Energiewende in Spanien: Hola Balkonkraftwerke!
Deutsche Idee der steckerfertigen Solaranlagen erobert laut „The Guardian“ mittlerweile auch den sonnenreichen europäischen Süden.
Energiewende in Spanien: Deutschlands „Balkonkraftwerke“ sind ein Exportschlager – zumindest was die Idee der Stromerzeugung direkt am Balkon angeht. Die britische Zeitung The Guardian berichtet, dass Spanien jetzt die Vorteile der Mini-Solaranlagen für den Balkon entdeckt. In Deutschland gibt es bereits 1,5 Millionen dieser kleinen Kraftwerke, die die Stromrechnung spürbar senken und die Energiewende vorantreiben. Könnte die Energiewende in Spanien bald zum nächsten Hotspot für Balkon-Solar werden?
Während in Deutschland die Balkonkraftwerke schon fast zum gewohnten Anblick gehören, steckt die Entwicklung in Spanien noch in den Kinderschuhen. Doch das Interesse wächst rasant, denn die Vorteile der Stromerzeugung am Balkon liegen im sonnenreichen Spanien auf der Hand.
Sonne satt und einfache Installation
In Spanien, wo zwei Drittel der Bevölkerung in Wohnungen leben, ist die Installation von Solaranlagen auf dem Dach – ganz ähnlich wie lange Zeit in Deutschland – oft mit bürokratischen Hürden verbunden. Die Zustimmung der Mehrheit der Hausbewohner ist nötig – ein Prozess, der viele abschreckt.
Balkonkraftwerke bieten hier eine elegante Lösung. Sie lassen sich ohne großen Aufwand am Balkon befestigen und benötigen in der Regel keine Genehmigung, solange die Anlagenleistung 800 Watt nicht übersteigt und die Fassade nicht beispielsweise denkmalgeschützt ist.
Günstiger Strom vom Balkon
„Balkonkraftwerke sind flexibel, günstig und lassen sich einfach über einen Wechselrichter an das Hausnetz anschließen“, erklärt Santiago Vernetta, CEO von Tornasol Energy, einem der größten spanischen Anbieter im Guardian-Interview. „Man spart sich die Installationskosten, die bei größeren Anlagen oft den Preis der Materialien übersteigen.“
Die Kosten für ein Balkonkraftwerk liegen zwischen 400 und 800 Euro und amortisieren sich durch die Stromeinsparungen innerhalb weniger Jahre.
Unabhängigkeit und Klimaschutz
Mit Balkonkraftwerken machen sich Haushalte unabhängiger von großen Energieversorgern und tragen aktiv zum Klimaschutz bei. „Sie sind ein weiterer Schritt in Richtung einer dezentralen Energieversorgung“, betont Raquel Paule, Direktorin der Fundación Renovables in Madrid, gegenüber dem Guardian. „Städte müssen unabhängiger werden und mehr Strom selbst erzeugen.“ Dabei hilft jede dezentrale Energieerzeugung.
Deutschland als Vorbild
Der Boom der Balkonkraftwerke in Deutschland ist auch auf die gestiegenen Strompreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zurückzuführen. Doch nicht nur die Kostenersparnis, sondern auch das Umweltbewusstsein und der Wunsch nach mehr Unabhängigkeit spielen eine Rolle. Und viele Besitzer entsprechender Anlagen lieben es, sich mit den technischen Details entsprechender Module oder Wechselrichter zu befassen.
Spanische Energiewende mit der Sonne
Spanien hat ideale Voraussetzungen für die Nutzung von Solarenergie. „Die vertikale Fläche der Städte ist viel größer als die Dachfläche“, erklärt Vernetta im Guardian. „Und in Spanien profitieren Balkonmodule im Vergleich zu Dachanlagen sogar noch stärker von der tief stehenden Wintersonne.“
Balkonkraftwerke sind eine einfache und effektive Möglichkeit, selbst Strom zu erzeugen, die Stromrechnung zu senken und die Energiewende voranzutreiben. Spanien hat das Potenzial dieser Technologie erkannt und folgt nun dem deutschen Beispiel. In Deutschland gelten die Kleinanlagen häufig als eine Art Startschuss für die eingehendere Nutzung von Solarstrom.
Denn selbst die Balkonkraftwerke mit zwei Modulen bieten bereits Transparenz über die Stromerzeugung und so verändert sich der Umgang der Menschen mit der einzelnen Kilowattstunde. Sie ist nicht mehr die abstrakte Zahl auf einer Jahresrechnung des Energieversorgers, sondern wird durch das Anschalten von Verbrauchern im Haushalt konkret. Die Freude über jede Kilowattstunde, die wenige Meter entfernt am eigenen Balkon erzeugt und dann genutzt wird, ist überall spürbar.
Es bleibt zu hoffen, dass weitere Länder der deutschen und spanischen Energiewende folgen und die Zukunft der Energieversorgung aktiv mitgestalten. In Deutschland sind mittlerweile Balkonsolaranlagen mit Speicher populär geworden – und Installateure und pfiffige Hauseigentümer bringen mittlerweile die Balkonkraftwerkstechnik aufs Dach, um jede der Wohneinheiten in Mehrparteiern mit eigenen Kraftwerken zu versorgen. Mehr zu „Solidarische Balkonkraftwerke“ gibt es hier.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.