Fleischverzehr 2022: Deutsche essen weniger Fleisch, aber mehr pflanzenbasierte Alternativen
Pflanzenbasierte Fleischalternativen legen im deutschen Markt um 7 Prozent zu – pflanzliche Milch gewinnt 13 Prozent.
Der Trend beim Fleischverzehr 2022 in Deutschland ist eindeutig: Jeder Bundesbürger hat im vergangenen Jahr 4,2 Kilogramm weniger Fleisch konsumiert als im Jahr zuvor. Den größten Rückgang gab es bei Schweinefleisch. Trotz dieses Rückgangs konnten pflanzenbasierte Alternativprodukte zulegen: Bei Fleisch-Alternativen gab es einen Zuwachs um 7 Prozent. Doch deutlich mehr zulegen konnte eine andere, pflanzenbasierte Alternative.
Pflanzenbasierte Milchprodukte gewannen laut Good Food Institute um 13 Prozent hinzu. Insgesamt entwickelten sich die Verkaufszahlen pflanzlicher Optionen im Vergleich zu tierischen Pendants positiv – trotzdem sind die Marktanteile der pflanzenbasierten Alternativen weiterhin gering. Der deutsche Gesamtmarkt wuchs um 11 Prozent im Jahresvergleich 2021 zu 2022. Pflanzliche Proteine gelten als gewaltige Chance zur Reduzierung von Ressourcenverbrauch und Emissionen. Mehr zur Klimachance gibt es hier.
Der Rückgang des Fleischkonsums, den das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft heute bekanntgab, ist Teil eines langfristigen Trends. Trotz des Rückgangs um 4,2 Kilogramm verköstigte jeder Bundesbürger immer noch 52 Kilogramm Fleisch. Der Rückgang teilte sich auf die wichtigsten Fleischsorten auf:
- Schweinefleisch – 2,8 Kilogramm weniger
- 900 Gramm niedrigerer Rind- und Kalbsfleisch-Verzehr
- 400 Gramm betrug der Rückgang beim Geflügelfleisch
Interessant: Als möglichen Grund für den Rückgang beim Fleischverzehr 2022 nennt das BLE den Trend zu pflanzenbasierter Ernährung.
Plantbased-Sektor trotzt Inflation
Der sogenannte Plantbased-Sektor wiederum trotzte den Inflationstendenzen – denn trotz Inflation blieben die Durchschnittspreise stabil. Das Marktvolumen pflanzlicher Alternativprodukte liegt in Deutschland bei noch überschaubaren 1,91 Milliarden Euro. Dabei sind die Umsätze in fast allen Kategorien gestiegen, in manchen haben sie sich binnen eines Jahres sogar vervielfacht. Insgesamt ist der deutsche Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel seit 2020 um 42 Prozent gewachsen.
Konkret: Während tierisches Fleisch im Schnitt 15 Prozent teurer wurde, blieben die pflanzenbasierten Alternativen 2022 mit einem Prozent Zuwachs preisstabil.
Der Markt für Fisch und Meeresfrüchte auf pflanzlicher Basis fängt gerade erst an, sein Potenzial auszuschöpfen: 2022 sind die Umsätze in diesem Bereich um 52 Prozent gestiegen. Seit 2020 hat sich der Markt von 9 Millionen Euro auf 39 Millionen Euro mehr als vervierfacht. Dabei ist der durchschnittliche Preis pro verkauftem Produkt im Jahr 2022 entgegen dem allgemeinen Trend um 6 Prozent zurückgegangen.
Der Umsatz mit pflanzlicher Milch ist im vergangenen Jahr um 13% auf 552 Millionen Euro gestiegen. Seit 2020 ist der Markt um insgesamt 43% gewachsen. Gemessen in verkauften Produkten ist der Markt für pflanzliche Milch seit 2020 sogar um 48% gewachsen, während der Markt für Kuhmilch um 12% geschrumpft ist.
Auch der Bereich Pflanzenmilch konnte der Inflation trotzen: Der durchschnittliche Produktpreis ist um 1,5% zurückgegangen. Im gleichen Zeitraum ist der durchschnittliche Preis einer Packung Kuhmilch um 19% gestiegen.
Steigende Umsätze gab es auch bei anderen pflanzlichen Milchprodukten, so etwa bei pflanzlichem Käse (6% auf 79 Millionen), pflanzlicher Eiscreme (13% auf 93 Millionen Euro) und pflanzlichen Desserts (32% auf 26 Millionen Euro). Einzig im Bereich pflanzlicher Joghurt sind die Umsätze 2022 leicht zurückgegangen (-4% auf 153 Millionen Euro).
Fleischverzehr 2022 im Europa-Vergleich
Im europäischen Vergleich ist Deutschland der mit Abstand größte Markt für pflanzenbasierte Lebensmittel, gefolgt von Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich. In keinem anderen westeuropäischen Land sind die Umsätze 2022 stärker gestiegen als in Deutschland. Mit 11% Wachstum im vergangenen Jahr und 42% Wachstum seit 2020 liegt die Marktentwicklung hierzulande deutlich über dem europäischen Durchschnitt (6% seit 2021 und 22% seit 2020).
Trotz der enormen Zuwächse der vergangenen Jahre und trotz der stetig wachsenden Produktpalette in deutschen Supermärkten und Discountern machen die pflanzenbasierten Optionen bislang nur einen Bruchteil des gesamten Marktes aus. Im Bereich Milch beträgt der Marktanteil von pflanzenbasierten Optionen 13%, im Bereich Joghurt 5% und im Bereich Käse 1%. Insgesamt haben die Menschen in Deutschland 2022 pro Kopf 23,00 Euro für pflanzliche Alternativprodukte ausgegeben.
Damit pflanzenbasierte Produkte auf Augenhöhe mit ihren tierischen Pendants kommen, braucht es also noch weitere Verbesserungen bei den Produkten im Hinblick auf Geschmack, Textur und Kocheigenschaften sowie im Hinblick auf die Preise, so dass die nachhaltigen Optionen attraktiver für weite Teile der Bevölkerung werden.
Studie des Good Food Institute Europe
Das zeigt eine neue Studie zum Fleischverzehr 2022 des Good Food Institute Europe (GFI Europe). Hierfür hat der gemeinnützige Think Tank Daten von NielsenIQ zur Marktentwicklung im Einzelhandel in 13 europäischen Kernmärkten ausgewertet. Es handelt sich um die erste umfangreiche Bestandsaufnahme in diesem Bereich seit drei Jahren.
Martin Ulrich Jendrischik, Jahrgang 1977, beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren als Journalist und Kommunikationsberater mit sauberen Technologien. 2009 gründete er Cleanthinking.de – Sauber in die Zukunft. Im Zentrum steht die Frage, wie Cleantech dazu beitragen kann, das Klimaproblem zu lösen. Die oft als sozial-ökologische Wandelprozesse beschriebenen Veränderungen begleitet der Autor und Diplom-Kaufmann Jendrischik intensiv. Als „Clean Planet Advocat“ bringt sich der gebürtige Heidelberger nicht nur in sozialen Netzwerken wie Twitter / X oder Linkedin und Facebook über die Cleanthinking-Kanäle ein.