzige Fortschritt, den Highview Power zu vermelden hat. Weitere Flüssigluftspeicher sollen auch in anderen europäischen Ländern wie etwa Spanien entstehen. Dabei verspricht das Unternehmen vergleichbare Kosten wie die für heutige Pumspeicherkraftwerke. Und: Im Dezember schließlich gab das Unternehmen den Markteintritt in die USA bekannt, wo die großen Energieversorger gezwungen sind, Speicherkapazitäten zu schaffen. Ein erstes Projekt wie im Norden Englands wird in Vermont entstehen.
Gewaltiger Bedarf für Energiespeicher bis 2040
Wie groß das Potenzial für Energiespeicher-Technologien ist, zeigt eine weitere Zahl: In den kommenden zwei Jahrzehnten sind laut Bloomberg New Energy Finance Investitionen von 662 Milliarden US-Dollar notwendig, um genügend Speicherkapazitäten aufzubauen und den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter zu forcieren.
Eine Marktchance von der auch das norwegische Cleantech-Unternehmen EnergyNest profitieren will. EnergyNest hat einen Betonspeicher entwickelt, der auch als Thermobatterie bezeichnet wird. Und auch diesem Player ist in den vergangenen Monaten der erste Kaufvertag für ein kommerzielles Projekt geglückt: Partner ist der Energiekonzern Eni, der die Technologie an seiner Produktionsstätte bei Gela an der Düsküste Siziliens einsetzen wird.
EnergyNest reduziert CO2-Emissionen bei Eni
Im Gela-Projekt wird die Thermische Batterie zwischen die bestehende Solarthermie-Anlage und eine Dampfturbine zur Stromerzeugung integriert. So soll tagsüber Solarwärme erzeugt und zwischengespeichert werden.
In der Nacht gibt die Thermobatterie die Wärme für die Erzeugung von Dampf wieder ab. Bislang wurde dieser durch Verbrennung fossiler Kraftstoffe gewonnen – so sollen 60 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Nach Unternehmensagaben soll die innovative Anlage in der zweiten Jahreshälfte 2020 in Betrieb gehen.
Es sind die Konzepte, die die existierende Energiewirtschaft oder deren verbliebene Infrastruktur mit neuartigen Technologien verbinden, die offenbar bereits wirtschaftliche Alternativen als Energiespeicher bieten. Auch Frank Thelen als Investor des saarländischen Cleantech-Startups Kraftblock sucht in einem Linkedin-Post exakt nach solchen Partnern, die ihre CO2-Emissionen reduzieren wollen.
Kraftblock will ungenutzte Abwärme nutzbar machen
Kraftblock speichert Wärme bis zu 1.300 Grad und hat dafür ein spezielles Granulat entwickelt. Thelen sieht in seinem Investment sogar eine Antwort für viele Unternehmen auf die CO2-Bepreisung, die in den kommenden Jahren auch in Deutschland eingeführt wird. Jedes Jahr werden 300 Terawattstunden Abwärme verschwendet. Kraftblock will mit seiner Lösung dazu beitragen, diese Energie zwischen zu speichern und dann zu nutzen, wenn sie gebraucht wird.
Eine andere Lösung für die Energiewende und die Erreichung der Klimaziele sehen die Hersteller der Thermobatterien generell darin, älteren Kraftwerken, die wegen des wachsenden Anteils Erneuerbarer Energien geringere Laufzeiten haben, mehr Flexibilitätsoptionen zu ermöglichen.
Denn, so schreibt es auch Oliver Wyman in einer aktuellen Studie: Zwar müsste etwa Deutschland zeitnah neue, hochflexible Gaskraftwerke errichten – bislang steht die Wirtschaftlichkeit dafür aber in den Sternen und Investoren droht, dass getätigte Investitionen rasch zu sogenannten Stranded Assets werden.
Die drei genannten Unternehmen stehen beispielhaft für eine neue Generation von Cleantech-Playern, die Energiespeicher für die Energiewende entwickeln. Viele weitere auf der ganzen Welt arbeiten an großskalierbaren Lösungen – jenseits von etwa Tesla, das große Batteriespeicher errichtet. Damit der Wandel hin zu Erneuerbaren Energien und die Erreichung der Klimaziele gelingen kann. Es bleibt spannend.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.
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