Konsortium beabsichtigt Kerosin-Produktion auf Basis von Biomasse und Wasserstoff am Flughafen Leipzig-Halle (NetZeroLEJ)
Produktion von eSAF in Ostdeutschland: Nach der Entscheidung der EU-Kommission rund um nachhaltige Flugkraftstoffe, kommt Bewegung in die Planungen rund um deren Erzeugung. So beispielsweise mit einem SkyFuelH2 genannten Projekt von Uniper und Sasol in Schweden, einem Projekt von Arcadia eFuels, Sarsol und Topsoe in Dänemark oder – ganz frisch – mit dem Vorhaben NetZeroLEJ. Dieses sieht vor, in der Umgebung des Flughafens Leipzig-Halle sogenannte Sustainable Air Fuels auf Basis von Wasserstoff und Biomasse (eSAF) zu produzieren. Hinter der Produktion von bis zu 500.000 Tonnen solcher synthetischer Kraftstoffe stecken HH2E, Airbus und Sasol.
Die Aufgabe, die internationale Luftfahrt mit sauberen Flugkraftstoffen zu versorgen, ist gewaltig. Laut IATA (International Aviation Transport Association) wurden im Jahr 2022 nur etwa 300 Millionen Liter sogenannter Sustainable Air Fuels (SAF oder eSAF) produziert. Der geschätzte Bedarf liegt allerdings bei 450 Milliarden Litern pro Jahr – also beim 150-fachen.
Aus europäischer Perspektive hat das EU-Parlament jetzt einen Rahmen vorgegeben (vgl. tagesschau): Demnach müssen Fluggesellschaften einen Mindestanteil von zwei Prozent eines solchen nachhaltigen Kraftstoffs tanken – und zwar schon ab 2025. Heute noch zugelassen sind aber auch Kraftstoffe aus Bioabfällen, Altspeiseöl oder Algen.
Eine schnelle Skalierung ist im Anschluss vorgesehen: Bis 2050 soll der Anteil der nachhaltigen Kraftstoffe auf 70 Prozent steigen. Ab 2030 werden die Vorschriften schrittweise in Richtung synthetisch hergestellter Kraftstoffe – also etwa eSAF auf Basis von Biomasse und Wasserstoff, verschärft. Ziel ist es, die Emissionen im Luftverkehr bis 2050 um 85 Prozent zu reduzieren.
Airbus, Sasol und HH2E kooperieren bei eSAF-Herstellung
Die Partner Airbus, Sasol und HH2E haben jetzt eine Vereinbarung über die Absicht der Produktion nachhaltiger eSAF-Kraftstoffe in Deutschland unterzeichnet. Beginnen soll die Produktion von 200.000 Tonnen pro Jahr noch in dieser Dekade – anschließend könnte die Skalierung auf 500.000 Tonnen erfolgen. Wichtig ist den Partnern, mit diesem Vorhaben eine generelle Blaupause zu entwickeln, die auf andere Regionen im Land übertragen werden könnte.
Unterstützt wird das Vorhaben von Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck und Verkehrsminister Volker Wissing. Wie hoch die finanzielle Förderung des Bundes ausfallen wird, wird sich mit der Konkretisierung des Vorhabens zeigen – in einem Jahr soll die Detailplanung vorliegen. Ziel ist es, bis 2045 klimaneutrales Fliegen zu ermöglichen.
Mit der zunächst geplanten Menge können jährlich voraussichtlich 632.000 Tonnen CO2-Emissionen reduziert werden. Die Gesamtreduktion von CO2-Emissionen kann ungefähr 1,58 Millionen Tonnen erreichen, wenn das Projekt seine volle Kapazität erreicht.
Zu den kooperierenden Unternehmen gehören der weltweit größte Logistikkonzern DHL Group, das schnell wachsende deutsche Grüne-Energie-Unternehmen HH2E AG, und Sasol, das führende Unternehmen für Fischer-Tropsch-Technologie, die die Herstellung von eSAF ermöglicht. Der weltweit führende Flugzeughersteller Airbus wird in einem nächsten Schritt voraussichtlich auch beitreten.
Sasol ist ein weltweit integriertes Chemie- und Energieunternehmen, bekannt für seine Expertise in der Fischer-Tropsch-Technologie, Lizenzierung und Betrieb. Sasols Fischer-Tropsch-Technologie ist optimal auf die großskalierte Produktion nachhaltiger Kraftstoffe und Chemikalien zugeschnitten, einschließlich nachhaltiger Luftfahrtkraftstoffe, die über den Power-to-Liquids (PtL) Prozess aus grünem Wasserstoff und biogenes Kohlendioxid aus umweltfreundlichen Quellen erzeugt werden.
Als weltweit führende Logistikgruppe betreibt DHL Group ein weitreichendes Express-Netzwerk mit über 300 Flugzeugen und unterhält Luftfrachtdrehkreuze am Flughafen Leipzig/Halle, Deutschland, in Cincinnati, USA, und in Hongkong. In seinem Nachhaltigkeitsfahrplan hat sich der Konzern dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2030 im Luftfrachtgeschäft über 30 Prozent SAF-Beimischungen einzusetzen. DHL Group wird voraussichtlich ein bedeutender Abnehmer des durch dieses Gemeinschaftsprojekt produzierten eSAF sein.
HH2E positioniert sich als Wegbereiter im grünen Energiesektor Deutschlands. Mit modernsten Technologien kann das Unternehmen intermittierende Energieinputs – insbesondere Überschussstrom aus Sonnen- und Windenergie – in einen konstanten grünen Wasserstoffoutput umwandeln. Dieser Wasserstoff kann anschließend als Rohstoff für die eSAF-Produktion verwendet werden. Bis 2030 plant HH2E, eine Produktionskapazität für grünen Wasserstoff von 4 GW in Deutschland aufzubauen, was einer Investition in Milliardenhöhe entspricht.
NetZeroLEJ: Produktion bis 2030
Mit dem Ziel, bis 2030 eine eSAF-Produktion im Rahmen des Projekts NetZeroLEJ in Deutschland zu realisieren, werden die beteiligten Unternehmen umgehend die technische und finanzielle Planung, sowie die Finanzierung und Definition des regulatorischen Rahmens konkretisieren.
Airbus leistet Pionierarbeit in der nachhaltigen Luft- und Raumfahrt für eine sichere und geeinte Welt und arbeitet ständig an Innovationen, um effiziente und technologisch fortschrittliche Lösungen in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Verteidigung und vernetzte Dienste bereitzustellen. Im Bereich der Verkehrsflugzeuge bietet Airbus moderne und treibstoffeffiziente Flugzeuge sowie zugehörige Dienstleistungen an.
Ein Projekt dieser Größenordnung und Komplexität mit Investitionen in Milliardenhöhe verspricht erhebliche Vorteile im Klimaschutz, wirtschaftliches Wachstum, schafft Arbeitsplätze und technologischen Fortschritt für Deutschland und Europa. Für die erfolgreiche Umsetzung ist es notwendig, dass die Europäische Union, Bund und Länder jetzt die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die erforderlichen privaten Investitionen getätigt werden.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.