Das israelisch-amerikanische Cleantech-Unternehmen Eviation Aircraft will erste Flugzeuge mit bis zu 815 Kilometer Reichweite im Jahr 2024 ausliefern.
DHL Express will zusammen mit dem Cleantech-Unternehmen Eviation Aircraft die Luftfracht elektrifizieren. Der deutsche Transportdienstleister kündigte im August 2021 an, zwölf Flugzeuge des Typs Alice bestellt zu haben. Diese Flugzeuge, die Eviation aus Israel auch für den Passagierbetrieb vermarktet, können 1.200 Kilogramm Fracht transportieren. Den Jungfernflug hat das Elektroflugzeug Alice Ende September 2022 erfolgreich absolviert.
DHL Express war im August 2021 das erste Unternehmen weltweit, das Elektroflugzeuge von Eviation bestellt hat. Beim Express-Dienstleister des Logistik-Konzerns wird der Aufbau eines elektrischen und emissionsfreien Luftfracht-Netzwerks vorbereitet. Endziel ist die weitgehend nachhaltige Luftfahrt. Eviation kommt ursprünglich aus Israel, hat aber mittlerweile auch einen Sitz in den USA etabliert. Ziel des Unternehmens ist es, zuerst die Märkte Europa und USA zu beliefern.
Der Plan von Eviation und DHL Express sieht vor, die ersten elektrischen Frachtflugzeuge im Jahr 2024 zu übergeben.
Weitere Kunden neben DHL Express
Zu den weiteren Kunden von Eviation zählen Cape Air und Global Crossing Airliners. Das sind zwei regionale Fluggesellschaften mit Sitz in den USA. Cape Air hat 75 Alice-Elektroflugzeuge bestellt. Global Crossing Airliners 50 Alice-Flugzeuge.
Im Januar 2023 hat Eviation Aircraft eine Absichtserklärung mit einer Regionalfluggesellschaft Aerus in Mexiko unterschrieben. Aerus will 30 rein elektrische Flugzeuge vom Typ Alice von Eviation Aircraft einsetzen, um den Mittelstreckenverkehr abzudecken. Dabei geht es besonders um historisch unterversorgte Gemeinden im Norden Mexikos. Und überraschend: Aerus will die ersten elektrischen Flieger ab 2023 einsetzen.
Eviation Alice: Reichweite 815 Kilometer
Die maximale Reichweite der Eviation Alice soll bei 815 Kilometern liegen. Die Ladezeit pro Flugstunde bei 30 Minuten. Die eingesetzten Elektromotoren vom Typ magniX 650 (2 * 640 kW) gelten als besonders zuverlässig und wartungsarm. Dadurch erhofft sich DHL Express auch Kosteneffizienz für die im Aufbau befindliche Flotte. Um Alice zu fliegen, ist lediglich ein Pilot erforderlich.
Schon 2018 gab Eviation Details über die für Alice genutzten Batteriepacks bekannt. Dabei kommen die Zellen nicht von irgendeinem Cleantech-Startup mit fabelhaften Technologie-Roadmaps, sondern vom kleinen, aber etablierten südkoreanischen Lieferanten Kokam. Vorgesehen ist die Integration von 9.400 Zellen. Als Raum werden sowohl die Decke wie auch der Boden und die Tragflächen genutzt. Das Gesamtgewicht wird mit 3,8 Tonnen angegeben – mehr als die mögliche Zuladung und 60 Prozent des Gesamtgewicht vom Frachtflugzeug.
Das Elektroflugzeug soll vor allem für kürzere Zubringerstrecken genutzt werden, und erfordert geringere Investitionen in die Stationsinfrastruktur. Die E-Flugzeuge können während des Beladens und Entladens geladen werden, was schnelle Durchlaufzeiten und damit die Einhaltung der Zeitpläne von DHL Express ermöglicht. DHL Express plant mit den E-Flugzeugen vollständig emissionsfreie Zubringer-Netzwerke aufzubauen.
Batterie-Explosion löst Brand aus
Zu einem bitteren Rückschlag kam es für das israelisch-amerikanische Cleantech-Unternehmen Eviation als im November 2020 ein Flugzeug-Prototyp durch ein Feuer beschädigt wurde. Das Feuer war durch eine Explosion der Batterie ausgelöst worden, vermutlich durch thermische Überhitzung. Vorausgegangen waren stundenlange Triebwerk-Tests, bei denen auch Mitarbeiter des Zertifizierers AeroTEC und vom Motorenlieferant MagniX beteiligt waren.
Jungfernflug der Alice im September 2022
Im September 2022 hat Alice von Eviation einen Meilenstein der elektrischen Luftfahrt erreicht: Den Erstflug eines vollelektrischen Flugzeugs jenseits von Flugschulen und Forschung. Am 27. September hob Alice um kurz nach 7 Uhr von einem Flughafen in den USA ab und flog 8 Minuten lang. Mit den Daten dieses Jungfernflugs soll die Optimierung des Elektroflugzeugs für die kommerzielle Produktion gelingen.
Heute beginnen wir die nächste Ära der Luftfahrt – wir haben den Himmel mit dem unvergesslichen Erstflug von Alice erfolgreich elektrifiziert. Dieser Meilenstein wird die Innovation im nachhaltigen Flugverkehr anführen und sowohl den Passagier- als auch den Frachtverkehr der Zukunft prägen.
Gregory Davis, CEO von Eviation
Eviation Alice zielt auf den Pendler- und Frachtmarkt ab und wird in der Regel Flüge im Bereich von 240 bis 400 Kilometer durchführen. Diese neue Generation von Flugzeugen hat das Potenzial, Gemeinden zu verändern indem sie den Zugang zu Flughäfen ermöglicht, die derzeit aufgrund von Lärmbelästigung oder eingeschränkten Betriebszeiten nicht von kommerziellen Flügen eingeschränkte Betriebszeiten.
magniX-Antrieb und hocheffizientes Batteriesystem
Alice wird von zwei magni650-Elektroantrieben von magniX angetrieben, den einzigen flugerprobten elektrischen Antriebssysteme in dieser Größenordnung. Weitere wichtige Zulieferer sind AVL (Batterieunterstützung), GKN (Tragflächen), Honeywell (modernes Fly-by-Wire-System, Flugsteuerung und Avionik), Multiplast (Rumpf), Parker Aerospace (sechs Technologiesysteme) und Potez (Türen).
Das Batteriesystem von Alice gilt als hocheffizient und „endlos“ aufrüstbar. So soll es möglich sein, die Reichweite mit der Weiterentwicklung der Batterietechnologie zu verbessern. Das Flugzeug verfügt außerdem über ein Fly-by-Wire-Cockpit, das für für Zuverlässigkeit und Systemredundanz sorgt.
Dieser Artikel entstand ursprünglich am 4. August 2021. Die letzte Aktualisierung ist vom 1. Mai 2023.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.