European Hydrogen Strategy: EU setzt auf erneuerbaren Wasserstoff
Bis 2030 40 Gigawatt installierte Elektrolyse-Kapazität / Wasserstoffstrategie als Teil eines integrierten Energiesystems in Europa
Die EU-Kommission hat heute die Europäische Wasserstoffstrategie (European Hydrogen Strategy) vorgestellt. Sie soll dem Ziel der EU dienen, als Kontinent bis 2050 klimaneutral zu werden. Dazu muss das Energiesystem, auf das 75 Prozent der Treibhausgasemissionen entfallen, zu einem integrierten Energiesystem umstrukturiert werden. Dabei stehen zwei Ziele im Mittelpunkt: Ein sauberer Planet und eine stärkere Wirtschaft. Bis 2030 wird dafür eine Elektrolyseleistung von mindestens 40 Gigawatt installiert, um 10 Millionen Tonnen Wasserstoff produzieren zu können.
Aber was genau hat die EU-Kommission vor? Sie setzt auf ein integriertes Energiesystem und erneuerbaren Wasserstoff. Dazu wurde die die European Hydrogen Strategy in mehrere andere Strategien eingebettet – konkret in das Aufbaupaket Next Generation EU und den European Green Deal. Jetzt präsentierte die EU-Kommission die neue Investitionsagenda für saubere Energie.
Die EU-Strategie zur Integration des Energiesystems bildet den Rahmen für die Energiewende (mehr Energiewende Berichte gibt es hier). Mit dem derzeitigen Modell mit jeweils getrennten Wertschöpfungsketten, Vorschriften, Infrastruktur, Planung und Betrieb , kann Klimaneutralität bis 2050 nicht auf kosteneffiziente Weise erreicht werden.
Integration des Energiesystems bedeutet daher, dass das System als ein Ganzes, unter Vernetzung verschiedener Energieträger, Infrastrukturen und Verbrauchssektoren, geplant und betrieben wird. Dieses vernetzte und flexible System soll nach Voragabe der EU effizienter sein und die gesellschaftlichen Kosten reduzieren.
Die Strategie basiert auf drei strategischen Säulen:
- Kreislauforientiertes Energiesystem mit Energieeffizienz als zentralem Standbein.
- Direkten Elektrifizierung der Endverbrauchssektoren. Da der Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor am höchsten ist, soll nach Möglichkeit zunehmend Strom genutzt werden, beispielsweise für Wärmepumpen in Gebäuden, Elektrofahrzeuge im Verkehr oder Elektroöfen in bestimmten Industriezweigen. Ein Netz von einer Million Ladestationen für Elektrofahrzeuge wird neben dem Ausbau der Solar- und Windkraft zu den sichtbaren Ergebnissen zählen.
- Für die Sektoren, in denen eine Elektrifizierung schwierig ist, wird in der Strategie die Nutzung saubererer Brennstoffe‚ beispielsweise von erneuerbarem Wasserstoff, nachhaltigen Biokraftstoffen und Biogas, vorgeschlagen. Dazu ist ein neues Klassifizierungs- und Zertifizierungssystem für erneuerbare und CO2-arme Brennstoffe vorgeschlagen worden.
In der Strategie werden 38 Maßnahmen zur Schaffung eines stärker integrierten Energiesystems aufgeführt. Dazu gehören die Überarbeitung der bestehenden Rechtsvorschriften, finanzielle Unterstützung, Erforschung und Einsatz neuer Technologien und digitaler Tools, Leitlinien für die Mitgliedstaaten zu steuerlichen Maßnahmen und dem Auslaufen von Subventionen für fossile Brennstoffe, eine Reform der Marktsteuerung und Infrastrukturplanung sowie bessere Informationen für Verbraucherinnen und Verbraucher.
European Hydrogen Strategy: Dekarbonisierung voranbringen
In einem integrierten Energiesystem kann Wasserstoff die Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr, Stromerzeugung und Gebäuden in ganz Europa unterstützen. Die Wasserstoffstrategie der EU befasst sich damit, wie dieses Potenzial durch Investitionen, Regulierung, Schaffung von Märkten sowie Forschung und Innovation ausgeschöpft werden kann.
Wasserstoff kann Sektoren mit Energie versorgen, die nicht für die Elektrifizierung geeignet sind, und die Energie speichern, um variable Energieflüsse aus erneuerbaren Energieträgern auszugleichen, aber dies kann nur durch auf EU-Ebene koordinierte Maßnahmen des öffentlichen und privaten Sektors erreicht werden.
Vorrangiges Ziel ist die Entwicklung von erneuerbarem Wasserstoff, der hauptsächlich mithilfe von Wind- und Sonnenenergie erzeugt wird. Kurz- und mittelfristig sind jedoch andere Formen CO2-armen Wasserstoffs erforderlich, um die Emissionen rasch zu senken und die Entwicklung eines tragfähigen Marktes zu unterstützen.
Dieser schrittweise Übergang soll stufenweise passieren:
- 2020 bis 2024: Elektrolyseleistung von 6 Gigawatt für eine Million Tonnen erneuerbaren Wasserstoff.
