Wie Deutschlands Weg aus multiplen Krisen aussehen könnte
Deutschlands Wirtschaft befindet sich in einer Dauerkrise. Die Energiekrise hat das Land schwer getroffen, die Reallöhne sind deutlich gesunken und die Bevölkerung ist verunsichert. Um aus dieser Situation herauszukommen, braucht Deutschland ein kräftiges und dauerhaftes Wirtschaftswachstum, das bei den Menschen ankommt und gleichzeitig die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft vorantreibt. Ein großvolumiges Investitionspaket in Kombination mit Maßnahmen zur Stärkung der Löhne könnte hier die Lösung sein – ein Fair New Deal für Deutschland.
Ein Fair New Deal für Deutschland
Die aktuelle wirtschaftliche Lage Deutschlands ist von multiplen Krisen geprägt: Energiekrise, hohe Inflation, Fachkräftemangel und Klimawandel. Diese Herausforderungen erfordern eine umfassende und zukunftsorientierte Antwort. Der Begriff „Fair New Deal“ lehnt sich an den „New Deal“ an, mit dem der US-Präsident Franklin D. Roosevelt in den 1930er Jahren die Weltwirtschaftskrise bekämpfte. Er steht für eine Politik, die wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit mit ökologischer Nachhaltigkeit verbindet.
Ein Fair New Deal für Deutschland könnte so aussehen:
- Investitionen in grüne Technologien und Infrastruktur: Ausbau erneuerbarer Energien, Förderung energieeffizienter Gebäude, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
- Faire Löhne und Arbeitsbedingungen: Anhebung des Mindestlohns, Stärkung der Tarifbindung, Förderung von Weiterbildung und Qualifizierung.
- Soziale Gerechtigkeit: Ausbau der sozialen Sicherungssysteme, Bekämpfung von Armut und Ungleichheit, Förderung von Bildungschancen.
„Ein Investitionsgetriebener Wirtschaftsboom kann Wohlstand und Klimaschutz vereinen, doch er wird nicht automatisch die soziale Gerechtigkeit stärken. Zwar ist eine starke Wirtschaft eine notwendige Bedingung für eine erfolgreiche Transformation, aber eben keine hinreichende. Um den Dreiklang aus Wohlstand, Klimaschutz und Gerechtigkeit zu erreichen, braucht es unter anderem ein weiteres Element – faire Löhne und Gehälter für alle der rund 42 Mio. abhängig Beschäftigten. Faire Löhne sind neben dem Gerechtigkeitsaspekt auch entscheidend für eine Stärkung der Binnennachfrage, die in Zeiten von geopolitischer Fragmentierung und Handelskriegen ein wichtiger Wachstumsmotor ist.“ – Isabella Weber und Tom Krebs
Die Rolle der Klimapolitik
Ein zentraler Bestandteil eines Fair New Deals ist die Klimapolitik. Deutschland hat sich ehrgeizige Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen gesetzt. Um diese Ziele zu erreichen, sind massive Investitionen in erneuerbare Energien und energieeffiziente Technologien erforderlich.
Lesen Sie auch: Wirtschaft fordert politischen Mut und Entschlossenheit
Gleichzeitig muss die Transformation der Wirtschaft sozial gerecht gestaltet werden, um Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen.
Die Rolle der Energiepolitik
Die Energiepolitik spielt eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung eines Fair New Deals. Deutschland muss unabhängig von fossilen Brennstoffen werden und seine Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen. Dies erfordert einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und den Ausbau der Stromnetze.
„Die Strompreisbremse soll eine Obergrenze (Preisdeckel) für den Bruttostrompreis inklusive Steuern, Abgaben und Netzentgelten setzen und perspektivisch bis 2035 gelten. Beispielsweise könnte die neue Bundesregierung neben einem Industriestrompreis für energieintensive Unternehmen den Strompreis für alle Unternehmen mit einem Jahresverbrauch über 30.000 kWh auf 15 ct/kWh deckeln. Zudem sollten private Haushalte und kleinere Gewerbeunternehmen mit einem Jahresverbrauch unter 30.000 kWh eine Strompreisgarantie von 30 ct/kWh erhalten.“ – Isabella Weber und Tom Krebs
Die Rolle der energieintensiven Industrie
Die energieintensive Industrie steht vor großen Herausforderungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sie ihre Produktionsprozesse auf erneuerbare Energien umstellen. Der Staat kann diese Transformation durch gezielte Fördermaßnahmen unterstützen.
„Eine Industriepolitik mit Plan ist Voraussetzung für eine erfolgreiche Wirtschaftswende in Deutschland, doch viele Ökonominnen und Ökonomen sehen strategische Industriepolitik kritisch. Aus Sicht der marktliberalen Theorie braucht es keine staatlichen Eingriffe (ob mit oder ohne Plan), weil der Markt es von allein regeln wird. Zwar hat die Politik die marktradikalen Ratschläge der Ökonomen-Mehrheit nicht konsequent verfolgt, aber die »gelebte« Industriepolitik war häufig planlos und widersprüchlich, weil das übergreifende ökonomische Konzept fehlte und vieles Stückwerk blieb. Dies muss sich ändern, wenn Deutschland nicht endgültig den Pfad der Deindustrialisierung gehen soll: Die Politik braucht einen industriepolitischen Plan, den sie konsequent verfolgt.“ – Isabella Weber und Tom Krebs
Ein Blick in die Zukunft
Ein Fair New Deal für Deutschland ist eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance. Wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen, können wir eine wirtschaftlich erfolgreiche, sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Zukunft gestalten.
Die aktuelle wirtschaftliche Lage Deutschlands ist komplex und erfordert eine umfassende Antwort. Ein Fair New Deal, wie er von Isabella Weber und Tom Krebs im „Surplus-Magazin“ beschrieben wird, könnte ein Ausweg aus der Dauerkrise sein. Es bleibt zu hoffen, dass die Politik die Zeichen der Zeit erkennt und die notwendigen Maßnahmen ergreift.
Hintergrund: Wer sind Prof. Weber und Prof. Krebs?
- Prof. Isabella Weber ist eine deutsche Wirtschaftswissenschaftlerin, die sich vor allem mit Fragen der Ungleichheit, der Finanzmärkte und der Wirtschaftspolitik beschäftigt. Sie ist Professorin für Wirtschaftswissenschaft an der University of Massachusetts Amherst und für die Hans-Böckler-Stiftung tätig.
- Prof. Tom Krebs ist ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler, der sich auf Makroökonomie und Konjunkturforschung spezialisiert hat. Er ist Professor an der Universität Mannheim.
Gemeinsam haben sie einen Artikel im Surplus-Magazin veröffentlicht, in dem sie einen solchen „Fair New Deal“ für Deutschland fordern und erläutern.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.