Equinor und ENI investieren in Startup Commonwealth Fusion Systems
MIT-Spinoff Commonwealth Fusion Systems CFS will 2021 einen Hochtemperatur-Supraleiter-Magnet demonstrieren.
Ein wenig Auftrieb für die Startups auf der Welt, die sich mit der Kernfusion als neuer Generation der Kernenergie befassen. Das aus dem MIT hervorgegangene, amerikanische Unternehmen Commonwealth Fusion Systems, das bereits von Bill Gates unterstützt wurde, hat jetzt mit dem Öl-Giganten Equinor in einer weiteren 84-Millionen-Finanzierungsrunde einen neuen Partner gewonnen. Im Gegensatz zu anderen Fusion-Startups will CFS verhältnismäßig schnell eine kommerzielle Technologie einsetzen.
Kern der Fusions-Technologie von CFS ist die Entwicklung Hochtemperatur-Supraleiter-Magneten. Die Entwicklung dieser sowie der daraus hervorgehenden ARC-Technologie liegt den Angaben des Unternehmens zufolge sowohl im Zeitplan als auch unterhalb des vorgesehenen Budgets. Damit grenzt sich Commonwealth Fusion Systems wohltuend von anderen Unternehmen in diesem Sektor ab.
Mit den zusätzlichen 84 Millionen Dollar in der A2-Finanzierungsrunde hat CFS nun insgesamt 200 Millionen Dollar Venture Capital eingeworben. Zu den Investoren zählen neben Breakthrough Energy Ventures von Bill Gates und dem norwegischen Energiekonzern Equinor aber viele weitere, namhafte Gesellschaften. So beispielsweise Khosla Ventures, Schnooner Capital, ENI Next LLC oder Future Ventures. Sie alle hoffen darauf, dass das Unternehmen sein Versprechen, eine verfügbare und zuverlässige Energiequelle entwickeln zu können, einhalten kann.
Zeitlich möchte das Unternehmen bis „Anfang der 30er Jahre“ ein kommerzielles Fusions-Energiesystem einsatzbereit haben. Das wäre noch rechtzeitig, um dabei zu helfen, der Klimakrise entgegen zu wirken. Der SPARC genannte Fusionsreaktor soll einen „Nettoenergiegewinn“ aufweisen, also mehr Energie erzeugen als er verbraucht, in dem er 50 bis 100 Megawatt thermische Energie erzeugt, die zur Stromerzeugung in einem konventionellen Dampfkreislauf genutzt werden könnte. Theoretisch sind Systeme mit bis zu 500 Megawatt thermischer Leistung denkbar.
Equinor ist ein breit aufgestelltes Energieunternehmen, und wir werden weiterhin in vielversprechende und potenziell das Spiel verändernde kohlenstofffreie Energietechnologien investieren. Wir investieren in Fusion und CFS, weil wir an die Technologie und das Unternehmen glauben, und wir setzen uns weiterhin dafür ein, die Welt jetzt und in einer kohlenstoffarmen Zukunft mit Energie zu versorgen.
Sophie Hildebrand, Chief Technology Officer und Senior Vice President für Forschung und Technologie bei Equinor
CFS arbeitet mit dem Plasma Science and Fusion Center des MIT zusammen, um SPARC zu entwerfen und zu bauen. Dazu gehört die Entwicklung der HTS-Magnete, die es CFS ermöglichen sollen, wesentlich kleinere und kostengünstigere Fusionskraftwerke zu bauen. Diese Zusammenarbeit ist auf gutem Wege, im Jahr 2021 einen erfolgreichen 20-Tesla-Magneten zu demonstrieren.
Dieser Magnettest, der weltweit erste seiner Art, eröffnet eine weithin erkannte Transformationsmöglichkeit für die Fusionsenergie. Diese Magnete werden dann beim Bau von SPARC verwendet werden, um zum ersten Mal in der Geschichte den Nettoenergiegewinn aus der Fusion zu demonstrieren. SPARC wird den Weg für das erste kommerziell nutzbare Fusionskraftwerk namens ARC ebnen – Anfang oder Mitte der 2030er Jahre soll es soweit sein.
Auch wenn die Aussagen von Commonwealth Fusion Systems und der Investoren die Technologie als vergleichsweise aussichtsreich erscheinen lassen – vergleichbare Aussagen über ähnliche Reaktorkonzepte haben wir in den vergangenen 20 Jahren schon viele gelesen. Als positiv zu sehen ist aber, dass ein solches Vorhaben zum großen Teil über private Geldgeber finanziert wird – und nicht alles an der öffentlichen Hand hängen bleibt.
Die nächste Etappe von Commonwealth Fusion Systems ist nah: Schon 2021 soll der Hochtemperatur-Supraleiter-Magnet in einer Demonstration vorgestellt werden. Lassen wir uns überraschen, ob es funktionieren wird.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.