- 2025 bis 2030: Wasserstoff als wesentlicher Bestandteil des integrierten Energiesystems. Elektrolyseleistung von mindestens 40 Gigawatt zur Produktion von 10 Millionen Tonnen erneuerbaren Wasserstoffs.
- 2030 bis 2050: Technologien für erneuerbaren Wasserstoff sollen ausgereift sein und in großem Maßstab in allen Sektoren, in denen die Dekarbonisierung schwierig ist, eingesetzt werden.
Um die Umsetzung dieser Strategie zu unterstützen, hat die Kommission heute die Europäische Allianz für sauberen Wasserstoff ins Leben gerufen, an der führende Vertreter der Industrie, die Zivilgesellschaft, Minister der nationalen und regionalen Ebene und die Europäische Investitionsbank beteiligt sind. Die Allianz wird eine Investitionspipeline für den Ausbau der Erzeugung aufbauen und die Nachfrage nach sauberem Wasserstoff in der EU fördern.
Gemeinsame Normen, Terminologien sollen folgen
Um gezielt die saubersten verfügbaren Technologien zu fördern, wird die Kommission auf die Einführung gemeinsamer Normen, Terminologie und Zertifizierung hinarbeiten, die auf den CO2-Emissionen während des Lebenszyklus basieren, auf bestehenden Rechtsvorschriften im Bereich Klima und Energie aufbauen und mit der EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen in Einklang stehen.
Die Kommission wird politische und regulatorische Maßnahmen vorschlagen, um Sicherheit für Investoren zu schaffen, den Einsatz von Wasserstoff zu erleichtern, die erforderliche Infrastruktur und Logistik zu fördern, die Instrumente für die Infrastrukturplanung anzupassen und Investitionen zu fördern, insbesondere durch den Aufbauplan Next Generation EU.
Die European Hydrogen Strategy soll während der EU-Ratspräsidentschaft auch mit den Strategien der Mitgliedsstaaten, also zum Beispiel der Nationalen Wasserstoffstrategie Deutschlands in Einklang gebracht werden.
Reaktionen auf die European Hydrogen Strategy
Dies ist einer der größten Momente für grünen Wasserstoff, der durch Elektrolyse hergestellt wird. Das Ziel der EC, mindestens 40 GW grünen Wasserstoff zu erzeugen Elektrolyse bis 2030, die die früheren Zusagen der Regierungen Deutschlands, der Niederlande und Portugals über insgesamt 10 GW ergänzt, bedeutet, dass grüner Wasserstoff im Mittelpunkt der weltweiten Bemühungen um eine Dekarbonisierung stehen wird. Mit unserem Joint Venture ITM Linde Electrolysis GmbH in Dresden und mit der Kapazität unserer neuen Fabrik, die noch in diesem Jahr in Sheffield eröffnet wird, ist ITM Power bereit, auf diese enorme Marktchance zu reagieren.
Graham Cooley, CEO von ITM Power
Europa hat erkannt: Elektrifizierung allein wird nicht ausreichen, um die Klimaneutralität zu erreichen. Wasserstoff wird zur zweiten Säule der zukünftigen Energiestrategie und zum festen Bestandteil des europäischen Energiemixes. Die Europäische Kommission hat heute die Weichen gestellt, um in allen Sektoren in eine klimaschonende und bezahlbare Wasserstoffzukunft einzusteigen.
Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft ERDGAS
Das ambitionierte Ziel der Europäischen Kommission, bis zum Jahr 2030 erneuerbaren Wasserstoff im Umfang von 40 Gigawatt Elektrolyseleistung zu produzieren, ist ein starkes
Prof. Dr. Gerald Linke, Vorstandsvorsitzender DVGW
Signal. Es markiert gleichzeitig einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg hin zu einem integrierten europäischen Energiesystem, in dem Wasserstoff eine tragende Säule sein wird.
Die europäische Wasserstoffstrategie macht deutlich, dass die Zukunft dem grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gehört. Ebenfalls ist es begrüßenswert, dass verschiedene nationale Wasserstoffinitiativen unter einem europäischen Dach zusammengefasst werden. Der BUND fordert schon lange eine Europäisierung von Wasserstoffinitiativen. Die heute veröffentlichte European Hydrogen Strategy bietet die Chance, im europäischen Binnenmarkt Nachhaltigkeitsstandards für die Wasserstoffherstellung zu etablieren. Grundsätzlich gilt aber: Wasserstoff als Energieträger ist kein Allheilmittel. Grüner Wasserstoff sollte nur dort eingesetzt werden, wo keine anderen günstigeren und effizienteren Klimaschutzmaßnahmen existieren.
Verena Graichen, stellvertretende Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)
Wir begrüßen, dass die Europäische Kommission im Rahmen des European Green Deals nun eine übergreifende, integrierte Strategie für den Energiesektor vorstellt hat. Es fehlt allerdings ein klares Bekenntnis für einen zügigen und vollständigen Umstieg auf Erneuerbare Energien.
Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.