Fleischersatz: Lidl verkauft seit heute fleischlose Next Level Burger
Weniger Fleisch essen nützt dem Klima. Fleischersatz wie Lidl’s Next Level Burger oder Beyond Meat krempeln die Fleischindustrie um.
Wenn Grünen-Chef Robert Habeck davon spricht, die Massentierhaltung abschaffen und tierisches Fleisch teurer machen zu wollen, wird das oft als Verbotspolitik und „gegen die deutsche Kultur“ ausgelegt. Aber, stellt man sich der Realität, führt an alternativen Lebensmitteln aus dem Labor wie etwa Fleischersatz kein Weg vorbei. Und die Welle schwappt schneller nach Europa als wir alle glauben – mit Lidl bringt jetzt der erste Discounter eine Eigenmarke: Next Level Burger.
Viel Fleisch essen schadet dem Klima, weil die Tierhaltung wenig klimafreundlich und die gesamten Umstände der Fleischindustrie mit gigantischem Energie-, Wasser- und Flächenverbrauch kommen hinzu. Umso wichtiger, dass Alternativen auf den Markt kommen – denn weniger „echtes“ Fleisch essen bedeutet nicht, nicht zu essen, was so aussieht wie Fleisch, schmeckt wie Fleisch, die Konsistenz von Fleisch hat und obendrein gesünder ist.
Der Erfolg der Beyond Burger-Aktionen bei Aldi und Lidl in den vergangenen Monaten war so groß, dass mit Lidl nun einer der beiden Discounter sogar eine Eigenmarke namens Next Level Burger aufgelegt hat. Seit heute verkauft Lidl den Next Level Burger als vegane Burgerpatties, gemacht aus Gemüse, Erbsen-, Soja- und Weizeneiweiß sowie Rote-Beete-Saft. Das pflanzliche Eiweß sorgt für wichtige Proteine auf dem Teller.
Viel ist über die Hintergründe, wo genau Next Level Burger hergestellt wird nicht bekannt – Lidl spricht von Produktion in Deutschland und dadurch geringere CO2-Emissionen beim Transport im Vergleich zum importierten Beyond Meat-Produkt. Das gehypte Cleanfood-Startup hat mittlerweile auch angekündigt, demnächst in den Niederlanden produzieren zu wollen, um die europäische Nachfrage bedienen zu können.
Erste Geschmackstests etwa von V Change Makers zeigen, dass Lidl ein guter Schachzug gelungen sein könnte. Offenbar stimmen Qualität und Preis – und außerdem war der Discounter schneller als Erzfeind Aldi.
Fleischersatz-Revolution wird auch deutsche Landwirtschaft umkrempeln
Das, was in Form von Bratwürsten, Burgerpatties und in anderer Form auf den europäischen Markt zurollt, ist der Beginn einer disruptiven Veränderung in Agrarwirtschaft und Fleischbranche. Deutschland droht auch diesen Trend komplett zu verschlafen – und diskutiert unterdessen über Tröpchen-Landwirtschaft und darüber, wer Wasser zuerst verwenden darf: Mensch zum Trinken oder Landwirt zur Essensproduktion.
Angesichts der Schwierigkeiten, die die deutsche Landwirtschaft bekommen könnte, wenn sich Produkte wie Fleischersatz, vegane Milch und andere Dinge rasch durchsetzen, ist es zumindest gut, dass Lidl nicht weiter auf Importware setzt, sondern hierzulande produzieren lässt. Ob ein Startup dahinter steckt oder der Discounter im Eiltempo eine Kopie des Original-Produkts hinbekommen hat, ist derzeit noch offen.
Zurück zu Habeck: Die Massentierhaltung wird aufgrund von Cleanfood nicht morgen verschwinden, falls sie nicht verboten wird. Aber ein Verbot könnte dazu führen, dass sich eine Branche wandelt, die – böse ausgedrückt – womöglich nicht mehr zeitgemäß ist in Zeiten, in denen jede Tonne CO2 eingespart werden muss, die einsparbar ist.
Auch im Bereich Cleanfood gilt: Entweder gestaltet Deutschlands Landwirtschaft den Wandel selbst oder sie könnte in heftige Turbulenzen geraten. Denn ähnlich wie erneuerbare Energien: Der Trend zu alternativem Essen, das klimafreundlicher ist, ist nicht mehr aufzuhalten. Und Fleischersatz-Burger sind erst der Anfang.
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Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.